Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todescode

Todescode

Titel: Todescode
Autoren: Barry Eisler
Vom Netzwerk:
Käufern und Passanten zu vermischen. Das bisschen Himmel, das zu sehen war, zeigte ein tristes, sterbendes Grau. Der Regen hatte aufgehört, doch es war noch immer nasskalt, und Feuchtigkeit glänzte auf den abblätternden Fassaden von Souvenirläden und Teppichgeschäften und Imbissständen, die sich dicht an dicht unter durchhängenden Markisen und verrosteten Blechdächern aneinanderreihten. Ben hielt großzügig Abstand, blieb stehen, wenn die Iraner stehen blieben, ging weiter, wenn sie weitergingen, blieb ruhig, blieb geduldig, weil er wusste, dass sich irgendwas auftun würde.
    Die Geräusche ringsumher wurden plötzlich übertönt vom
Adhan
des Muezzin, der zum Abendgebet rief. Bens Arabisch war nicht so gut wie sein Farsi, aber er verstand die Worte:
    Gott ist groß.
    Ich bezeuge, dass es keine Gottheit gibt außer Gott.
    Ich bezeuge, dass Mohammed Gottes Gesandter ist.
    Eilt zum Gebet.
    Eilt zur Seligkeit.
    Gott ist groß.
    Es gibt keine Gottheit außer Gott.
    Die Iraner blieben an einem kleinen, unauffälligen Eckgebäude stehen, das nur an dem Minarett nah am Eingang als Moschee zu erkennen war. Die Wissenschaftler zogen die Schuhe aus und gingen hinein, begleitet von einem der Sicherheitstypen. Der andere wartete draußen. Ben lächelte. Ihr Glaube an Gott hörte anscheinend auf, wenn es um ihre Sicherheit ging. Er blieb auf Abstand und wartete.
    Fünfzehn Minuten später tauchten sie wieder auf und gingen weiter in nordwestlicher Richtung.
Kommt schon
, dachte Ben.
Der Gewürzbasar. Ihr wisst doch, dass ihr den sehen wollt.
    Sie folgten der Marpuccular Cadessi, der Straße, die den Basar auf der Südwestseite begrenzte, bogen dann in die Tahtakale Cadessi. Während sie sich weiter in nordwestlicher Richtung bewegten, blieben sie dann und wann vor einem der Läden stehen und sahen sich die Auslagen an, gingen aber nicht hinein. Die Bodyguards behielten ihre taktischen Positionen bei.
Na los
, dachte Ben.
Macht schon.
Trotz der Kälte spürte er, wie er schwitzte.
    Als er ihnen in die Uzunçars¸i Cadessi folgte, beschleunigte sich sein Atem. Es war jetzt ganz dunkel. Er hatte befürchtet, sie würden direkt zur Galatabrücke gehen, doch jetzt sah es gut aus. Offenbar wollten sie doch zum Gewürzbasar. Er zog die Schnüre am Rucksack fester und drückte den linken Arm gegen die wohltuende Ausbuchtung der Glock im Holster.
    Er blieb hinter ihnen, bis sie nach rechts in die Hasircilar Cadessi bogen, die Hauptstraße des Gewürzbasars. Wunderbar. Darauf hatte er gewartet.
    Er machte kehrt und rannte mitten auf der Straße die Tahtakale Cadessi hinunter, parallel zu der Strecke, auf der die Iraner jetzt waren, wich Autos und Lkws aus, mied die Bürgersteige, auf denen sich die Fußgänger drängten. Der Rucksack war sicher. Das Gewicht der Glock fühlte sich gut an.
    Er bog nach links in die Yeni Cami Cadessi, dann wieder nach links in die Çiçek Pazari Sokak, so dass er sich nun auf Kollisionskurs mit den Iranern befand. In dem dichten Menschengedränge musste er seine Schritte verlangsamen. Er kam an Ständen vorbei, auf denen sich bergeweise Gewürze häuften, deren Gelb- und Orange- und Rottöne unter den darüberhängenden Glühlampen knallig leuchteten. Auf Tischen türmten sich Süßigkeiten und honiggetränkte Backwaren und Früchte. Der Duft von Gewürzen und Kaffee und Tabakrauch vermischte sich und hing in der Luft. Händler brüllten Warnungen über den Lärm hinweg, während sie ihre Handkarren um Menschentrauben herummanövrierten.
    An der Ecke Tahmis und Hasircilar Cadessi sah er sie auf sich zukommen, etwa zwölf Meter entfernt. Das Herz pochte ihm jetzt laut in der Brust. Er überprüfte seine unmittelbare Umgebung, und nichts weckte sein Misstrauen.
    Er wich nach links, verharrte vor einem der Eckfenster des Kurukahveci Mehmet Efendi, eines des ältesten Kaffeehäuser der Stadt. Als Ben die Gegend ausgekundschaftet hatte, war er ein paarmal hier gewesen, und jedes Mal hatten an den beiden Eckfenstern mindestens zehn Leute angestanden, um von den hausgerösteten Bohnen einen ordentlichen Vorrat zu kaufen. Es war damit zu rechnen, dass auch die Iraner hier haltmachten. Doch selbst wenn sie weitergingen, würde er sie durch die Fenster des Ladens sehen können.
    Er ging ein Stück zurück, tat so, als würde er sich das farbenfrohe Kochgeschirr in dem Stand gleich neben dem Kaffeehaus ansehen. Er zog sich die Mütze tiefer ins Gesicht und öffnete den Reißverschluss seiner Jacke. Sein Herz
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher