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Tochter der Insel - Historischer Roman

Tochter der Insel - Historischer Roman

Titel: Tochter der Insel - Historischer Roman
Autoren: Jutta Oltmanns
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Sie löschte das Licht und kletterte in ihre Koje mit den frischen, festgesteckten Laken.
    Vielleicht sollte sie Immo ihr Herz ausschütten. Nein! Sie würde den gleichen Fehler nicht ein zweites Mal machen. Es konnte nur in einer weiteren Peinlichkeit enden.
    Von draußen hörte sie das Rauschen des Meeres. Sie war müde. Die Helligkeit des Mondes drang durch den leichten Vorhang. Lea drehte sich auf die andere Seite und barg ihr Gesicht im Kissen.

4
    I mmo genoss das Zusammensein mit Lea am Strand. Er beobachtete sie wehmütig und sehnte sich schmerzhaft danach, Lea wieder in den Armen zu halten.
    Zwei Wochen waren seit dem unrühmlichen Abschied Gärbers vergangen. Zwei Wochen, in denen sie die Insel für sich neu entdeckt hatten. Durch die Sturmflut war vieles verändert, doch einige ihrer Lieblingsplätze gab es noch. Die Verheerungen waren schlimm, aber es würde nicht so bleiben. Viele fleißige Hände bauten Altes wieder auf und erschufen Neues.
    Immo beobachtete, wie der Wind Lea die Haare ins Gesicht wehte. Am liebsten hätte er sie mit den Fingern zurückgestrichen. Sein Blick glitt zu ihrem Gesicht. Sie hatte sich verändert. Früher war Lea oft zaghaft und unsicher gewesen. Ein kleines Mädchen, das hin- und hergerissen war zwischen ihrer Schwester und der Großmutter. Sie hatte es beiden recht machen wollen und war nur zu oft zwischen die Stühle geraten.
    Während ihrer Reise in die Neue Welt war Lea jedoch zu einer Frau herangereift, die genau zu wissen schien, was sie wollte. Vielleicht lag es daran, dass sie sich aus eigener Kraft eine Zukunft aufgebaut hatte. Sie war jetzt Berichterstatterin, gefragte Mitarbeiterin der Mannigfaltigkeit. Immo mochte ihre neue Selbstsicherheit. Es machte das Zusammensein mit Lea noch interessanter, ihre Gespräche intensiver.
    Immo lächelte. Ja, Lea hatte sich sehr verändert, aber bei genauerem Hinsehen erkannte er immer noch das Mädchen in ihr.
    »Es ist so schön, den Wind zu spüren. Wie ich das vermisst habe!«, rief sie ihm zu.
    Über ihnen wölbte sich ein wolkenloser blauer Himmel. Ein lauer Wind wehte und vertrieb die Hitze des Tages. Die Sonne hatte das Meer in Gold und Rot getaucht. Hohe Wellen rollten an den Meeressaum und nasse Muscheln glänzten im Licht.
    Sie schlugen den Weg zwischen den Dünen ein, schritten die allmähliche Steigung hoch, bis der Strand tief unter ihnen lag.
    »Du hast dich gut gehalten dafür, dass du so lange nicht hier oben warst«, lobte er Lea, als sie den höchsten Punkt erreicht hatten.
    Sie ließ sich neben ihm nieder und beschattete die Augen mit der Hand. »Wie wunderschön der Anblick ist!«
    Sie hatte recht. Man konnte den Bogen sehen, in dem sich die Insel in die See erstreckte, den leeren Strand und die fernen Brecher. Das Meer war überzogen mit weißen Schaumkronen. Hohe Wellen ließen weiße Gischt aufspritzen. Möwen kreisten kreischend über ihnen. Ihre Schwingen hoben sich wie helle Segel vor dem Blau des Himmels.
    »Wie ein wunderschönes Gemälde, nicht wahr!«, sagte Immo.
    Sie nickte. »Es tut der Seele gut.«
    »All dies – was haben wir für ein Glück!« Er griff nach Leas Hand.
    »Du besonders, weil du immer hier leben kannst.«
    »Das könntest du auch.«
    Lea löste sich von ihm und wandte sich ab. Immo sah, wie es in ihrem Gesicht arbeitete. Ihre Lippen zitterten.
    »Nein. Es geht nicht, Immo. Ich will es dir schon seit Tagen sagen, doch es fällt mir schwer. Großvater und ich, wir verlassen bald wieder die Insel.«
    Immo blickte zu Boden, nahm gedankenverloren einen Halm auf und drehte ihn zwischen den Fingern. »Ich kann dich verstehen. Du hast mir so viel von Italien erzählt – was hat Wangerooge dagegen schon zu bieten. Noch dazu, wo die Insel kaum mehr ist als ein Schlachtfeld.«
    »Das ist es nicht … «
    Er hörte Leas Worte kaum. Immo versuchte krampfhaft an etwas anderes zu denken. »Die Angelegenheiten mit Gärber habt ihr klären können?«, fragte er deshalb schnell.
    »Ja. Einen Teil des Vermögens meiner Großmutter werde ich zurückbekommen und das Haus wurde mir auch zugesprochen. Doch du weißt ja selbst, dass ein Wiederaufbau an der alten Stelle sinnlos ist. Großvater hat sich dafür eingesetzt, dass die Insulaner schon bald beim neuen Leuchtturm siedeln dürfen. Ich werde das Geld nutzen, um mich vielleicht am Bau eines neuen Logierhauses zu beteiligen. Dann bleiben mir immer noch Verbindungen nach Wangerooge. Ich könnte einen Teil der Sommer hier verbringen. Wir könnten
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