Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesblueten

Todesblueten

Titel: Todesblueten
Autoren: Ulrike Rylance
Vom Netzwerk:
lang sagte niemand etwas. Inzwischen war noch ein weiteres Motorboot der Polizei erschienen und eine kleine Gruppe neugieriger Paddler lungerte am anderen Ende des Sees herum. Die Einzige, die sich nicht blicken ließ, war die Freundin von Mr Polohemd. Wohl aus gutem Grund.
    Etwas nagte noch in mir. »Wieso bist du eigentlich zu Leons Boot gekommen?«, fragte ich Bastian. »Und warum hast du uns dauernd beobachtet? Und warumhast du kein Handy? Ich dachte gar nicht, dass es so was noch gibt.«
    Er wurde ein bisschen rot. »Ich fand euch ganz nett, wollte mal mit euch quatschen. Und nachdem du mich so angeschrien hattest, wollte ich noch mal ganz normal zu euch . . . zu dir kommen. Ohne dich zu erschrecken. Und da habe ich dich plötzlich voller Angst rufen gehört. Und bis vor Kurzem hatte ich auch ein Handy«, sagte er leise.
    »Verloren?«
    Er sah mich nicht an. »Ich hab's weggeschmissen.«
    »Wie bitte?«
    »Ich weiß. Total bescheuert. Aber ich war so wütend, als meine Freundin mir gesagt hat, dass Schluss ist, es war wie ein Reflex. Sie wollte doch eigentlich mit mir zelten fahren und dann war auf einmal alles vorbei.«
    Ach, so war das. »Wohin hast du es denn geschmissen?«, fragte ich.
    »In den See«, sagte er unglücklich.
    Ich weiß nicht warum, er sah zwar ziemlich bedeppert aus, aber irgendwie machte mich die Nachricht trotzdem glücklich. Das hieß ja im Klartext, dass er im Moment keine Freundin hatte.
    »Ich habe noch Izzys Tasche«, sagte David plötzlich.
    Die Tasche mit den Monstern! »Du hast sie also doch aus dem Wasser geholt?«, fragte ich. »Wo hast du sie versteckt?«
    Er senkte verlegen den Kopf. »Unter Alex' Bett. Ich dachte, vielleicht finde ich da irgendeinen Hinweis, wer sie wirklich war. Dann hätte ich ihren Eltern Bescheid sagen können.« Er schluckte. »War aber nichts drin. Nur Schminke und so ein Krempel, alles aufgeweicht. Vielleicht schwimmt ja der Rest auf dem Grund des Sees.«
    »Du musst trotzdem der Polizei die Tasche geben«, sagte ich. »Und ihnen das alles erzählen. Das bist du ihr schuldig.«
    David nickte ergeben. Er würde wohl nicht umhinkommen, demnächst mit seinen Eltern kommunizieren zu müssen, sosehr es ihn auch nervte. Und wenn es nur zu dem Zweck war, dass ihn sein Vater gleich wieder rausschmiss. Er tat mir leid. Ein bisschen verstand ich jetzt sogar, warum er sich so an Alex gehängt hatte. Dieser existierte ja völlig problemfrei. Zumindest bis jetzt. Als Melanie auf uns zukam, erhob er sich schnell, wahrscheinlich, um ihr seinen Platz auf dem Holzsteg anzubieten. Sie sah ihn nicht einmal an, sondern setzte sich neben mich.
    »Hat einer 'ne Zigarette?«, fragte sie.
    David gab ihr eine und hielt ihr sein Feuerzeug hin. »Wieso bist du eigentlich bei dem gelandet?«, fragte er.
    Melanie blies Rauch aus. »Ich war schon vorn bei der blöden Haltestelle, da habe ich erst mal geschnallt, dass die nächsten Stunden kein Bus fährt.Plötzlich war er da mit seinem Paddelboot. Hat mich wieder mit zurückgenommen. Den Rucksack kannst du im Gebüsch stehen lassen, hat er gesagt, den musst du nicht mitschleppen. Später erst ist mir klar geworden, warum. Er hätte ihn ja sonst auch nur entsorgen müssen. Und ich war einfach heilfroh, dass er da war, ich dumme Kuh. Am Tag vorher hat er mir noch gesagt, dass ich nicht sein Typ bin, deshalb wollte ich ja weg. Ich sei ihm zu . . . zu . . .« Sie schloss die Augen, presste Zeigefinger und Daumen fest darauf und machte sie wieder auf. Sie sah mich an. »Es tut mir so leid, Clara.«
    »Quatsch«, sagte ich erschrocken, »dir muss gar nichts leidtun.«
    »Doch, doch, du verstehst mich nicht. Wir haben noch gelacht, er und ich. Als du mich gesucht hast, ganz am Anfang. Guck mal, deine Freundin flattert rum wie ein aufgeregtes Huhn, hat er zu mir gesagt. Wir konnten dich ja durch das Fenster sehen. Ich habe noch mit dem Arschloch Kaffee getrunken. Und plötzlich, plötzlich, als ich gesagt habe, dass ich jetzt doch lieber wieder zu dir will, da hat er, da hat er . . .« Sie brach in Tränen aus.
    »Scht«, machte ich und zog sie an mich ran. »Ist gut. Ist vorbei. Er hat mich genauso manipulieren wollen, als du mich gesucht hast, weißt du noch? Als ich in seinem Hausboot gewartet habe. Hör auf, daran zu denken.« Natürlich würde Melanie noch daran denken, und ob sie jemals wieder richtig schlafenkonnte, stand wohl auch in den Sternen, aber was sollte ich sonst sagen?
    Mein Handy klingelte plötzlich. Im ersten Moment
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher