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Timoken und der Trank der Unsterblichkeit

Timoken und der Trank der Unsterblichkeit

Titel: Timoken und der Trank der Unsterblichkeit
Autoren: Jenny Nimmo
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verteidigen, für alle Feinde unbezwingbar zu sein und jedes Leben zu beenden, das ihn töten wollte.
    Die Menschen lauschten dem fremd klingenden Singsang des Afrikaners und sahen ihm in ehrfurchtsvollem Schweigen dabei zu, wie er mit den Fingern über das Schwert strich. Dabei streifte er den silbernen Ring, den er am Mittelfinger der linken Hand trug und der jetzt aufflammte, als wäre er aus Feuer gemacht.
    Timoken legte das Schwert beiseite, nahm den Schild auf die Knie und wiederholte die Zeremonie. Als er fertig war, bat er seine Freunde, ihm ebenfalls ihre Waffen zu geben. Und seine Finger fuhren in der gleichen Weise über die Schwerter und die Schilde mit den bunten Wappen: Wolf und Bär, Fisch und Adler und Rennender Hase.
    „Das bedeutet, wir werden dich begleiten“, sagte Edern, als Timoken ihm das Schwert zurückgab.
    „Ich möchte, dass ihr das selbst entscheidet.“ Timoken erhob sich und warf Beri einen flüchtigen Blick zu.
    „Denkst du etwa, ich drücke mich, wenn ich den Tod meines Vaters rächen kann?“, fragte sie erregt.
    „Nein.“ Timokens Miene war ernst.
    Beri band rasch ihr Haar am Hinterkopf zusammen. „Ich bin bereit“, sagte sie entschlossen.
    Timoken hatte sich darauf eingestellt, allein zu gehen, doch es tat gut, die Schritte seiner Freunde dicht hinter sich zu hören. Vor einer Treppe, die zu der Tür mit dem Kamel führte, blieb er stehen. Timoken lächelte in sich hinein. Ein Kamel konnte nur Glück bringen. Doch während er es betrachtete, zerfloss das Bild. Es verfärbte sich von Gelb zu Grün, der Kopf des Tieres schrumpfte und zerlief zu einem langen Hals. Die Beine verschwanden und der Körper streckte sich zu einer schlanken, sich windenden Gestal t – einer lebendigen Schlange.
    Timoken stieg in Begleitung der anderen langsam die Treppe hinauf. Staunend musterte er das grüne Reptil, das in schlängelnden Bewegungen über die Tür glitt. So etwas Magisches wie das hatte er noch nie gesehen. Seine Freunde traten einen Schritt zurück, doch Timoken steckte das Schwert in die Scheide und legte die Finger auf den runden Türknauf. Als er ihn zu drehen begann, stürzte sich die Schlange mit geöffnetem Kiefer auf seine Hand und entblößte ihre tödlichen Giftzähne. Aber Timoken war schneller. Schon hatte er das Tier am Hals gepackt. Es zischte wütend, riss den Kiefer noch weiter auf und ließ die gelben Augen aufblitzen. Doch Timoken ließ nicht los, bis sich das Maul der Schlange zu schließen begann. Ihre Augen rollten zurück und sie bewegte sich nicht mehr.
    „Das lässt nichts Gutes erwarten“, brummte Timoken und ließ die Schlange auf den Boden fallen.
    Ohne zu zögern, hob Edern sein Schwert und schlug ihr den Kopf ab.
    Die anderen hatten voller Entsetzen zugesehen. Wenn das der Beginn der Schlacht war, was würde sie dann erst hinter der Tür des Spielzeugbauers erwarten?
    Timoken drehte den Knauf und die Tür schwang auf. Sie gab den Blick auf einen leeren Innenhof frei. In der Mitte stand eine steinerne Bank und dahinter wuchs ein Rosenstrauch, der voller goldgelber Blüten hing. Eine leichte Brise wehte der Gruppe ihren lieblichen Duft entgegen, doch als sie den Geruch einatmeten, veränderte er sich plötzlich und roch verdorben und scheußlich. Der Gestank drehte ihnen den Magen um, und während sie würgend über den Hof stolperten, verwelkten die Blütenblätter an dem Strauch und fielen ab. Hinter den sterbenden Blumen waren jetzt drei dunkle Gestalten zu erkennen.
    „Endlich!“, ertönte eine Stimme.
    Timoken schauderte. Es war die Stimme eines Jünglings, doch sie klang uralt und böse.
    Ein Junge trat aus den Schatten und kam um den Rosenstrauch herum. Er war nicht viel größer als Timoken. Sein goldbraunes Haar fiel ihm bis auf die Schultern und seine Augen hatten die Farbe von glänzenden grünen Oliven. Timokens Blick wanderte augenblicklich zu der Hand des Jungen, die auf der Spitze eines Schwertes ruhte. „Seht ihm nicht in die Augen!“, warnte er die anderen.
    „Du weißt, was ich will.“ Das Lächeln des Hexenmeisters schien beinahe freundlich.
    „Das Netz der letzten Mondspinne“, sagte Timoken. „Doch das wirst du niemals bekommen.“
    „Du hättest noch hinzufügen können: ‚Solange noch Leben in meinem Körper ist‘“, erwiderte der Jüngling. „Dann hätte ich geantwortet: ‚Dein Körper wird nicht mehr lange von Leben erfüllt sein.‘“
    „Mein Körper wird immer von Leben erfüllt sein“, erwiderte Timoken.
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