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Tiefe Wunden

Titel: Tiefe Wunden
Autoren: Nele Neuhaus
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übrigens schon gestanden. Sie hat nicht nur Monika Krämer und Watkowiak, sondern auch Thomas Ritter umgebracht.«
    »Das hat sie einfach so gestanden?« Pia rieb sich die schmerzende Beule an der Schläfe, die der Lauf von Anja Moormanns Automatik hinterlassen hatte, und dachte mit einem Schaudern an die Kälte in den Augen der Frau.
    »Sie war eine der besten Spioninnen der DDR und hat einiges auf dem Kerbholz«, erklärte Bodenstein. »Mit ihrer Aussage hat sie Siegbert Kaltensee schwer belastet. Er war es nämlich, der ihr die Mordaufträge erteilt hat.«
    »Tatsächlich? Ich hätte gewettet, dass Jutta das getan hat.«
    »Jutta war dafür zu schlau. Siegbert hat auch schon alles gestanden. Wir konnten die persönliche Habe von Anita Frings auf dem Mühlenhof sicherstellen, bis auf die Dinge, die man Watkowiak untergejubelt hatte, um ihn mordverdächtig zu machen. Außerdem hat uns Frau Moormann geschildert, wie sie Watkowiak getötet hat. Übrigens in der Küche ihres Hauses.«
    »Mein Gott, was für ein eiskaltes Monster.« Pia wurde bewusst, wie leicht ihre Begegnung mit Anja Moormann auch für sie ein tödliches Ende hätte nehmen können. »Aber wer hat seine Leiche in das Haus gebracht? Das war nämlich ein Dilettant. Hätten sie nicht saubergemacht und ihn oben auf seine Matratze gelegt, wäre ich wahrscheinlich gar nicht misstrauisch geworden.«
    »Das waren Amérys Leute«, erwiderte Bodenstein. »Viel Grips haben die wohl nicht.«
    Pia unterdrückte nur mit Mühe ein Gähnen. Sie sehnte sich nach einer heißen Dusche und vierundzwanzig Stunden ungestörtem Schlaf. »Ich verstehe trotzdem noch immer nicht, wieso Monika Krämer sterben musste.«
    »Ganz einfach: Um Watkowiak noch etwas verdächtiger zu machen. Das Bargeld, das wir bei ihm gefunden haben, stammte aus dem Safe von Anita Frings.«
    »Was ist mit Vera Kaltensee? Siegbert hat doch sicher nur in ihrem Auftrag gehandelt?«
    »Das können wir ihr nicht nachweisen. Und wenn, nützt es ihm nichts. Aber die Staatsanwaltschaft wird den Tod von Eugen Kaltensee neu untersuchen und außerdem wegen Mordes an Danuta Watkowiak gegen Vera Kaltensee ermitteln. Das Mädchen war damals illegal in Deutschland, deshalb hat sie niemand als vermisst gemeldet.«
    » Ob Moormann gewusst hat, was seine Frau so treibt?«, fragte Pia. »Wo war der eigentlich die ganze Zeit?«
    »Seine Frau hatte ihn in dem Kühlhaus eingesperrt, in dem die Kisten gestanden haben«, antwortete Bodenstein. »Er kannte natürlich die Vergangenheit seiner Frau, er war ja selbst auch bei der Stasi. Wie seine Eltern.«
    »Seine Eltern?« Pia rieb sich verwirrt die schmerzende Schläfe.
    »Anita Frings war seine Mutter«, erklärte Bodenstein. »Bei Moormann handelt es sich nämlich um ›Katerchen‹, den Mann, der sie so oft besucht und mit dem Rollstuhl durch die Gegend gefahren hat.«
    »Ach, schau einer an.«
    Eine Weile saßen sie schweigend da.
    »Aber der Spur-Spur-Treffer«, Pia runzelte nachdenklich die Stirn, »die ungeklärten Fälle im Osten. Das war doch eine männliche DNA. Wie kann Anja Moormann das gewesen sein?«
    »Sie ist ein Vollprofi«, entgegnete Bodenstein. »Bei ihren Aufträgen trug sie eine Echthaarperücke und hat mit Absicht an jedem Tatort ein Haar zurückgelassen. Zur Irreführung.«
    »Nicht zu fassen.« Pia schüttelte den Kopf. »Dr. Engel hat sich übrigens bei den polnischen Kollegen ziemlich für mich ins Zeug gelegt. Die waren alles andere als begeistert von unserer eigenmächtigen Aktion.«
    »Ja«, bestätigte Bodenstein. »Sie hat sich sehr fair verhalten. Vielleicht kriegen wir doch eine ganz anständige Chefin.«
    Pia zögerte kurz und sah ihn an. »Und das ... hm ... andere Problem?«
    »Hat sich erledigt«, sagte Bodenstein leichthin. Er erhob sich, ging zu seinem Schrank und holte eine Flasche Cognac und zwei Gläser hervor.
    »Wenn Nowak und Elard Kaltensee von Anfang an ehrlich gewesen wären, hätte es alles nicht so weit kommen müssen.« Pia beobachtete, wie ihr Chef zwei Gläser exakt zwei Fingerbreit mit Cognac füllte. »Aber auf die Idee, dass die beiden ein Liebespaar sind, wäre ich im Leben nicht gekommen. Ich lag mit meinem Verdacht wirklich meilenweit daneben.«
    »Ich auch.« Bodenstein reichte ihr ein Glas.
    »Auf was trinken wir dann?« Pia lächelte schief.
    »Wenn man es genau nimmt, haben wir mindestens ... hm ... fünfzehn Morde aufgeklärt, dazu auch noch die beiden Fälle aus Dessau und Halle. Ich finde, wir waren ziemlich
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