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Tod eines Centurio

Tod eines Centurio

Titel: Tod eines Centurio
Autoren: John Maddox Roberts
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die Zentauren, jeder hatte sein Langschwert, seine Lanze und einen Köcher mit Wurfspeeren an den Sattel gebunden und den ovalen Schild über den Rücken geworfen. Ich sollte vielleicht erwähnen, daß die Namen, mit denen wir sie riefen, nur Annäherungen an ihre wirklichen Namen waren, die für uns unaussprechlich und unmöglich zu buchstabieren waren. Die gallische Sprache kennt Laute, für die es keine lateinischen Buchstaben gibt. Deswegen kann ein gallischer Häuptling bis zu einem Dutzend verschiedener Namen haben, je nachdem, welcher Geschichtsschreiber über ihn berichtet.
    Wir wandten uns gen Osten in Richtung des Sees. Lovernius erklärte, daß unsere morgendliche Pflicht darin bestand, den großen Erdwall zu inspizieren und die Berichte der Wachoffiziere entgegen zunehmen. Glücklicherweise mußten wir nicht die ganzen neunzehn Meilen abreiten. Die Offiziere der Westseite würden uns entgegen kommen und uns irgendwo in der Mitte treffen. Auf der gesamten Länge des Walls hatten Männer der Hilfstruppen im Abstand von jeweils einer Meile Posten bezogen. Diese Männer waren zweifelsohne nervös, denn ihre Unterstände waren bei einem Angriff sehr viel verwundbarer als das große Legionärslager. Andererseits war es nur gut, wenn die Wachposten nervös waren.
    Die Wachen am sumpfigen, zum See hin gelegenen Ende des Damms meldeten, daß es in der vergangenen Nacht keine feindlichen Übergriffe gegeben hatte, und so ging es die nächsten sieben, acht Meilen weiter. Keinerlei Angriffe außer ein paar Flüchen und Verwünschungen, die aus der Dunkelheit jenseits des Walles gerufen worden waren. Die Wachen sprachen voller Verachtung von diesen lächerlichen Aktionen, doch jetzt war es auch heller Tag. Ich wußte, daß es in der zurückliegenden Nacht ganz anders gewesen war, als dieselben Männer ihre Waffen ergriffen und mit weit aufgerissenen Augen angestrengt in die Finsternis gestarrt hatten, aus der die unheimlichen Stimmen kamen.
    Gegen Mittag errreichten wir einen klaren Teich und stiegen ab, um die Pferde zu tränken. Ich gab Indiumix meine Zügel und umrundete den Teich zu Fuß, um mir die Beine zu vertreten.
    Meine Oberschenkelmuskeln waren vom Druck auf die Flanken des Pferdes völlig steif. Ich wollte gerade zu meinem Pferd zurückkehren, als ein Schimmer im Wasser meine Aufmerksamkeit erregte.
    Ich trat auf einen flachen Fels im Wasser und bückte mich, um es besser sehen zu können. Irgend etwas glitzerte im stehenden Wasser. Ich kniete nieder und griff unbeholfen nach dem Gegenstand, was durch die magische Eigenschaft des Wassers, meinen Arm scheinbar zu krümmen, deutlich erschwert wurde. Doch bald hatte ich das Objekt geborgen. Es war eine wunderschöne Fibula, eine gallische Brosche aus purem Gold. Begeistert zeigte ich sie meinen Soldaten.
    »Jemand hat diese kostbare Nadel verloren«, sagte ich und hielt das Schmuckstück hoch, damit alle es bewundern konnten.
    »Pech für ihn, Glück für mich!« Zu meiner großen Überraschung sahen mich meine Männer schockiert und wütend an.
    »Wirf sie zurück in den Teich, Hauptmann«, sagte Lovernius leise. »Darin lebt ein Wassergeist. Jemand hat sie als Opfer hineingeworfen, bevor er zu einer gefährlichen Mission aufgebrochen, vielleicht in einen Krieg gezogen ist.«
    Traurig betrachtete ich die Brosche. »Möglicherweise ist er schon tot und braucht den Schutz des Geistes gar nicht mehr.«
    Lovernius schüttelte den Kopf. »Es bedeutet den Tod, Geschenke zu stehlen, die den Göttern geweiht sind. Vielleicht liegt sie schon seit hundert Jahren für jedermann sichtbar im Wasser, doch niemand würde es wagen, sie zu berühren.«
    Ich hatte schon gesehen, daß Gallier kleine Münzen in Teiche geworfen hatten; das sollte Glück bringen, doch ich wußte nicht, daß das Ganze so ernst genommen wurde. Seufzend warf ich die Fibula zurück ins Wasser, wo sie mit einem kleinen Plätschern versank. Ich hatte nicht vor, die einheimischen Götter zu beleidigen. Die Männer grinsten und nickten, befriedigt, daß ich ihre Sitten respektierte. Außerdem war es klug. Wahrscheinlich hätten sie mich noch vor der Rückkehr ins Lager getötet und eine Geschichte über einen feindlichen Hinterhalt erfunden.
    Als wir weiterritten, erklärte mir Lovernius, wie ernst die Gallier diesen Aspekt ihrer Religion nahmen. Manchmal versprachen sie ihren Göttern vor einer Schlacht eine ganze Armee für den Sieg. Nach der Schlacht wurde kein einziger Feind verschont. Nicht nur ihre
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