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Tiefsee: Reise zu einem unerforschten Planeten

Tiefsee: Reise zu einem unerforschten Planeten

Titel: Tiefsee: Reise zu einem unerforschten Planeten
Autoren: Leo Ochsenbauer
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Oberfläche zu bringen. Zwei Tiefsee-Lotmaschinen, eine aus Frankreich, die andere aus den USA, standen an Achterdeck und Steuerbord bereit. um die exakten Meerestiefen bestmöglich ausloten zu können. Während der ersten Dredschversuche in der Nordsee beobachtete Murray das Wirken der deutschen Forscher, bis er sich schließlich am 3. August im ersten angelaufenen Hafen im schottischen Edingburgh wieder verabschiedete.
    Nach einigen Wochen Fahrt überquerte die Valdivia am 6. September im Golf von Guinea den Äquator. Ein wichtiger Punkt ihrer Reise war erreicht. Hier wurde mit den Schleppnetzen bis in eine Tiefe von 5.000 Meter gearbeitet und die größte vorhandene Tiefe sogar mit 5.695 Meter ausgelotet.

    Über Kamerun, damals nochdeutsche Kolonie, gelangte die Mannschaft entlang der westafrikanischen Küste in den Kongo, das zum damaligen Zeitpunkt von den Belgiern besetzt war. Vorbei an der Küste Angolas reiste die Valdivia nun in den Südatlantik,. Dort machten die Wissenschaftler eine seltsame Entdeckung: Eigentlich sollte die Lotung mindestens 5.000 Meter ergeben, jedoch waren nur 1.000 Meter Tiefe auszumachen. Anfangs wusste man sich keinen Reim darauf zu machen. Heute wissen wir, dass die Forscher an diesem17. Oktober 1898 den Walfischrücken entdeckten, eine Verbindungsbrücke zwischen dem Mittelatlantischen Rücken und dem südlichen Afrika. Diese damals entdeckte Stelle heißt bis heute noch Valdivia-Bank. Während des Dredschens an dieser Bank wurde reiche Beute gemacht: Dutzende Petersfischartige Zenionidae (Macrurocyttidae), hunderte knallrote, bis zu zehn Zentimeter große Krabben (Geryon maritae), sowie etliche unterschiedliche Krebse, Korallen und Seegurken wurden aus Tiefen von bis zu 1.000 Meter an Bord gehievt.
    Die Valdivia umrundete Kapstadt und fuhr Fahrt entlang des Kontinentalschelfs südlich von Kap Agulhas. Dort machten die Zoologen an Bord eine wundersame Entdeckung: während der 29 Dredschzüge in diesem Gebiet wurden Meerestiere gefunden, die normalerweise in antarktischen Gewässern beheimatet waren. Nachdem die Valdivia wieder Kurs auf Kapstadt genommen hatte, ging es in Richtung Süd-Süd-West weiter – in jene Gebiete, die durch die Challenger-Expedition nicht erforscht worden waren. Hier fand man denn auch am 25. November 1898die Bouvetinsel wieder, die zwar schon 1739 von Jean-Baptiste Charles Bouvet de Lozier entdeckt, aber seit 1825 nicht mehr gesichtet worden war. Aus Freude, endlich den genauen Standort der Insel in die Seekarten eintragen zu können, taufte man den nördlichsten Punkt auf den Namen Kap Valdivia und gab dem vergletscherten Plateau im Inselinneren den Namen des deutschen Kaisers: Wilhelm II.
    Im weiteren Verlauf der Fahrt wurde die Antarktis genauer vermessen und Tiefen bis zu 6.000 Meter festgestellt. Die Wissenschaftler unternahmen auch etliche Dredschversuche in den eisigen Gewässern der Antarktis gemacht. Kurz nach dem Jahreswechsel passierte die Valdivia Sumatra und nahm durch Golf von Bengalen weiter Kurs in Richtung Ceylon und die Malediven. Die Forscher konnten auf dieser Fahrt feststellen, dass die Malediven auf einem von Nord nach Süd abfallenden ozeanischen Rücken sitzen, der bis in das Chagos-Archipel reicht. Nachdem die Seychellen passiert waren, ging die Fahrt weiter nach Deutsch-Ostafrika,. Dort gelang es zum ersten Mal, einen lebenden Buckligen Anglerfisch (Melanocetus johnsonii) an Bord zu holen. Diese bis zu 18 cm großen Tiere leben in Tiefen von bis zu 4.500 Metern und waren bis dahin noch nie lebend gefangen worden.

    An Sansibar vorbei steuerte Kapitän Krech die Valdivia nun die afrikanische Küste hinauf. Dann endlinch ging es durch das Rote Meer und den Suez-Kanal wieder in Richtung Heimat. Als die Valdivia 1. Mai 1899 in den Hamburger Hafen einlief wartete bereits ein riesiges Empfangskomitee, um die Wissenschaftler in Empfang zu nehmen. Der Kaiser war zu Recht stolz auf »seine« Expedition. Im Laufe der fast zweijährigen Fahrt hatten die Forscher unzählige neue Tierarten entdeckt, bisher wenig bekannte Gebiete genauestens kartographiert und vermessen und vor allem das Wissen um die Tiefseefauna enorm bereichert. Die Ergebnisse der Weltreise wurden zwischen 1902 und 1940 in 24 Büchern veröffentlicht und in unzähligen populärwissenschaftlichen Reiseberichten niedergeschrieben. Ohne das anfängliche Drängen von Carl Friedrich Chun und dem seemännischen Geschick von Kapitän Adalbert Krech hätte all dies nie stattfinden
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