Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesblueten

Todesblueten

Titel: Todesblueten
Autoren: Ulrike Rylance
Vom Netzwerk:
mehr.«
    »Ein Boot, das nicht fährt? Willst du mich verarschen?«
    »Sie hat's dir doch vorhin schon gesagt, du hast ihr nur nicht zugehört«, verteidigte mich Melanie. »Das ist nur so . . . wie ein . . . nun sag schon, Clara.«
    »Es ist wie ein schwimmendes Häuschen«, zitierte ich Tante Lena. »So eine Art Ferienhaus, aber auf dem See. Hat mein Onkel vor ein paar Jahren billig gekauft.«
    »Billig?« Alex verdrehte die Augen. »Wird 'ne schöne Bruchbude sein, wenn das Ding nicht mal mehr fahren kann.«
    Ich hatte keine Ahnung, wie Tante Lenas Hausboot innen drin aussah, aber langsam ging mir Alex auf die Nerven. Was glaubte der denn, wo wir hier waren? Auf einer Kreuzfahrt im Mittelmeer? Was fand Melanie eigentlich an diesem Affen?
    »Das wird schon cool, wart's doch erst mal ab«, besänftigte sie ihn. Er schwieg und schlug sich nur ärgerlich auf den Arm. Offenbar fanden die Mücken hier ihn nicht halb so ekelhaft wie ich. Ich schielte kurz auf mein Handy. Noch kein Lebenszeichen von Tobi.
    Melanie und ich setzten uns ein Stück weit von Alex weg und ließen die Beine ins Wasser hängen. Grünliche Schlingpflanzen waberten unter derOberfläche herum. Es sah wenig einladend aus. So dunkel und trübe. Es war garantiert nicht sehr tief, aber man konnte keinen halben Meter weit hinunterblicken.
    »Was da wohl alles drin ist?«, fragte ich.
    »Wassermänner und Elfen!« Melanie grinste.
    »Und der Schlangenkönig sitzt da drüben!« Ich sah zu Alex. Er zündete sich gerade eine Zigarette an. Missmutig blies er den Rauch in Richtung einer Ente, die an ihm vorbeischwamm.
    »Lass ihn, der ist halt so ein kleiner Brummbär.« Melanie lächelte schief. »Der meint das nicht so.«
    Brummbär! »Was arbeitet Alex denn eigentlich jetzt?«, fragte ich. Alex war älter als wir, Melanie hatte ihn in ihrem Fitnessstudio kennengelernt.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Das weiß er noch nicht so richtig. Er sucht noch.«
    »Apropos suchen. Wo bleibt eigentlich David?«
    »Da kommt er!«
    David winkte uns von Weitem zu.
Schnell, schnell
, sollte das wohl heißen. »Da hinten fährt das Ding ab«, rief er. »Der nächste erst wieder in zwei Stunden!« Wir sprangen auf und stürmten hinter ihm her zu einem Kahn, ähnlich wie dem eben, nur ohne Tische. Zwei alte Frauen mit Körben saßen darin und ein Zeitung lesender Mann.
    »Zum Lausensee wollt ihr?«, fragte der Fahrer. Statt einer Kapitänsmütze hatte dieser hier ein blaues Tuch um den Hals geschlungen, offenbar um einenHauch von Venedig in den Spreewald zu bringen. »Da kann ich aber nicht direkt hin. Müsst ihr noch ein Stück laufen.«
    »Kein Problem.« Ich ließ mich auf die Holzbank fallen.
    Melanie stellte sich absichtlich ungeschickt beim Einsteigen an, damit sie sich an Alex festklammern konnte. Er kniff ihr in den Po, woraufhin sie noch mehr strauchelte.
    »Nun macht mal«, schimpfte David. Er sah sich rasch um, bevor er einstieg. Suchte er die komische Blonde? Oder wollte er sichergehen, dass er sie
nicht
sah?
    »Wo wollt ihr denn da am See hin?«, fragte uns der Fahrer, als wir eine Weile später durch das Wasser glitten.
    Alex öffnete seinen Mund. »Auf ein Hausboot«, sagte ich schnell.
    »Das nicht mehr fährt«, bemerkte Alex.
    Der Mann nickte. »Kenn ich, die Urlaubsboote. Die haben sie damals noch über die Straße zum See geschafft. Jetzt kommt man da nur noch mit dem Kahn hin.«
    »Echt?«, fragte David.
    Der Mann nickte. »Alles nur per Kahn hier, auch die Müllabfuhr und die Post. Motorboote fahren nur im unteren Spreewald, hier darf das nur die Polizei. Es ist nämlich nicht tief genug.«
    Wir kamen an eine Kreuzung. Mehrere Wasserwegegingen von hier ab, zum Teil mit Schildern, zum Teil ohne.
    »Kannst mich da vorn rauslassen, Rudi«, sagte der Mann mit der Zeitung. Der Kahnführer stieß seinen langen Stab in den Kanal und bog nach links ab. Zwischen knorrigen Bäumen und hinter einer Blumenhecke stand ein kleines Bauernhaus. Der Zeitungsmann sprang geschickt aus dem Boot, tippte an seine Mütze und verschwand durch das Gartentor. Wir fuhren weiter. Gemächlich und langsam, begleitet von einer ganzen Armee Libellen, die um den Kahn herumsurrten.
    »Stechen die?«, fragte Melanie und rückte noch näher an Alex heran.
    »Sollen sie nur versuchen, die Viecher«, sagte der.
    David grinste. »Wieso, willst du die dann alle plattmachen?«
    Alex murmelte irgendwas.
    »Die stechen nicht«, erklärte der Fahrer. »Das machen nur die Mücken.«
    »Ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher