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Tier zuliebe

Titel: Tier zuliebe
Autoren: Birgit Klaus
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sehe ich vor mir, wie es sich mühsam umdrehte und mich Hilfe suchend, flehend anmiaute. Wie zum zweiten Mal ein Auto drüber donnerte und das Tier leblos liegen blieb. Wie hilflos ich mich gefühlt habe. Doch allmählich drängt sich ein anderer Gedanke zwischen diese Szenen: So wie das Kätzchen leiden andere Tiere Tag für Tag. Rinder, Schweine, Hühner. Nicht weil Autos sie versehentlich überfahren, sondern weil Menschen sie halten, um sie zu töten.
    All die Gedanken, ob ich aus meiner Verantwortung für die Umwelt heraus Vegetarierin werden sollte, stehen nun als Motivation nur noch an zweiter Stelle, denn das Projekt »fleischlos leben« hat ein Gesicht bekommen. Ein Tier, dessen Leiden ich mit ansehen musste, steht stellvertretend für die vielen, die im Verborgenen leiden. Es ist der Moment, an dem ich mir vornehme, fortan mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und Argumente für und Informationen über Vegetarismus zu sammeln, mit dem Ziel: aus Einsicht eines Tages ohne Mühe auf Fleisch verzichten zu können. Die Ergebnisse meiner Recherchen überraschen mich nicht wirklich, vieles ist einem ja in irgendeinem Hinterstübchen schon bewusst, aber wenn ich einen unverklärten Blick auf die Fakten werfe, wird mir klar: Ich muss Konsequenzen aus meinem Wissen ziehen.

Im Schlachthof
    Gerechter Gott! Aus wie vielen Marterstunden der Tiere lötet der Mensch eine einzige Festminute für seine Zunge zusammen!
    (Jean Paul)
    Sie kreischen in Panik und vor Schmerz. Eigentlich werden Schweine vor der Schlachtung entweder mit Kohlendioxid oder der Elektrozange betäubt, aber beide Methoden können nicht gewährleisten, dass die Tiere auch wirklich das Bewusstsein verlieren. Bei der Betäubung mit CO 2 kommt hinzu, dass die Tiere für 10 bis 20 Sekunden unter Erstickungsängsten leiden, bevor die Wirkung des Gases einsetzt. Als Nächstes landen die Tiere auf einem Förderband, an dem der sogenannte »Stecher« auf sie wartet. Der soll das Tier vor dem anschließenden Verbrühen ausbluten lassen. Jedem Schwein bleiben bei der durchschnittlichen Taktung zwei Sekunden zum Sterben. Der Haken dabei ist, der Stecher trifft bei dem hohen Schlachttempo (in den hochindustrialisierten Schlachthöfen 1500 Schweine pro Stunde) nicht immer die großen Gefäße des Tieres. Diejenigen, die deshalb nicht rechtzeitig ausbluten oder gar von dem Stecher übersehen werden, kommen wieder zu Bewusstsein – wenn sie es überhaupt verloren haben – und werden bei lebendigem Leibe verbrüht.
    Das passiert bei einem Prozent der Schweine, durchschnittlich bei 15 Schweinen pro Stunde, schätzt Klaus Tröger. Er ist Tierarzt und Leiter des bundeseigenen Instituts für »Sicherheit und Qualität bei Fleisch« in Kulmbach und beklagt, dass es keinerlei Kontrollsystem gibt, das meldet, wenn die Tötungsstrategie versagt hat, um lebende Tiere vor dem Verbrühen zu schützen. So werden in Deutschland rein rechnerisch jährlich über 500 000 Tiere bei der Schlachtung unnötig gequält. Bei Rindern verläuft die Tötungsmaschinerie übrigens nicht besser. Bei ihnen wird seit Jahrzehnten per Bolzenschuss getötet, der aber zu oft sein Ziel verfehlt, da ein Rinderhirn gerade mal apfelsinengroß ist. Der Todesschuss geht bei bis zu 7 Prozent der Tiere vorbei und rund 200 000 Rinder sterben jährlich eben nicht den sogenannten »Gnadentod«.
    Und wie sieht es aus bei den Hühnern? Gezüchtet werden nur noch Hochleistungsrassen: Legehennen oder Masthühner. Bei den Hühnern herrscht die höchste Industrialisierung in der Tierzucht überhaupt. Sie stammen aus den Labors einiger weniger weltweit operierender Zuchtfirmen. Nur zwei große Firmen beherrschen fast den gesamten weltweiten Markt der Hybridtiere – das sind die Legehennen, die zwischen 280 und 310 Eier pro Jahr legen können, und die Masthühner, die zehnmal mehr Brustfleisch bei halb so viel Futter ansetzen als normale Hühner. Die Zeiten, in denen »normale« Hennen die Eier lieferten und die Hähne das Fleisch, sind längst vorbei. Diese »Zweinutzungshuhn« oder »Zwiehuhn« genannten Tiere sind heute unwirtschaftlich.
    Für den bundesdeutschen Konsum werden 60 bis 70 Millionen speziell gezüchtete Hochleistungslegehennen benötigt, da wir Deutsche im Jahr durchschnittlich mehr als 200 Eier pro Person verzehren – gerechnet werden hierbei nicht nur die Frühstückseier, sondern auch die vielen Eier, die sich als Zutat in anderen Lebensmitteln verstecken, in Nudeln, Knödelteig, Fertigsuppen
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