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Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Titel: Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi
Autoren: emons Verlag
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tot,
     die Augen weit aufgerissen, die Züge eine Maske puren Entsetzens. Das
     Fadenkreuz ist genau auf den Hals ausgerichtet, wo noch immer Blut austritt und
     dann von der Kleidung aufgesogen wird.
    Ein
     Mann kommt herbei. Er trägt die Gewandung eines mittelalterlichen Händlers. Das
     Trinkhorn entfällt ihm vor Schreck. Met spritzt heraus. Er ruft laut und
     versucht dabei, den Sound der Mittelalter-Rockband mit der nervtötenden Leier
     zu übertönen. Seine Stimme klingt heiser. Es dauert nicht lange, und andere
     kommen herbei. Ein kleiner Menschenauflauf bildet sich.
    »Notarzt!«, ruft jemand.
    Nein, für den ist es zu spät.
    Viel zu spät.
    Das Entsetzen breitet sich aus wie eine ansteckende Krankheit. Nur eine einzige
     Seele empfindet jetzt so etwas wie Zufriedenheit. Nein, eher Genugtuung. Und
     auch das nur für einen sehr kurzen, raren Moment, der rasch verfliegt. Ein paar
     Herzschläge – länger dauert es nicht.
    Schließlich senkt sich der Blick durch das Zielfernrohr, obwohl es kaum möglich ist, sich
     aus dem Bann der Ereignisse zu befreien.
    Eine Hand greift in die weiten Taschen des Gewandes und fühlt nach den Büscheln mit
     Haaren, die sich darin befinden. Dichtes, dickes Haar ist es. Erinnert schon
     fast mehr an die Mähne eines Pferdes als an das Haar einer Frau. Es fühlt sich
     auf jeden Fall gut an.
    Ein Gedanke drängt sich auf.
    Jetzt gehört es mir!
    ***
    »Danke, dass Sie so freundlich sind, mich mitzunehmen«, sagte Anna van der Pütten. Sie
     war einunddreißig, Kriminalpsychologin, hatte dunkelbraunes schulterlanges
     Haar, das sie mit ein paar Nadeln zu einer Frisur aufgesteckt hatte, die ihr im
     Moment reichlich ramponiert vorkam. Es hatte alles etwas schnell gehen müssen,
     und zu allem Überfluss war ihr Wagen gerade heute in der Werkstatt. Aber auf so
     etwas nahmen Mörder leider keine Rücksicht. Und Serienkiller schienen in dieser
     Hinsicht besonders rücksichtslos zu sein. Ein halbes Jahr Pause ohne Mord, und
     dann zielsicher einen Tag heraussuchen, an dem es einem schlecht passte. Fast
     konnte man dahinter böse Absicht vermuten. Oder doch eher eine Projektion
     meinerseits, überlegte Anna, die gerade damit beschäftigt war, den Inhalt ihrer
     Handtasche zu ordnen. Nicht dass es nötig gewesen wäre, dort für Ordnung zu
     sorgen. Vielmehr war das eine Art Ritual für sie, das der Konzentration diente.
     Geordnete Tasche, geordneter Geist. Ein kleiner Trick, um umzuswitchen und
     kurzfristig alles vergessen zu können, was bis vor ein paar Minuten noch
     wichtig erschienen war und jetzt nichts als geistigen Ballast darstellte, den
     man so schnell wie möglich loswerden musste, um sich für die nächste
     Anforderung zu sammeln. In Anna van der Püttens Beruf war dies ein immer
     wiederkehrendes Problem. Man hatte sich in einem Gespräch mit einem Patienten
     sehr stark auf dessen jeweilige Problematik eingelassen, war tief in die
     traumatisierenden Erlebnisse eines Menschen eingestiegen, der überfallen worden
     war, und musste sich dann blitzschnell auf einen potenziellen Selbstmörder
     einstellen, der mutwillig als Geisterfahrer auf der A 1 unterwegs gewesen war,
     um dabei den Tod zu finden, und bei dem festgestellt werden sollte, inwiefern
     die Gefahr von Selbst- oder Fremdgefährdung noch anhielt.
    Am
     Steuer des Volvo saß Kriminalhauptkommissar Sven Haller von der Kripo Münster.
     Eine gute Viertelstunde war es her, dass das Telefon in seinem Büro im
     Polizeipräsidium am Friesenring geklingelt und er die Nachricht erhalten hatte,
     dass es ein neues Opfer des sogenannten Barbiers gab.
    Ein
     halbes Jahr war Ruhe gewesen. Und jetzt hatte jener geheimnisvolle Serienmörder
     wieder zugeschlagen, der bereits zuvor vier Frauen ermordet hatte. Barbier
     nannte ihn die Boulevardpresse, weil er die Angewohnheit hatte, seinen Opfern
     post mortem die Haare abzurasieren, von denen sich dann an den Tatorten auch
     stets so gut wie keine mehr befunden hatten.
    Frauenhaar
     schien für den Mörder so etwas wie eine Trophäe zu sein. Ansonsten glich kein
     Verbrechen dem anderen, und die ermittelnden Behörden tappten noch immer
     vollkommen im Dunkeln.
    Sieben
     Jahre war der erste Fall schon her. Am Anfang hatte sich das LKA eingeschaltet, und eine große Sonderkommission war
     gebildet worden, die für eine Weile fast die gesamten personellen Kapazitäten
     der Kripo Münster gebunden hatte. Aber das Interesse von Medien und
     Öffentlichkeit war
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