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Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Titel: Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi
Autoren: emons Verlag
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flüchtig – und nachdem die Ermittlungen irgendwann mehr oder
     minder stecken geblieben waren, landete der Fall schließlich bei den
     unaufgeklärten Verbrechen. Viele davon gab es nicht. Zumindest bei den Morden,
     die überhaupt als solche bekannt wurden, konnte man mit einer fast
     vollständigen Aufklärungsrate rechnen.
    Der
     Barbier war eben eine der wenigen Ausnahmen. Er hatte in den darauffolgenden
     Jahren wieder und wieder zugeschlagen. Immer waren die Opfer junge Frauen, und
     immer sicherte er sich ihr Haar als Trophäe. Welche abartige Begründung
     letztlich der Grund für sein Vorgehen war, blieb bis jetzt ein Rätsel. Die
     Kollegen des LKA hatten ein sogenanntes Profiling
     vorgenommen und versucht, die Taten anhand einer exakten Analyse des Tatortes
     einem bestimmten Tätertypus zuzuschreiben, den man vielleicht näher eingrenzen
     konnte.
    Aber
     irgendwie schien sich der Barbier all diesen Kategorisierungen zu entziehen.
     Die Methode war jedes Mal unterschiedlich, und inzwischen hatte Sven Haller die
     von den Kollegen angefertigten Gutachten innerlich bereits in den Papierkorb
     geworfen. In diesem Fall passte einfach nichts zusammen. Jede Spur schien nur
     weiter in die Irre zu führen. Das einzig Verbindende war das Abschneiden der
     Haare. Aber das konnte aus sehr unterschiedlichen Motiven geschehen sein –
     angefangen von sexuellem Fetischismus bis hin zu Bestrafung und Rache.
    Und doch
     dachten weder Sven Haller noch Anna van der Pütten daran aufzugeben.
    Anna van
     der Pütten war erst beim letzten Fall vor einem halben Jahr hinzugezogen worden.
     Sie hatte sich in die Materie eingearbeitet, und anfangs hatte Haller die
     Hoffnung gehabt, durch ihre Unterstützung die Ermittlungsfäden noch mal
     aufnehmen zu können.
    Aber
     diese Hoffnung hatte sich leider nicht erfüllt.
    In den
     letzten sieben Jahren war kein Tag vergangen, an dem dieser Fall Sven Haller
     nicht wenigstens für kurze Momente durch den Kopf gegangen war. Der Gedanke,
     dass ein Mörder nicht nur nach wie vor frei herumlief, sondern mit hoher
     Wahrscheinlichkeit nach weiteren Opfern suchen und irgendwann wieder zuschlagen
     würde, hatte Haller nicht losgelassen.
    Nun war
     genau das eingetreten.
    »Ist es
     wirklich sicher, dass es der Barbier war?«, fragte Anna van der Pütten in die
     bedrückende Stille hinein. Haller war gerade auf die Westbeverne Straße gefahren.
     Von nun an musste man nur noch den Schildern mit der Aufschrift »Telgte«
     folgen, um auch tatsächlich nach Telgte zu kommen. Sie fuhren gerade an einem
     Plakat vorbei, das auf den berühmten Mittelalter-Markt hinwies, der zweimal im
     Jahr in der Kleinstadt vor den Toren Münsters stattfand.
    Genau
     dieses Ereignis hatte der Täter sich offenbar für sein Comeback als
     Serienkiller ausgesucht.
    »Nach
     dem, was die Kollegen durchgegeben haben, treffen alle Merkmale zu. Auch
     Details, die nicht in der Presse waren. Es muss derselbe Verrückte sein.«
    »Ich
     weiß, dass das kein Trost ist, Herr Haller, aber vielleicht kommen wir ihm
     durch diesen Mord ein Stück näher.«
    »Nein,
     das ist tatsächlich kein Trost«, murmelte Haller düster.
    »Versuchen
     Sie, sich nicht emotional in die Sache zu involvieren«, sagte Anna van der
     Pütten. »Betrachten Sie die Tatsache, dass dieser Mörder wieder zugeschlagen
     hat und noch immer keine Handschellen trägt, nicht als persönliche Niederlage.«
    »Tut mir
     leid, das tue ich aber«, erwiderte Haller etwas ungehalten. »Ich kann da nicht
     einfach nur meinen Job machen. Das geht nicht.«
    »Vielleicht
     wäre das aber das Beste.«
    »Was?«
    »Wenn Sie
     einfach Ihren Job machen. Und nicht mehr.«
    »Ich wäre
     Ihnen dankbar, wenn Sie diesen unbekannten Irren analysieren würden – und nicht
     mich, Frau van der Pütten.« Hallers Worte klangen etwas ärgerlich.
    Die
     größten Fehler wurden bei Ermittlungen meistens am Anfang gemacht, wusste Anna.
     Ganz besonders galt das, wenn gleich zu Beginn der Verdacht bestand, dass ein
     Verbrechen mit anderen Taten in Zusammenhang stand, die bisher nicht aufgeklärt
     werden konnten. Taten, zu denen der Ermittler aber gefühlsmäßig längst Stellung
     bezogen hatte, was vor allem nach den Vernehmungen von Hinterbliebenen wohl
     auch gar nicht zu vermeiden war. Frühzeitige Festlegungen aufgrund von zu
     großer persönlicher Anteilnahme, individuellen Vorurteilen oder zu großer
     Empathie mit dem Opfer oder seinen Angehörigen machten
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