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Titan 13

Titan 13

Titel: Titan 13
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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Milliarden von Jahren hinweg, vollzieht es sich ganz langsam. Alles läuft ab. Eines Tages wird es zum Stillstand kommen. Nur eines im ganzen Universum wird voller und reicher und zwingt sich nach oben. Die Intelligenz – menschliches Leben –, wir sind das einzige, was es gibt, das dem Gesetz des Universums nicht gehorcht.
    Das Universum tötet unseren Körper; es zerrt ihn mit der Schwerkraft herunter, es zerrt und zerrt, bis unser Herz zu müde wird, unser Blut gegen die Schwerkraft in die Höhe zu pumpen, bis die Wände unserer Zellen unter ihrem eigenen Gewicht zusammenbrechen, bis unsere Gewebe schlaff und unsere Knochen brüchig werden und sich deformieren. Unsere Lungen werden es müde, Luft einzuziehen und wieder auszustoßen. Unsere Adern und Kapillaren zerbrechen darunter. Stück für Stück, von dem Tage an, an dem wir empfangen werden, zerrt und zupft das Universum an uns, bis unser Körper nicht mehr imstande ist, sich selbst zu reparieren. Und auf diesem Wege tötet es am Ende auch unser Gehirn.
    Aber unseren Verstand…
    Das ist das wahrhaft Wertvolle; der Verstand ist nur das Phänomen, der nichts mit Zeit und Raum zu tun hat, der sie beide nur benutzt, um damit die Leben zu beschreiben, die unsere Körper im physischen Universum leben.
    Hören Sie – als ich ein kleiner Junge war, nahm mein Vater mich eines Abends nach einem Schneefall auf einen Spaziergang mit. Wir gingen über eine Straße, die gerade frisch geräumt worden war. Die Sterne standen am Himmel und auch der Mond. Es war eine kalte, klare Nacht, und der hoch aufgehäufte Schnee funkelte im Licht. Und an der Ecke, dort wo unsere Straße sich mit dem Highway vereinte, gab es eine Straßenlaterne auf einer hohen Stange.
    Und ich machte eine Entdeckung. Es war so kalt, daß mir das Wasser in die Augen trat, und ich stellte fest, wenn ich sie fast geschlossen hielt, verwischte die Feuchtigkeit die Lichter, so daß alles – der Mond, die Sterne, die Straßenlampe – eine Art Heiligenschein bekam. Die Schneewehen schienen zu glänzen wie ein Meer aus gesponnenem Zucker, und die Sterne waren mit leuchtenden Spitzen miteinander verbunden, so daß ich durch ein Universum schritt, das so bizarr und so wunderbar war, daß mein Herz vor all der Schönheit beinahe zerbrach.
    Jahrelang trug ich jene Zeit und jenen Ort in meinen Gedanken. Er ist immer noch da. Aber worauf es ankommt, ist, daß das Universum das nicht geschaffen hat. Ich habe es geschaffen. Ich habe es gesehen, aber ich habe es gesehen, weil ich mich selbst dazu brachte, es zu sehen. Ich nahm die Sterne, die in Wirklichkeit ferne Sonnen sind, und die Nacht, die der Schatten der Erde ist, und den Schnee, welcher Wasser ist, das nur seinen Zustand verändert hat, und ich nahm die Tränen in meinen Augen und machte aus all dem ein Wunderland. Kein anderer hat es je sehen können. Kein anderer hat je dort hingehen können. Nicht einmal ich kann physisch in dieses Wunderland zurückkehren. Es liegt achtunddreißig Jahre in der Vergangenheit, in der Perspektive eines Kindes, und seine stereoskopische Genauigkeit beruht auf dem Augenabstand eines Kindes. Es existiert nur an einem Ort. In meinen Gedanken, Elizabeth – in meinem Leben.
    Aber – ich werde sterben, und wo wird es dann sein?«
    Elizabeth blickte zu ihm auf. »In meinem Geist, ein wenig vielleicht? Gemeinsam mit dir?«
    Hawks sah sie an. Er streckte die Hände aus und beugte sich vor, so vorsichtig und zart wie ein Kind, das eine Schneeflocke auffängt und sie hält, und nahm sie ganz sachte in die Arme. »Elizabeth, Elizabeth«, sagte er. »Das habe ich nie begriffen. Mir war nie klar, was du mich tun ließest.«
    »Ich liebe dich.«
    Sie gingen gemeinsam den Strand hinunter. »Als ich ein kleines Mädchen war«, sagte sie, »hat meine Mutter mich im Besetzungsbüro registrieren lassen und versucht, mir Rollen in Filmen zu besorgen. Ich kann mich noch erinnern, eines Tages kam ein Anruf. Jemand sollte die Rolle der Tochter eines mexikanischen Schäfers spielen, und meine Mutter kleidete mich mit großer Sorgfalt in eine Bauernbluse und einen geblümten Rock. Sie kaufte mir einen Rosenkranz, den ich halten sollte. Sie flocht mein Haar zu Zöpfen und färbte meine Augenbrauen dunkel, und dann brachte sie mich ins Studio.
    Und als wir an jenem Nachmittag nach Hause zurückkehrten, sagte meine Tante zu meiner Mutter: ›Wohl nicht gekriegt, wie?‹ Und meine Mutter, die so wütend war, daß ihr die Tränen in den Augen standen,
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