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Titan 05

Titan 05

Titel: Titan 05
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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Stephenson als Verkörperung all jener Menschen gelten, die gegen Frustrationen aller Art eine nur geringe Abwehrkraft besaßen. Henry Walter sog nervös an seiner Zigarette. Seine Zähne mahlten aufeinander.
    Stephenson stand in der beleuchteten Zimmerhälfte neben Carmers Sessel und begann noch einmal von vorn. Wie alle gegen jegliche Arten der Frustration widerstandsschwache Menschen hatte er die Höflichkeit als eine Form hinderlichen Aufwands abzustreifen begonnen. Stephenson wandte sich an Carmer. »Wie lautet Ihr Name?«
    »Carmer.« Er antwortete in heiserem Flüstern.
    »Das stimmt.« Stephenson nickte. »Sehr gut. Wo waren Sie heute nachmittag?« Seine Stimme klang eher wie die eines Polizeiinspektors, der ein Verhör durchführte, als wie die jemandes, der mit einem Kunden sprach.
    »An der Ecke Fünfte Avenue und Vierzehnte Straße.«
    »Ja! Gut, Mr. Carmer. Und nun – was haben Sie dort getan?«
    Insgesamt hegte Stephenson, so sagte sich Henry Walters, zuviel gutwillige Erwartung. Soweit waren sie schon ein dutzendmal gekommen. Natürlich – Steve neigte zu unbegründetem Optimismus. Sein Bauchfell spannte sich, und er beugte sich vor, damit ihm Carmers Antwort nicht entgehe.
    Carmer schüttelte verzweifelt den Kopf. »Ich weiß es nicht. Ich kann nur wiederholen, daß ich es nicht weiß.«
    »Aber Sie wissen es, Mr. Carmer! Sie haben einen Mann namens Dugan getroffen! Sie…«
    Henry Walters hatte bereits seine Zigarette ausgedrückt und legte eine Hand auf das Schaltpult der Beleuchtung. Er stand auf und unterbrach Stephensons erbitterte Vorwürfe.
    »Mr. Carmer…« Ringsum flammten die Lampen auf. Er schenkte Stephenson einen Blick des Widerwillens, bevor Carmer aufgrund der Anrede den Kopf drehte. »Mr. Carmer, bitte entschuldigen Sie vielmals diese Schwierigkeiten. Wir möchten es gerne noch auf andere Art versuchen. Hätten Sie etwas dagegen, sich einmal eine Filmaufzeichnung Ihrer Handlungen des heutigen Nachmittags anzuschauen?« Er übersah Stephensons Bestürzung. Diese Angelegenheit zu klären, das war wichtiger als Carmer vorzuenthalten, daß die Spot‐Dialog nicht nur Ohren besaß, sondern auch Augen.
    Carmer befummelte seinen schlaffen Kragen und hinterließ darauf Fingerabdrücke, als er seine Hand hob, um sie durch sein zerzaustes Haar zu pflügen. Henry Walter sah voraus, daß er weitere Flecken hinterlassen würde, sobald er den Kragen zum nächstenmal betastete. Aber das war so gut wie gleichgültig.
    »Nein«, sagte Carmer. »Äh… ja… äh, ich meine, nein… ich habe nichts dagegen.« Carmers Persönlichkeit – so wie Stephensons – verzichtete auf gewisse Umständlichkeiten; in der Anstrengung, sich darauf zu besinnen, wie der Nachmittag verstrichen war, eilte sein Verstand dem Vermögen der Wortwahl und der Feststellungskraft voraus.
    Der Blick, den Henry Walters nun Stephenson zuwarf, war dunkel von Zorn. Die ganze Befragung war gegen sein besseres Wissen angefangen worden. Aber jetzt waren sie einmal mittendrin – und deshalb konnten sie genausogut bis zum Schluß durchhalten. Er drückte einen Knopf am Tisch. Eine Wand des Raums verwandelte sich in eine stereografische Szenerie.
    Es war die Ecke Vierzehnte Straße und Fünfte Avenue. Carmer wartete am verlassenen Taxistellplatz vor dem Eingang des Raymond Buildings in der Fünften Avenue. Ein Taxi fuhr vor, und als Carmer darauf zustrebte, lehnte sich ein Fahrgast, den er nicht bemerkt hatte, vom Rücksitz vornüber, bezahlte den Fahrer und stieg aus. Zugleich mit einem Lächeln der Erleichterung huschte Erkennen über Carmers Gesicht.
    Der andere Mann drehte sich um, sah und erkannte Carmer, trat vor und streckte die Hand aus. »Na, hallo«, sagte er.
    »Hallo, Mr. Dugan«, antwortete Carmer. »Ich wollte eben nach Hause. Ich dachte, ich würde es nicht rechtzeitig bis zu Ihrem Büro schaffen, und wollte morgen zu Ihnen.« Er schüttelte den Kopf zum Taxifahrer, weil der ihn mit unausgesprochener Frage in der Miene ansah, und der Fahrer ließ den Wagen zum Vorderende des Stellplatzes rollen und die beiden an der Ecke zurück.
    Dugan lächelte. »Die Welt ist klein. Ich komme hier vorbei, um mich mit meiner Frau zu treffen. Sie macht ein paar Einkäufe, aber ich bin früh dran. Wir haben noch Zeit für einen Drink. Ich kann jetzt durchaus dem Geschäft nachgehen. So etwas soll man nie auf den nächsten Tag verschieben.«
    »Einverstan…«, begann Carmer.
    Zuerst verstummte der Ton. Eine Sekunde später erlosch die
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