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Till Eulenspiegel

Till Eulenspiegel

Titel: Till Eulenspiegel
Autoren: Erich Kästner
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sagte Till. „Sonst kann ich nicht weg.“ Der Meister ließ ihn los, und Till wollte schleunigst auf und davon. Doch da hielt ihn der Bäcker noch einmal fest.
    „Erst zahlst du mir den Teig, den du verhunzt hast!“
    „Nur wenn ich die lieben Tierchen mitnehmen darf“, erwiderte Eulenspiegel. „Wenn ich den Teig, aus dem sie gebacken sind, bezahle, gehören sie mir.“
    Der Bäcker war einverstanden und nahm das Geld.
    Till aber verfrachtete seine Eulen und Meerkatzen in einem Tragkorb und zog damit ab.
    Am Nachmittag war auf dem Platze vor der Kirche großes Gedränge. Till Eulenspiegel stand mitten unter den Leuten und verkaufte seine Eulen und Meerkatzen Stück für Stück und verdiente großartig daran.
    Das sprach sich im Nu herum. Und als der Bäckermeister davon hörte, schloß er seinen Laden ab und rannte im Dauerlauf zur Sankt-Niklas-Kirche hin.
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    „Der Kerl muß mir das Holz bezahlen, das er für das alberne Viehzeug verfeuert hat!“ rief er, während er durch die Gassen stürmte. „Und eine Benutzungsgebühr für den Backofen! Und einsperren lasse ich ihn außerdem!“
    Doch als er auf dem Platz ankam, war Till Eulenspiegel schon über alle Berge. Er hatte seine Eulen und Meerkatzen restlos ausverkauft, und sogar den Korb, der dem Bäcker gehörte, hatte er für einen Taler verkauft.
    Und die Braunschweiger lachten noch jahrelang über den armen Bäckermeister.
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    6. WIE EULENSPIEGEL TURMBLÄSER WAR

    Einmal trat Till beim Grafen von Anhalt in Dienst. Der Graf hatte damals viele seiner Ritter und deren Knechte im Bernburger Schloß versammelt, um die Bauern, die vor den Stadtmauern ihre Felder und Wiesen hatten, gegen die Überfälle der Raubritter zu verteidigen. Das war nötig geworden. Denn die Raubritter brandschatzten die Dörfer und trieben den Bauern das Vieh fort.
    Eulenspiegel wurde auf dem höchsten Turm des Schlosses einquartiert und mußte von dort aus Tag für Tag über das Land schauen. Sobald die Feinde kämen, sollte er auf einer Trompete Alarm blasen.
    In den Schloßhof konnte er übrigens auch hinunter blicken. Da sah er dann immer die Ritter und Knechte an langen Tischen sitzen und ununterbrochen essen und trinken.
    Und vor lauter Essen und Trinken vergaßen der Graf und die anderen, ihrem Turmbläser Essen hinaufzu-schicken. Und obwohl er rief, so laut er konnte, hörten sie ihn nicht. Weil der Turm zu hoch war. Vom Turm herun-terklettern durfte er auch nicht, da er ja dauernd ins Land 33
    schauen mußte. Eines schönen Nachmittags sah er die Raubritter zu Pferde dahersprengen. Sie trieben die Viehherden vor der Stadt zusammen, steckten ein paar Scheunen in Brand und benahmen sich überhaupt sehr unfein. Eulenspiegel lag im Fenster und schaute ihnen gemütlich zu. Doch die Trompete ließ er ruhig an der Wand hängen. Endlich kam einer der Bauern ins Schloß gerannt und erzählte dem Grafen von dem Überfall. Die Ritter holten hastig ihre Pferde aus dem Stall und jagten wie der Wind aus dem Stadttor. Doch die Feinde waren samt dem gestohlenen Vieh schon über alle Berge.

    Als der Graf ins Schloß zurückkam, war er sehr wütend. Er kletterte in voller Rüstung auf den Turm hinauf und sagte: „Warum, zum Donnerwetter, hast du nicht geblasen, als du die Feinde kommen sahst?“
    „Und warum“, fragte Eulenspiegel, „habt Ihr mir nichts zu essen heraufgeschickt? Bevor man nicht gegessen hat, kann man nicht Trompete blasen.“
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    Ein andres Mal hatte der Graf einen Ausfall aus der Stadt gemacht und den Feinden ihr Vieh fortgetrieben. Das Vieh war ins Schloß gebracht und dutzendweise am Spieß gebraten worden.
    Und nun saßen wieder alle im Schloßhof drunten und aßen wie die Scheunendrescher. Till roch den Braten oben im Turm. Aber man vergaß den Wächter wieder einmal. Da nahm er kurz entschlossen die Trompete von der Wand, steckte sie durchs Fenster und blies Alarm.
    Der Graf und die Ritter ließen das Essen stehen und liegen, zogen ihre Panzer an und galoppierten zur Stadt hinaus. Kaum waren sie fort, rannte Till vom Turm, belud sich mit Kalbs- und Schweinebraten und anderen Eßwaren, kletterte wieder auf den Turm und aß, bis ihm die Hose nicht mehr paßte. Als der Graf zurückkehrte, war er wieder sehr wütend. Er stieg auf den Turm hinauf und sagte: „Bei dir ist wohl eine Schraube locker? Was fällt dir denn ein, Alarm zu blasen, wenn keine Feinde zu sehen sind? He?“
    „Das macht der Hunger“, erwiderte Till. „Da phanta-siert man wie im
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