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Tierische und andere Offerten

Tierische und andere Offerten

Titel: Tierische und andere Offerten
Autoren: Rainer Stecher , andere
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Schublade. Typisch Weib, würde mein werter Gatte wieder lästern. Der müsste bald heimkommen, ist mit dem Junior angeln.
    Mal sehen, was da am Himmel herumschwirrt. Größer als eine Krähe, blaues und gelbes Gefieder, der Hakenschnabel ... ein Papagei! Ein Ara! Ja, wo leben wir denn? Ein Amazonaspapagei am Berliner Himmel?
    Die Tür ...
    Mein Mann und der Junior kommen nach Hause.
    Na, die werden staunen. So ein dummes Gesicht macht mein Gatte nicht oft.
    Der Vogel hat sich mittlerweile auf den Baum in der Nähe unseres Balkons niedergelassen. Hingebungsvoll zupft er an seinem Gefieder. So selbstvergessen, dass ihm die Katze entgeht, die sich leise von Ast zu Ast heranpirscht. Ich habe sie gesehen und mache einen Höllenlärm. Meine Männer unterstützen mich dabei. Verwundert äugt der Ara zu uns herüber. Merkt denn der dumme Kerl nichts? Die Katze ist dicht an ihm dran. Von wegen. Blitzschnell hackt der Papagei seinen großen Schnabel in das Fell des Räubers. Die Katze lässt kreischend den Ast los und rauscht durch das Blättermeer des Baumes nach unten.
    Lauter Beifall – von uns und den Nachbarn.
    Trotzdem kann es so nicht bleiben. Bald ist die Nacht da. Jetzt muss der Freund und Helfer her.
    Ich rufe die Polizei an.
    Erstaunlicherweise trifft schon kurze Zeit später ein Funkwagen ein. Und die Beamten schauen genauso ratlos wie wir auf den exotischen Vogel.
     
    Was ist zu tun? Ein Dieb ist das wahrlich nicht, den es hier zu fangen gilt. Sollen die Polizisten ihre Kollegen von der Feuerwehr rufen, die können wenigstens mit einer langen Leiter auf den Baum klettern und den Vogel herunterholen. Der aber könnte kurz vor dem Zugriff wegfliegen, und wem wäre damit geholfen?
    Mir kommen erhebliche Zweifel, ob es richtig war, die Polizei zu rufen. Irgendetwas muss geschehen, denn es ist schon ziemlich dunkel.
    Da kommt mir plötzlich ein rettender Gedanke.
    Mein lieber Mann hatte mir vor nicht allzu langer Zeit eine sogenannte Entspannungs-CD geschenkt, auf der unter anderem auch Vogelstimmen aus dem Regenwald zu hören sind. Er wollte mir wohl aus Kostengründen den Südseeurlaub in unser Wohn- oder besser gesagt Badezimmer holen. Das wäre doch jetzt eine Möglichkeit, unserem Papagei seine exotische Heimat vorzugaukeln. Vielleicht hilft es, ihn auf unseren Balkon zu locken.
    Schnell lege ich die CD in den Player ein, drehe die Lautstärke hoch und schon bald überflutet fröhliches Vogelgezwitscher unser Wohnzimmer und die Straße.
    Erschrocken schauen nicht nur die Polizisten zu uns hoch, auch der Papagei auf dem Baum wird hellhörig. Auf alle Fälle wendet er sein Köpfchen in unsere Richtung und ich glaube, ein Aufleuchten in seinen Augen zu sehen.
    Erinnert er sich an seine Heimat, an seine ursprünglichen Wurzeln? Wir alle haben doch unsere Erinnerungen, die wir mit Gerüchen, Bildern oder Stimmen aus unserer Kindheit verbinden. Weshalb sollte das bei Papageien anders sein? Doch unser Vogel sitzt nach wie vor auf seinem Baum und denkt gar nicht daran, sich locken zu lassen.
    Lange Zeit passiert nichts.
    Dann setzt er plötzlich zum Flug an und flattert tatsächlich in unser Wohnzimmer, immer den Stimmen seiner Artgenossen folgend. Er setzt sich auf den CD-Player, hält sein bunt gefiedertes Köpfchen schief und äugt neugierig zum Lautsprecher.
    Reingelegt! – Unser ausgerissener Vogel war eingefangen. Also schnell die Balkontür schließen. Wir nehmen gerade noch den Beifall der Polizisten und Bewohner auf der Straße wahr, dann ist es still. Der Papagei aber beginnt fröhlich zu plaudern.
    »Klarastraße sechs, Klarastraße sechs!«
    Das ist wohl die Adresse seiner Besitzerin, die ihn dann auch kurze Zeit später glücklich in ihre Arme schließt. Ich aber bin froh, dass alles so gut ausgegangen ist, auch wenn sich mein schlechtes Gewissen ein bisschen regt, dass ich unseren Papagei so arglistig getäuscht habe.
     
    Monika Gründig
    Frank Gründig
    Marianne Marquardt

Rufus
     
    »Maximilian!«, rief eine Frauenstimme in der Ferne. »Maximilian, hörst du denn nicht? Das Abendessen ist fertig. Bitte komm essen!« Maximilians Mutter stand in der Zimmertür und deutete mit dem Finger den Flur hinunter, an dessen Ende sich das Esszimmer befand.
    Max hatte sie tatsächlich nicht gehört. Er stand auf seiner blauen Spielkiste, die er vor das Fenster geschoben hatte, und schaute hinaus. Das tat er oft, er beobachtete seine Umwelt ganz genau, die Menschen, die Tiere und Bäume. Eben noch war der Ball
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