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Todesbote

Titel: Todesbote
Autoren: Patterson James
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junge Frau entführt hatte.
    Damals war ich ein Expolizist, der zum Krimiautor umgesattelt hatte, doch nachdem mein letztes Buch schon kurz nach der Auslieferung auf den Wühltischen gelandet war, tat ich als Autor auf der Ersatzbank das Einzige, was mir noch blieb, wenn ich keine Schundliteratur schreiben wollte.
    Ich berichtete für die L. A. Times über Verbrechen, wo, mal anders betrachtet, auch die Anfänge des Autors Michael Connelly für Ruhm und Ehre lagen.
    Ich saß am Freitagabend, vierundzwanzig Stunden nach Kims Entführung, an meinem Schreibtisch. Ich ließ mich gerade in einem der üblichen Artikel über tödliche Unfälle mit Fahrerflucht aus, als mein Redakteur, Daniel Aronstein, sich um meine Trennwand schob, »fang« rief und mir ein Ticket nach Maui zuwarf.
    Ich war fast vierzig, abgestumpft von den vielen Tatorten, die ich gesehen hatte, und redete mir ein, dass ich genau an der richtigen Stelle saß, um eine Idee für ein Buch zu bekommen, die meinem Leben ein weiteres Mal eine Wende geben würde. Es war eine Lüge, an die ich glaubte, weil sie meine schwindende Hoffnung auf eine bessere Zukunft nährte.

    Komisch ist nur, als sich mir die große Idee förmlich aufdrängte, bemerkte ich sie nicht.
    Aronsteins Ticket nach Hawaii versprach mir die dringend benötigte Abwechslung. Ich stellte mir einen Fünf-Sterne-Schuppen, Strandbars und halbnackte Mädchen vor, um deren Gunst ich buhlen würde. Und all das auf Kosten der L . A. Times.
    Ich schnappte mir das Ticket und flog los zur größten Geschichte meiner Karriere.
    Kim McDaniels’ Entführung hatte einen Flächenbrand von noch unbestimmter Dauer ausgelöst. Alle Nachrichtensender unseres Planeten berichteten bereits über diese brandheiße Geschichte, als ich mich zu der schnatternden Schar der Reporter an der Polizeiabsperrung vor dem Wailea Princess Hotel gesellte.
    Zunächst dachte ich, was alle Journalisten dachten – dass Kim, nachdem sie sich betrunken hatte, von ein paar bösen Jungs abgeschleppt, vergewaltigt, zum Schweigen gebracht und beseitigt worden war. Und auch ich dachte, dass die »vermisste Schönheit« eine Woche oder einen Monat lang die Schlagzeilen beherrschen würde, bis eine bigotte Berühmtheit oder das Ministerium für Heimatschutz die Titelblätter zurückerobern würden.
    Doch ich musste mir meine Selbsttäuschung bewahren und meine Ausgaben rechtfertigen, weswegen ich nur zu gern bereit war, über eine gehässige, unwiderstehliche Räuberposse zu berichten.
    Indem ich dies tat, und nicht, weil ich es darauf anlegte, wurde ich Teil der Geschichte, ausgewählt von einem schwerwiegend geistesgestörten Mörder, der sich seinerseits an seine Selbsttäuschung klammerte.
    Das Buch, das Sie in Händen halten, ist die wahre Geschichte
eines versierten, schwer fassbaren Ungeheuers der allerersten Güte, wie man vielleicht sagen könnte. Er nannte sich Henri Benoit. Wie hatte er sich mir gegenüber ausgedrückt? »Jack the Ripper wäre es nicht im Traum eingefallen, so zu töten, wie ich es getan habe.«
    Seit Monaten halte ich mich an einem abgelegenen Ort auf, um »Henris« Geschichte niederzuschreiben. Wegen der vielen Stromausfälle, die es hier gibt, habe ich mich an eine normale Schreibmaschine gewöhnt.
    Wie sich zeigte, brauchte ich das Internet nicht, weil das, was meine Bänder, Aufzeichnungen und Zeitungsausschnitte nicht enthalten, fest in meinem Gehirn eingebrannt ist.
    In »Todesbote« geht es um einen beispiellosen Mörder, der den Einsatz in bisher ungekannte Höhen trieb; es geht um einen Mörder, wie es ihn zuvor noch nie gegeben hatte und den es auch nicht so schnell wieder geben wird.
    Beim Schreiben allerdings muss ich mir eine gewisse literarische Freiheit gönnen, da ich nicht weiß, was Henri oder seine Opfer dachten.
    Aber dies ist kein Grund zur Sorge, überhaupt nicht. Die Tatsachen nämlich hat mir Henri mit eigenen Worten erzählt.
    Und die Tatsachen entsprechen der Wahrheit.
    Und wenn Sie die Wahrheit lesen, werden Sie mehr als schockiert sein. Mir erging es nicht anders.
    Â 
    Benjamin L. Hawkins
    Â 
    Mai 2009

Erster Teil
    Ein fotogenes Mädchen

2
    Barfuß und in einem blauweiß gestreiften Minikleid erwachte Kim McDaniels durch einen Schlag gegen ihre Hüfte, der einen blauen Fleck hinterlassen würde. Fragen
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