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Tiefseeperle

Tiefseeperle

Titel: Tiefseeperle
Autoren: Tabea S. Mainberg
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einen alten Freund, Adel verpflichtete.
     
    Sie schaute auf die Uhr, als sie einen Gong ertönen hörte. Ein Zeichen, dass sich die Gäste in der Eingangshalle versammeln sollten.
    „Ohh Herrin, wie göttlich Sie wieder aussehen“, wisperte ihr Sklave, als sie vor ihn trat. „Schweig!“, sagte sie nur. Sie hatte keine Lust auf Konversation.
    Sie legte ihm ein Halsband mit Leine an, prüfte mit einem zielsicheren Griff, ob er seine Hoden bereits abgebunden hatte und zog ihn aus dem Käfig hervor. Sie wunderte sich immer wieder, wie ein alter Mann eine solche Erektion haben konnte. Nahm er etwa Viagra? Sie musste dies in Erfahrung bringen.
    Langsam schritt Victoria im Pulk der anderen Gäste zum Entree. Von Hohenstein quälte sich auf seinen alten Knochen wie ein reumütiger Hund hinter ihr her, doch es war sein ausdrücklicher Wunsch, so an der Leine geführt zu werden.
    Wispernd und flüsternd stand die Gesellschaft nun im Eingangsbereich. Alle trugen sie mehr oder weniger fantasievolle Masken, denn die Gesichter waren das, was hier geheim blieb. Sonst gab es keine Körperteile, die dem Gegenüber verborgen blieben. Es waren schöne und auch weniger schöne Körper, große oder auch kleine Personen, die sich hier in frivoler Art präsentierten; ungezwungen, unter sich, nur mit dem Ziel, ihrer außergewöhnlichen Lust zu frönen.
    Dann trat ein stattlicher Mann in einem schwarzen Smoking im Stil der 20er Jahre und einem weiten Umhang auf die Empore. Es wurde still. Sein Gesicht war mit einer Art Porzellanmaske bedeckt. Dies gab seinem ganzen Erscheinungsbild etwas fast Unheimliches, denn die Maske war weiß, so stachen seine dunklen Augen noch viel intensiver hervor.
    Victoria Du Mont bekam wieder eine Gänsehaut, als sie ihn sah. Der Graf faszinierte sie. Das Geheimnisvolle machte ihn sexy.
    „Guten Abend, liebe Freunde der frivolen Lust!“, begrüßte er seine Gäste. Seine Stimme klang, obwohl sicherlich durch die Maske verändert, dunkel und kräftig.
    „Ich freue mich, dass Sie heute Abend wieder den Weg in dieses Haus gefunden haben. Wie immer wird uns ein Abend voller feuchter Begierde und hemmungsloser Spiele erwarten.“
    Er machte eine kurze Pause, da einige der Anwesenden applaudierten.
    „Ich freue mich auch, und das ist sicherlich etwas ganz Besonderes …“, er machte wieder eine kurze Pause. Der Mann wusste, wie man sich in Szene setzte, dachte Victoria, denn auch sie hörte gespannt zu.
    „ … dass diese bizarren Treffen in ihrer gegenwärtigen Form heute auf den Tag genau vier Jahre stattfinden!“
    Eine weitere Applaussalve folgte. Der Graf hob kurz die Hand.
    „… das habe ich aber Ihnen, meine lieben Freunde, zu verdanken … insbesondere auch dadurch, dass Sie alle unseren Ehrenkodex eingehalten haben …“
    Wieder machte er eine gewichtige Pause.
    „Nur so konnten wir den elitären Kreis erhalten, den wir alle so sehr schätzen.
    “Zustimmendes Gemurmel.
    „So, nun hebe ich mein Glas auf Sie und auf die frivole Lust! Zum Wohl!“
    Dass er seine Gäste siezte, sollte den vornehmen und damit doch wieder absurden Charakter dieser Zusammenkunft unterstreichen. Victoria harrte noch einen Moment aus, während sich das Entree langsam leerte. Die Spielenden suchten sich ihre Räume, Plätze, Orte.
    Von Hohenstein kniete leicht zitternd neben ihr, und auf seinem Rücken hatten sich viele Schweißperlen gebildet. Der Graf kam nun die Treppe herunter. Sein Gang war gerade, sein Schritt sicher. Er wirkte aristokratisch, strahlte Kraft aus. Er trat auf sie zu.
    „Lady Du Mont, wie schön, Sie wieder hier zu haben.“
    Klang in seiner Stimme ein Hauch von Ironie?
    „Die Ehre gebührt mir. Ich bin entzückt, dass Sie mich in Ihre heiligen Hallen gelassen haben.“
    Eine Spitze, die sie sich nicht verkneifen konnte. Für einen Moment trafen sich ihre Blicke. Ein erneuter Schauer durchlief Victorias Körper, denn seine Maske ließ keinen menschlichen Gesichtsausdruck zu und verlieh seinem Antlitz eine absolute Unnahbarkeit. Sie rechnete mit einer Retourkutsche doch er sagte:
    „Ausnahmen bestätigen die Regel.“
    Damit ließ er sie etwas überrascht stehen. Aber es stimmte. Natürlich hatte er sie, als Johannes von Hohenstein mit dieser Bitte vor einigen Monaten auf ihn zugekommen war, überprüfen lassen. Sie präsentierte sich professionell, doch handelte sie mit der nötigen Besonnenheit. Sie sah offensichtlich nicht nur das Geld im Vordergrund, sondern auch die Bedürfnisse ihrer Kunden.
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