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Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall

Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall

Titel: Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall
Autoren: ars vivendi verlag GmbH , Co. KG
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Sie nicht besser doch die Polizei rufen? Die versteht eindeutig mehr von Spurensicherung als ich«, wandte er ein.
    »Wir sind uns einig, dass wir Aufsehen in der Öffentlichkeit um jeden Preis vermeiden wollen. Wenn wir die Polizei alarmieren, können wir nicht sicher sein, ob nicht doch etwas von den Diebstählen nach draußen dringt. Als wir vor ein paar Wochen den peinlichen Wasserschaden in einem unserer unterirdischen Magazine hatten, hat es mit der gewünschten Diskretion leider gar nicht geklappt. Erst stand es im Polizeibericht und danach in allen Medien. Wir sind der Auffassung, Sie sollten Ihr Glück versuchen. Zur Polizei gehen können wir notfalls immer noch.« Die Bibliotheksleiterin sprach ruhigund gefasst, aber gleichzeitig hatte ihr Ton etwas Apodiktisches und duldete keinen Widerspruch. »Allerdings ist das Nichteinschalten der Polizei eine so weitreichende Entscheidung, dass wir sie nicht allein treffen können. Wir müssen den Präsidenten informieren. Sie begleiten uns bitte hinüber ins Schloss, damit er Sie kennenlernen kann.«
    Beauforts Neigung zu starken Frauen à la Krüger-Fernandez war in den vergangenen Minuten merklich abgeklungen, doch überwog seine Neugierde auf diesen Fall. Außerdem wollte er seinen alten Professor nicht im Stich lassen.
    *
    Der Präsident der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg residierte nur wenige Gehminuten entfernt im Markgräflichen Schloss, das Erbprinz Georg Wilhelm von Brandenburg-Bayreuth im Jahr 1700 hatte erbauen lassen und das den fränkischen Hohenzollern über hundert Jahre lang als Witwensitz diente. Doch weil man die Stelle des markgräflichen Schornsteinfegers aus Kostengründen gestrichen hatte, war das feudale Sandsteingebäude aufgrund mangelnden Brandschutzes in einer bitterkalten Januarnacht 1814 in Flammen aufgegangen und völlig ausgebrannt. Jahrelang galt die verrußte Ruine den Erlangern als Symbol des Sparzwangs und könnte in diesem Sinne womöglich noch heute gute Dienste leisten, wenn das Schloss nicht 1825 von der noch recht jungen Universität wiederaufgebaut worden wäre. Die nutzte es fortan für Vorlesungen und als Bibliothek, bis die stetig wachsende Verwaltung der Hochschule die Studenten und Bücher erfolgreich hinausdrängte. Deshalb könnte man das Bauwerk heute auch als Symbol zunehmender Bürokratisierung betrachten. So empfand es jedenfalls Frank Beaufort, der das Schloss in Begleitung der Bibliotheksdirektorin und seines Doktorvaters durch die schwere Eichentür in derWestfassade betrat. Das Trio durchschritt eilig die stattliche Mittelhalle mit den marmorverkleideten Säulen, stieg nebeneinander den großzügigen Treppenaufgang hinauf und bog im ersten Stockwerk in den Flügel ein, der dem Präsidenten vorbehalten war. Das war allein schon daran zu erkennen, dass hier lauter in Öl gemalte Porträts ehemaliger Universitätsleiter hingen – die ältesten noch mit barocker Allongeperücke und Spitzenjabot, die jüngsten mit Seitenscheitel, Schlips und randloser Brille. Eines Tages würde auch das jetzige Oberhaupt der zweitgrößten bayerischen Hochschule dort hängen, und es würde bestimmt ein formidables Gemälde werden, dachte Beaufort. Denn Professor Roth war ein gut aussehender Mann, der eine gewisse Ähnlichkeit mit George Clooney nicht zu verstecken suchte. Gunnar Roth war erst seit drei Jahren im Amt, doch schon jetzt stellte er, was seine öffentliche Bekanntheit anbelangte, alle seine Vorgänger in den Schatten. Seitdem er den Sachbuch-Bestseller Einbildungsgut – Warum wir unser Bildungssystem reformieren müssen veröffentlicht hatte, war er ohne Frage der populärste Unipräsident Deutschlands geworden und ein echter Medienstar. Man konnte kaum eine Talkshow im Fernsehen anschauen, ein Nachrichtenprogramm im Radio hören oder ein Polit-Magazin lesen, ohne auf sein Bild und seine Meinung zu stoßen. Von Haus aus Politikwissenschaftler war er nicht nur grauer Theoretiker, sondern auch erfahrener Praktiker, der das Kunststück fertiggebracht hatte, sowohl für die rot-grüne als auch die schwarz-gelbe Bundesregierung als Politikberater tätig gewesen zu sein. Diese Erfahrungen hatte er in seinen neuesten publizistischen Streich einfließen lassen, eine Ethik-Fibel mit dem Titel Macht und Lüge , die sich nur zwei Wochen nach ihrem Erscheinen schon auf der Bestenliste fand. Es galt als ausgemacht, dass der Präsident in absehbarer Zeit an eine noch renommiertere Hochschule wechseln oder bei der
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