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Tod auf der Themse

Tod auf der Themse

Titel: Tod auf der Themse
Autoren: Paul Harding
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die angekettet auf einem schweren Pult
     neben seinem Tisch lag.
    »Erhebe deine Hand,
     Pater, und lege den Eid ab.«
    Der Priester gehorchte.
    »Laß die Hand, wo
     sie ist«, befahl Cranston. »Und jetzt, Pater, erzähl mir
     von Eleanor Raggleweed.«
    »Eine gutherzige Frau«,
     antwortete der Priester. »Brav und treu, Sir John. Ihr Ehemann kämpfte
     bei Euren Bogenschützen, als Ihr
     im Dienste Sir John Chandos und des Prinzen Edward standet.«
    Cranston lehnte sich zurück,
     und sein Unterkiefer klappte herunter, als er sich plötzlich an
     Raggleweed erinnerte, einen meisterhaften Bogenschützen und fröhlichen
     Burschen, ehrlich, tapfer und treu. Er sah den alten Priester an.
    »Und diese Vorwürfe?«
    »Bei Christus und
     Seiner Mutter, Sir John: krasse Lügen.«
    Sir John nickte und winkte
     dem Priester, er möge zurücktreten.
    »Dies ist mein Urteil.
     Erstens: Du, Mistress Alice Frogmore, bist schuldig der Mißachtung
     des Gerichts. Die Strafe dafür beträgt vier Penny. Zweitens: Du,
     Mistress Alice Frogmore, hast die Zeit dieses Gerichts verschwendet. Die
     Strafe dafür beträgt noch einmal vier Penny. Überdies«
     - wutfunkelnd schaute er der fetten Frau ins haßerfüllte
     Gesicht - »sollst du verpflichtet sein, für alle Zeit Frieden
     zwischen dir und Mistress Eleanor Raggleweed, deiner Nachbarin, zu wahren.
     Was sagst du dazu?«
    »Aber die Kröte
     war auf unserem Grundstück!« wimmerte sie.
    »Ach ja.«
     Cranston wandte sich Eleanor Raggleweed zu. »Eleanor Raggleweed,
     deine Kröte namens ›Thomas‹« - jetzt hatte auch
     Cranston Mühe, ernste Miene zu bewahren - »hat sich des
     unbefugten Betretens eines fremden Grundstücks schuldig gemacht. Zur
     Strafe bezahlst du die kleinste Münze des Reiches: einen Farthing.«
    Eleanor lächelte.
     Cranston funkelte die Kröte an, die fröhlich zurückquakte.
    »Du, Thomas Kröte,
     wirst hiermit zum Mündel des Gerichts ernannt.« Er warf
     den Frogmores einen bösen Blick zu. »Wenn dem Tier also etwas
     passiert, werdet ihr zur Verantwortung gezogen.«
    »Das ist nicht gerecht«,
     winselte Frogmore. »Ich werde Berufung einlegen.«
    »Verpißt euch!«
     brüllte Cranston. »Büttel, räumt die Kammer!«
    Eleanor Raggleweed nahm die
     Kröte auf und gesellte sich zu dem Priester, der sie leise beglückwünschte.
     Die Frogmores wühlten niedergeschmettert in ihrer Börse und
     reichten Osbert widerstrebend das Bußgeld. Cranston lehnte den Kopf
     an die Stuhllehne und belohnte sich mit einem weiteren tiefen Schluck aus
     seinem Weinschlauch.
    »Teufelsschwanz und
     Satanszitzen!« knurrte er und warf einen Blick auf die Stundenkerze
     in ihrem eisernen Halter. »Es ist noch nicht einmal zehn Uhr früh,
     und ich bin bereits völlig erledigt von diesem Unfug.« Er
     blickte zu Osbert. »Hast du je solchen Blödsinn gehört?«
    Osbert leckte sich die
     schmalen Lippen und schüttelte wortlos den Kopf. Es war immer lustig,
     Schreiber in Sir Johns Gericht zu sein; der dicke, weinselige Coroner war
     bekannt für seine unverblümte Art und seine Unnachgiebigkeit
     gegen Dummköpfe wie auch für seine unbestechliche Ehrlichkeit.
    »Noch nie«, erzählte
     Osbert seiner pausbäckigen Ehefrau und seinen Kindern, »noch
     nie habe ich erlebt, daß Sir John sich durch Angst oder
     Voreingenommenheit ins Wanken bringen ließ. Er ist gradlinig wie ein
     Pfeil, der von der Bogensehne schwirrt.«     
    Der Schreiber beugte sich vor
     und nahm eine schmierige Pergamentrolle zur Hand. Zu gern studierte er die
     Launen des Coroners.
    »So, Sir John - die nächste
     Sache wird Euch gefallen.«
    »Berichte«,
     brummte Cranston.
    »Nun, Rahere, der
     Bratkoch, hat eine Garküche in einer Gasse abseits der Seething Lane.
     Sein Nachbar, der Bäcker Bernard, ist sein erbitterte Rivale. Die
     beiden können sich nicht ausstehen.«
    »Und?« bellte
     Cranston.
    »Rahere hat sich neue
     Latrinen graben lassen.«
    »Ja?«
    »Und Bernard behauptet,
     Rahere habe sie aus Bosheit und Niedertracht so graben lassen, daß
     die ganze Jauche nun in den Keller seiner Bäckerei sickert.«    
    »Oh, beim Hintern einer
     Fee!« stöhnte Cranston. »Daß du mich nur stets
     daran gemahnst, Osbert, in beiden Häusern nie etwas zu essen.«
     Er schmatzte beim Gedanken an die knusprig goldene Wachtelpastete, die ihm
     die Wirtin vom »Heiligen Lamm Gottes« für heute
     zubereiten wollte. »Muß ich diesen Fall jetzt verhandeln?«
    Der Schreiber nickte
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