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Todescode

Todescode

Titel: Todescode
Autoren: Barry Eisler
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einmal. Dann hob er das Telefon wieder ans Ohr.
    »Ich sehe da eigentlich kein Problem«, sagte er. »Sie wollen Obsidian, und ich will Ben und Sarah.«
    »Stimmt haargenau«, sagte die Stimme. »Kein Grund, die Sache zu verkomplizieren. Sie ist ohnehin schon kompliziert genug.«
    Siehst du? Bloß eine ganz normale Verhandlung. Du schaffst das.
    Alex holte noch einmal tief Luft und atmete langsam aus. »Was schlagen Sie vor?«
    »Auf der Bryant Street in Palo Alto, zwischen University und Lytton Avenue, ist ein Parkhaus. Wir treffen uns in einer Stunde auf der vierten Etage.«
    »Lassen Sie mich mit Ben sprechen.«
    »Tut mir leid, mein Junge, das Risiko kann ich nicht eingehen. Ihr zwei könntet euch schließlich gegenseitig Nachrichten übermitteln.«
    Ein guter Verhandler verwechselt niemals Mittel und Ziele. In diesem Fall war das Ziel, sich zu vergewissern, dass Ben wohlauf war. Mit ihm zu reden war nur eine Möglichkeit.
    »Fragen Sie ihn, wie unser Hund damals hieß«, sagte Alex.
    »Wie bitte?«
    »Ich will mich vergewissern, dass es ihm gutgeht. Wenn Sie mich schon nicht direkt mit ihm sprechen lassen wollen, werden Sie doch sicher nichts dagegen haben, wenn wir es so machen, oder?«
    Eine Pause entstand. Die Stimme sagte: »Nein, ich habe nichts dagegen.« Wieder eine Pause, dann: »Arlo.«
    »Schön, okay. Und jetzt …« Er stockte. Er wusste absolut nichts Persönliches über Sarah, wonach er hätte fragen können. Ihm schoss die groteske Frage durch den Kopf:
Was haben Sie mit Bens Hemd angestellt
? Doch Gott sei Dank fiel ihm etwas Besseres ein.
    »Fragen Sie Sarah, von welcher Marke die Sportsachen sind, die sie im Fitnessstudio trägt«, sagte er.
    Wieder trat eine Pause ein, diesmal länger. Alex meinte, irgendwas im Hintergrund zu hören … ein würgendes Geräusch? Er war sich nicht sicher.
    Die Stimme sagte: »Under Armour.«
    Gut. Beide waren am Leben.
    »Ich treffe mich mit Ihnen«, sagte Alex. »Aber eins müssen Sie wissen.« Er tischte der Stimme denselben Bluff auf wie Osborne. Obsidian sei verschlüsselt und würde automatisch zu einem einprogrammierten Zeitpunkt an ein Dutzend Newsgroups verschickt. Sollte einem von ihnen was passieren, wäre Obsidian und alles andere allgemein zugänglich.
    »Sie sind vorsichtig«, sagte die Stimme. »Das verstehe ich. Das respektiere ich. Bringen Sie mir einfach, was ich haben will, und ich verspreche Ihnen, es wird keinem ein Haar gekrümmt.«
    Die Verbindung wurde beendet.
    Alex verschränkte die Arme und wiegte sich wieder vor und zurück, kämpfte gegen die Panik an.
    Denk nach. Denk nach. Denk nach.
    Aber ihm wollte einfach nichts einfallen. Wenn sie bloß noch eine Kopie vom Quellcode hätten, könnten sie ihn einfach veröffentlichen.
    Moment. Es musste noch eine weitere Kopie geben. Hilzoy hätte dem Patentamt nicht den Quellcode mit den verborgenen Funktionen gegeben. Von dem ausführbaren Programm existierten faktisch zwei Versionen, was hieß, dass auch von dem Basisquellcode zwei Versionen existieren mussten. Hilzoy hatte das ausführbare Programm stets gesichert; er musste auch die zweite Version des Quellcodes irgendwo gesichert haben.
    Aber wo? In Hilzoys Notizen befand sich nichts mehr, oder falls doch, würde Alex es nie und nimmer rechtzeitig finden. Und auf der DVD war auch nichts mehr. Alex hatte sie mehrmals durchsucht, und das Einzige, was nicht zur Sache gehörte, war die MP 3-Datei gewesen. Wie hieß der Song noch gleich? Sarah hatte ihn gekannt. »Dirge« – Totenklage, genau. Menschenskind, einen passenderen Titel hätte Hilzoy sich nicht aussuchen können.
    Aber in dem Song war nichts zu finden gewesen. Er hatte ihn sich genau angesehen. Es war einfach –
    Und dann kam ihm eine Idee. Es war eine sehr, sehr weit hergeholte Vermutung. Aber etwas anderes hatte er nicht, und in seiner nahezu panischen und verzweifelten Situation klammerte er sich mit glühender Inbrunst daran.
    Er sah auf die Uhr. Er hatte noch Zeit. Er könnte es schaffen. Er brauchte bloß eine Internet-Verbindung.
    Und einen Riesenhaufen Glück.

34 Totmannschaltung
    Ben hörte mit wachsender Frustration und Wut zu, was Hort vorne auf dem Beifahrersitz des Vans am Telefon sagte. Alex hatte keine Ahnung, was er da tat. Er steuerte auf Hort zu wie eine Fliege auf eine Venusfliegenfalle.
    Sie fuhren in einem Siebensitzer. Sarah und Ben saßen mit auf dem Rücken gefesselten Händen in der Mitte, Sarah hinter dem asiatischen Fahrer, Ben hinter Hort. Die beiden
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