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Tod eines Lehrers

Tod eines Lehrers

Titel: Tod eines Lehrers
Autoren: Andreas Franz
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Tatwaffen.«
    »Wo sind sie jetzt?«
    »Noch im Präsidium. Sie werden bald dem Haftrichter vorgeführt.«
    Anja Russler nahm einen tiefen Zug von ihrer Zigarette. »Ich wollte nie, dass eine von ihnen ins Gefängnis geht. Es war alles mein Plan, ich habe sie manipuliert …«
    »Hören Sie bitte auf, es ist vorbei. Carmen und Silvia lassen sich nicht manipulieren, das wissen Sie so gut wie ich. Und über Kerstin brauche ich wohl nicht viele Worte zu verlieren.«
    »Sie sind doch noch so jung!«
    »Das sind Sie auch. Aber wahre Freundinnen halten zusammen, das habe ich auch erkannt. Ich hätte niemals für möglich gehalten, dass es so etwas heute noch gibt. Sagen Sie mir nur, wann Kerstin mit Ihnen über die Sache gesprochen hat.«
    »Am 11. Januar.«
    »Das deckt sich mit ihrer Aussage.«
    »Wer hat zuerst zugestochen?«
    »Ich.«
    »Sehen Sie«, sagte Brandt lächelnd, »jede behauptet, als Erste das Messer geführt zu haben. Und so, wie ich die drei einschätze, werden sie auch bei dieser Version bleiben. Und lassen Sie mich Ihnen einen Rat geben, versuchen Sie nicht sie dazu zu bringen, ihre Aussage zu ändern. Sie fühlen sich in der Märtyrerrolle, was ich Ihnen auch nicht verdenken kann, nach dem, was Sie durchgemacht haben. Aber Sie sind keine Märtyrerin. Sie waren es alle vier, und Sie werden dafür ins Gefängnis gehen. Aber wie heißt es doch so schön, geteiltes Leid ist halbes Leid, oder wenn ich es abwandle, Schuld geteilt durch vier ist nur ein Viertel Schuld. Ich hoffe, Sie haben mich verstanden.«
    »Ich denke schon. Warum sind Sie eigentlich so nett zu mir?«
    »Vielleicht, weil ich zwei Töchter habe, die in einem schwierigen Alter sind.«
    »Das ist ein Argument. Lassen Sie niemals zu, dass ihnen jemand wehtut. Sie wissen nicht, wie ein Mädchen oder eine Frau sich dann fühlt. Gedemütigt, missbraucht, wie tot. Passen Sie auf sie auf.«
    »Wir sehen uns spätestens vor Gericht. Alles Gute, und sprechen Sie mit Ihrem Anwalt. Wer ist überhaupt Ihr Anwalt?«
    »Dr. Mertens.«
    »Mertens?! Wie sind Sie denn an den gekommen?« Er wusste, dass Elvira Klein ihr einen Anwalt empfohlen hatte, aber sie hatte seinen Namen am Samstag aufgeschrieben und nicht genannt.
    »Ich habe mal von ihm gehört, er soll ganz gut sein …«
    »Ganz gut? Er ist einer der besten Strafverteidiger in Deutschland.«
    »Ich weiß. Er meint, ich hätte ganz gute Chancen, bei meiner Vergangenheit.«
    »Das sehe ich auch so, vor allem, wenn Mertens Sie vertritt. Haben Sie jemanden, der Ihnen Sachen zum Wechseln bringt? Und Sie brauchen doch auch Geld und Kosmetikartikel, und Ihre Zigaretten werden nicht mehr lange reichen.«
    Anja Russler lächelte, als sie antwortete: »Es ist alles geregelt. Aber danke für die Nachfrage.«
    »Keine Ursache. Machen Sie’s gut.« Er wollte gar nicht wissen, wie alles geregelt wurde, aber er hatte einen Verdacht, und sollte sich dieser bestätigen …
    »Sie auch.«
    Brandt klopfte an die Zellentür, und von draußen wurde aufgeschlossen. Er hasste Krankenhäuser, in denen er jedes Mal das Gefühl hatte, todkrank zu sein, auch wenn er nur jemanden besuchte, aber noch viel mehr hasste er Gefängnisse, von deren Gittern und Mauern er meinte gleich erschlagen zu werden. Er atmete erleichtert auf, als er wieder draußen war. Fünf nach halb elf. Wenn er sich beeilte, würde er den Besuch bei Natalia Teichmann noch vor seinem Gespräch mit Elvira Klein schaffen.

Montag, 11.10 Uhr
     
    N atalia Teichmann stand am Tresen und besprach etwas mit ihrer Sprechstundenhilfe. Als sie Brandt erblickte, wurde ihre Miene schlagartig ernst. Sie reichte ihm die Hand.
    »Sie kommen etwas ungünstig, ich habe noch fünf Patienten im Wartezimmer sitzen.«
    »Wenn es keine Notfälle sind, dann sollen sie ein andermal wiederkommen. Es ist wichtig, dass wir uns jetzt gleich unterhalten.«
    Natalia Teichmann überlegte kurz und sagte: »Marina, würdest du bitte Bescheid geben, dass die Praxis für heute Vormittag geschlossen ist, und mach gleich neue Termine aus. Du kannst dann auch nach Hause gehen, heute Nachmittag habe ich sowieso nur Herrn Müller und Frau Tessien. Mach dir einen schönen Tag. Wenn Sie mir bitte folgen wollen.«
    Sie begaben sich in den ersten Stock ins Wohnzimmer. Alles war picobello aufgeräumt und sauber, doch es wirkte weder steril noch unpersönlich wie bei Schirners.
    Nachdem sie sich gesetzt hatten, sagte Brandt: »Frau Teichmann, ich bin gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass wir die
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