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Till Eulenspiegel

Till Eulenspiegel

Titel: Till Eulenspiegel
Autoren: Erich Kästner
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Fieber.“
    „Unsinn“, sagte der Graf. „Wer Alarm bläst, wenn 36
    keine Feinde zu sehen sind, und nicht bläst, wenn sie kommen, ist kein Trompeter für mich.“ Er bestellte einen andern Mann zum Turmbläser, und Eulenspiegel wurde Fußknecht, also Infanterist.
    Das war ihm gar nicht recht. Denn als die Feinde wieder vor der Stadt erschienen, mußte er mit zum Tor hinaus und kämpfen. Er ließ sich sehr viel Zeit und lief als letzter hinterdrein. Und als die Feinde in die Flucht geschlagen worden waren, rannte er als erster ins Schloß zurück. Das machte er beim nächsten und übernächsten Überfall ganz genau so, bis es allen, auch dem Grafen, auffiel. Und der Graf fragte, was das heißen solle. „Die Sache ist die“, sagte Till. „Da ich als Turmbläser so wenig zu essen bekam, bin ich körperlich nicht auf der Höhe. Wenn ich wirklich die Energie aufbrächte, der erste vorm Feind zu sein, müßte ich irrsinnig schnell zurückrennen, um als erster wieder Im Schloß zu sein und rasch zu essen. Diese Rennerei würde meine Gesundheit nicht aushalten.“ „Scher dich zum Teufel!“ rief der Graf aufgebracht. „Oder soll ich dich hängen lassen?“
    „Nein“, sagte Till. „Auch das würde meine Gesundheit nicht aushalten!“ Und er schnürte sein Bündel und verließ Schloß und Stadt Bernburg, so schnell er konnte.
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    7. WIE EULENSPIEGEL ERDE KAUFTE

    Der Graf von Anhalt war nicht der einzige deutsche Fürst, der Eulenspiegel mit dem Galgen bedrohte. Genau dasselbe tat, wenig später, der Herzog von Lüneburg. Till hatte nämlich auch im Herzogtum Lüneburg irgend welche Dummheiten ausgefressen. Und der Herzog hatte ihm daraufhin gesagt: „Mach, daß du über die Grenze kommst! Wenn du dich wieder vor mir blicken läßt, wirst du gehängt!“
    Eulenspiegel war damals wie der Blitz aus Lüneburg verschwunden. Später aber mußte er auf seinen Fahrten doch wieder durch das Gebiet des Herzogs, falls er keinen zu großen Umweg machen wollte. Er kaufte sich deshalb ein Pferd und einen Karren; und in der Nähe von Celle hielt er an einem Acker still, den ein Bauer pflügte, und kaufte dem Bauern für einen Schilling soviel Ackererde ab, daß der Karren bis obenhin voll davon wurde. Dann setzte sich Till in den Karren, so daß nur der Kopf und die Arme aus der Erde hervorschauten. Und so kutschierte Eulenspiegel durch das ihm verbotene Herzogtum. Er sah fast aus wie ein fahrender Blumentopf.
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    Als er an der Burg Celle vorbeifuhr, begegnete er dem Herzog, der mit seinem Gefolge zur Jagd ritt. Der Herzog hielt an und sagte: „Ich habe dir mein Land verboten.
    Steig aus! Jetzt wirst du gehängt.“
    „Ich bin ja gar nicht in Eurem Land“, erwiderte Eulenspiegel. „Ich sitze in meinem eignen Land. Ich hab’ es rechtmäßig von einem Bauern gekauft. Erst gehörte es ihm. Nun gehört es mir. Euer Land ist es nicht.“
    Der Herzog sagte: „Scher dich mit deinem Land aus meinem Land, du Galgenstrick! Und wenn du noch einmal hierherkommst, hänge ich dich samt Pferd und Wagen!“

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    8. WIE EULENSPIEGEL EINEM ESEL DAS LESEN
    BEIBRACHTE

    Eine Zeitlang beschäftigte sich Eulenspiegel damit, daß er von Universität zu Universität zog, sich überall als Gelehrten ausgab und die Professoren und Studenten neckte. Er behauptete alles zu wissen und zu können.
    Und er beantwortete tatsächlich sämtliche Fragen, die sie ihm vorlegten. Bei dieser Gelegenheit kam er schließlich nach Erfurt. Die Erfurter Studenten und ihr Rektor hörten von seiner Ankunft und zerbrachen sich den Kopf, was für eine Aufgabe sie ihm stellen könnten. „Denn so wie denen in Prag“, sagten sie, „soll es uns nicht ergehen. Er soll nicht uns, sondern wir wollen ihn hineinlegen.“
    Endlich fiel ihnen etwas Passendes ein. Sie kauften einen Esel, bugsierten das störrische Tier in den Gasthof
    „Zum Turm“, wo Eulenspiegel wohnte, und fragten ihn, ob er sich zutraue, dem Esel das Lesen beizubringen.
    „Selbstverständlich“, antwortete Till. „Doch da so ein Esel ein dummes Tier ist, wird der Unterricht ziemlich lange dauern.“
    „Wie lange denn?“ fragte der Rektor der Universität.
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    „Schätzungsweise zwanzig Jahre“, meinte Till. Und hierbei dachte er sich: Zwanzig Jahre sind eine lange Zeit. Bis dahin stirbt vielleicht der Rektor. Dann geht die Sache gut aus. Oder ich sterbe selber. Oder der Esel stirbt, und das wäre das beste. Der Rektor war mit den zwanzig Jahren einverstanden. Eulenspiegel verlangte
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