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Tod im Frühling

Tod im Frühling

Titel: Tod im Frühling
Autoren: Magdalen Nabb
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fuhren auf dem gefurchten Sträßchen weiter. Sie schlingerten durch tiefe, aufspritzende Pfützen, während sich der Brigadiere die ganze Zeit über hörbar Sorgen m achte, weil ›die Dinge nicht so sind, wie sie sein sollten‹. Diese Be m erkung bezog sich nicht, wie die Mitfahrenden vielleicht anneh m en mochten, auf den Zustand der Straße und auch n i cht darauf, daß er nicht an das späte Ostern gedacht hatte, sondern sie bezog sich auf die Frage, wo die andern beiden zu Mittag essen würden. Er hoffte inständig, daß sie nach Florenz zurückkehr t en und hatte schon verschiedene Andeutungen ge m acht in d er Hoffnung, ihnen die gewünschte Infor m ation zu entlocken. Doch der Capitano konzen t rierte sich ausschließlich auf seine un m ittelbare Aufgabe, a l s wäre alles andere unwichtig, und der Staatsanwalt, der m it seinen Gedanken offenbar woanders war, lächelte nur und nickte zerstreut .
    Vor dem Hof von De m ontis schoß e i n kleiner Hund aus einem u m gekippten Faß hervor und kam heran, um sich vom Brigadiere streicheln zu lassen. Eine kleine, rundliche Frau in einer geblü m ten S chürze und einem dicken Knoten aus grauschwarzem Haar kam aus ihrer Käsekam m er und schickte den Capitano und den Brigadiere entl a ng den schlammigen, sprießenden Kornfeldern zu einer entfernten Weide. Der S t aatsanwalt, der seine Schuhe nicht naß m achen wollte, blieb beim Hof zurück. Den Schäfer konnten die beiden andern erst sehen, nachdem sie die letzte Er h ebung überquert hatten, d och die Glocken der Schafe waren in der klaren Luft schon von weitem zu hören. Der Schäfer stand aufrecht, die Jacke über die Schulter geworfen und die Mütze gegen die Sonne t i ef in die Stirn gezogen, und starrte zum Him m el. Er beobachtete die kreisenden Hubschrauber .
    »Was suchen die ? « fragte er ohne jegliche Begrüßung .
    »Wir dachten, das könnten Sie uns sagen . «
    Er sagte nichts. Die drei Männer standen eine Weile zusam m e n da, während die Schafe mit l a ngen Gesichtern um sie heru m spazierten. Manch m al ka m en sie neugierig heran, jagten aber bei der geringsten Bewegung davon und lösten eine Welle von Glockengebim m el a u s, das durch die ganze Herde ging .
    Der Capitano hatte nicht die gerings t e Hoffnung, daß er erraten könnte, was De m ontis wußte oder nicht wußte. Das Gesicht des alten Schäfers war braun und zerfurcht. Seine tiefliegenden Augen wanderten langsam über seine Herde, über die beiden Männer, dann wieder über seine Herde, ohne daß sich ihr Ausdruck veränderte. Er hätte sie ebensogut schon seit einem Jahrhundert so betrachten können. Er würde sich von ihrer Ungeduld n i cht anstecken lassen. Die Zeitung, die in seiner Jackentasche steckte, war vom letzten Sonntag .
    » Falls Sie irgendwas hören… «
    Falls er irgendwas hör t e, würde er nicht im Traum daran denken, irgendwas zu unterneh m en, sondern er würde weiterhin gleichgültig den Blick über die Köpfe seiner Schafe wandern lassen. Als die beiden Männer ihn verließen, blickte er wieder zum Him m el. Er drehte nicht den Kopf, um ihnen nachzublicken, und er stand so ruhig da, daß sie ihn selbst auf kurze Entfernung nicht m ehr v on seiner U m gebung unterscheiden konnten .
    Als sie wieder beim H of anlangten, war der Staatsanwalt nirgends zu sehen. Aber sie konnten sein m unteres Geplauder hören und das entzückte Kreischen der dicken Schäferin .
    Die beiden erschienen in der Tür des Hauses, die Frau war ganz rot im Gesicht und kicherte im m er noch. Der Staatsanwalt verabschiedete sich von ihr und lief leichtfüßig zum Jeep, eine Plastiktüte in der Hand .
    »Ricotta«, e r klärte er und öffnete die Tüte, da m it sie sich den lockeren we i ßen Hügel ansehen konnten. Die Molke tropfte noch durch das Käsepapier .
    Als sie losfuhren und der Capitano berichtete, wie der Schäfer geschwiegen hatte, sagte der Staatsanwalt: » Die Da m e hat m ir erzählt, daß sein Bruder ein schlimmer Bursche ist, daß er noch der letzte N a gel zu ihr e m Sarg sei, daß sie Salvatore nie geheir a tet hätte – der für sich betrachtet übrigens ein Heiliger ist, ein wahrer Heiliger – wenn sie gewußt hätte, daß sie den schrecklichen Antonio auch noch am Hals haben würde. Zu seinen schlim m s t en Verbrechen gehört, daß er nicht verheiratet ist, daß er nicht zur Melkzeit erscheint und daß er Lebens m i ttel stiehlt. «
    »Ich wei ß « , sagte der Brigadiere. » Er wettet nämlich. Er bringt es sogar
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