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Tochter der Träume / Roman

Tochter der Träume / Roman

Titel: Tochter der Träume / Roman
Autoren: Kathryn Smith
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mit menschlichen Zügen. Natürlich mit meinen Zügen, wen wunderte es.
    Karatos verwandelte sich in mich, mit meinem blutigen Gesicht und allen anderen Einzelheiten. Es war, als erblickte ich mein Spiegelbild – das zu einer bösen Fratze geworden war. Ich sah meine sonderbaren Augen und die fahlen Wangen. Sah meinen blutverschmierten Mund und Hals. Das Ding besaß sogar eine Imitation meines Dolchs.
    »Köstlich!«, sagte mein anderes Ich mit einem kehligen Lachen, das mich erschauern ließ. »Wovor du am meisten Angst hast, bist du selbst.«
    Und dann brach es in Gelächter aus und wollte nicht mehr aufhören. Und je mehr es lachte, desto wütender wurde ich. Vielleicht hatte ich Angst vor dem, was ich war, aber ich wusste auch, dass ich kontrollieren konnte, was für eine Art Wesen ich war. Ich traf meine eigenen Entscheidungen – niemand sonst tat das. Wenn man sich zur Therapeutin ausbilden ließ, gehörte es dazu, dass man selbst eine Therapie machte, und niemand war sich über sich selbst so sehr im Klaren wie ich. Oft ging es so weit, dass ich in Selbstironie verfiel, aber ich kannte mich in- und auswendig. Und selbst wenn ich der Wahrheit nicht immer ins Auge sehen wollte, erkannte ich sie in aller Klarheit, wenn es sein musste.
    Und dass ich die Antwort auch jetzt in aller Klarheit vor mir sah, lag an Karatos. Er hatte mich darauf gebracht, als er Jackey Jenkins erwähnte. Ich hatte ihre Ängste gegen sie benutzt – genau wie Karatos es jetzt bei mir versuchte. Mit einem kleinen Unterschied.
    Ich war besser.
    Den Dolch in der einen Hand, packte ich ihn mit der anderen an seinem schwarzen Hemd, das genau dieselbe Farbe wie meines hatte. Ich lächelte ihm grausam ins Gesicht. »Und wovor hast du Angst, Karatos?«
    Meine Augen blinzelten mir bestürzt entgegen. Mein Lächeln wurde breiter. »Du denkst wohl, du hast alles im Griff? Denkst, du kannst in der realen Welt existieren? Ja? Das wollen wir doch mal sehen.«
    Ich stieß den Dämon rückwärts vor mir her, als sich hinter seiner Schulter ein Portal auftat. Nur um sicherzugehen, dass es auch funktionierte, zog ich an Antwoines Manschette. Und es klappte. Als Antwort spürte ich eine Art Ziehen in mir – ein kräftiges Ziehen, in das ich uns beide hineinstieß. Mein Doppelgänger und ich, wir rollten wie ein dicker Dawn-Donut in die vertraute Umgebung von Noahs Wohnzimmer.
    Dann fielen wir auseinander und lagen ausgestreckt auf dem polierten Fußboden.
    Und sahen absolut identisch aus.
    Noah und Antwoine waren plötzlich da und starrten uns beide mit schreckgeweiteten Augen an.
    »Wer ist wer?«, fragte Antwoine Noah. Karatos trug ein Armband, das aussah wie meines. Man konnte uns einfach nicht auseinanderhalten.
    Ich sah keinen der beiden an, sondern hielt meinen Dolch umklammert und meinen Blick auf Karatos geheftet. »Verschwinde«, befahl ich ihm.
    »Die Herrische ist Dawn«, meinte Noah und holte sofort aus, um Karatos einen Tritt gegen den Schädel zu verpassen. Das tat er mit einer solchen Präzision und Sicherheit, dass mir fast die Spucke wegblieb. Der Dämon kippte nach hinten, und sein Kopf schlug mit einem dumpfen Knall auf dem Fußboden auf.
    »Steh auf, Arschloch!«, befahl Noah und baute sich mit gespreizten Beinen und geballten Fäusten neben ihm auf.
    »Deswegen wollte ich dich«, krächzte mein Doppelgänger-Ich auf dem Fußboden. »So viel Hass. So viel Zorn.«
    Noah verpasste ihm noch einen Tritt. Und noch einen. Und noch einen. Und als Karatos sich zu erheben versuchte, schlug ihn Noah erneut zu Boden. Mein Magen rebellierte, selbst als ich Noah anfeuerte. Ich wusste zwar, dass es Karatos war, den er da zusammenschlug, doch mit anzusehen, wie Noah meine Doppelgängerin in die Mangel nahm, verursachte mir plötzlich Übelkeit. Zum Glück konnte er mich und den Dämon auseinanderhalten. Aber machte es ihm gar nichts aus, dass dieser Mistkerl mein Gesicht trug?
    Der Dämon schrie auf, als Noah ihn erneut mit Tritten traktierte. Blut spritzte aus seiner Nase, als sein Kopf nach hinten fiel.
Geschieht dir recht!
Wie ihm der Schmerz wohl gefiel, jetzt, da er derjenige war, der ihn einzustecken hatte?
    Ich versuchte, aufzustehen, doch allein der Versuch, mich aufzusetzen, tat höllisch weh. Ich stockte, schnappte nach Luft, woraufhin Noah den Fehler beging, seine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken.
    Dann ging alles blitzschnell. Karatos, der immer noch sehr stark und schnell war, obwohl er nicht in diese Welt gehörte, war in der
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