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Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Titel: Thunderhead - Schlucht des Verderbens
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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Menschen aus dem Dorf begannen die Brüder zu meiden, und diese sonderten sich ihrerseits immer weiter von uns ab. Schließlich brachen sie das größte Tabu unseres Stammes und begaben sich in die alten Ruinen, um dort die Rituale zu erlernen, von denen die alten Überlieferungen unseres Stammes nur undeutlich zu berichten wissen.«
    »Und was war mit dem dritten Bruder?«, fragte Smithback dazwischen.
    »Auf den wollte ich gerade zu sprechen kommen. Der dritte Bruder blieb auf der Universität. Er machte seinen Abschluss und kam dann ebenfalls wieder nach Hause. Aber wie die beiden anderen hatte auch er in unserem Dorf keine Chance. Eine seiner Bildung angemessene Arbeit ließ sich hier nicht finden. Im Gegensatz zu seinen Brüdern war er zur Religion der Weißen übergetreten und verachtete den Glauben unseres Stammes, zu dem auch die Angst vor der Geisterkrankheit gehörte. Er hielt uns für abergläubisch und ignorant. Er wusste, dass die Leiche des weißen Mannes noch immer in der Höhle lag, und hielt das für eine Sünde. Deshalb ging er hin, begrub den Toten im Sand und errichtete ein Kreuz über seinem Grab. Und dann nahm er seinen Besitz an sich und steckte den Brief, den er darunter gefunden hatte, in den Briefkasten in der Handelsstation.«
    Beiyoodzin zuckte mit den Achseln. »Niemand kann sagen, weshalb er den Brief aufgegeben hat. Woher sollte er wissen, ob er nach sechzehn Jahren überhaupt noch seinen Adressaten erreichen würde? Vielleicht hat der Bruder es ja getan, um das geschehene Unrecht wieder gutzumachen, vielleicht aber auch aus Verärgerung über unseren vermeintlichen Aberglauben. Möglicherweise hat er damit ja sogar richtig gehandelt, wer weiß? Auf jeden Fall aber haben die beiden anderen Brüder davon erfahren und ihn zur Rede gestellt. Sie warfen ihm vor, das Geheimnis der verborgenen Stadt an die Weißen verraten zu haben. Es kam zu einem entsetzlichen Streit, bei dem die beiden bösen Brüder den dritten töteten.«
    An dieser Stelle brach Beiyoodzin seine Erzählung ab und setzte sein Pferd wieder in Gang. Langsam ritt die kleine Gruppe weiter in den Canon hinein. Als sie um die nächste Biegung kamen, überraschten sie einen Maultierhirsch beim Saufen am Bach. Das Tier hob den Kopf und rannte leichtfüßig davon, wobei es kristallen leuchtende Wasserfontänen aufspritzen ließ.
    »Die beiden Brüder hassten die Welt der Weißen«, fuhr Beiyoodzin schließlich fort, »aber sie verachteten auch das Leben in unserem Dorf. Das Böse war das Einzige, was sie interessierte, und ihm widmeten sie ihr Leben. Nach langer Suche fanden sie schließlich das verborgene Kiva von Quivira, über das es in der Überlieferung unseres Stammes nur düstere Andeutungen gab. Sie brachen seinen Eingang auf, aber nicht, um es seiner Schätze zu berauben, sondern wegen des Leichenpulvers, das sie zum geheimen Instrument ihrer Rache machten. Mit seiner Hilfe wollten sie Angst und Schrecken verbreiten und die Macht erlangen, nach der sie ihr ganzes Leben lang gestrebt hatten. Nachdem sie das Pulver herausgeholt hatten, verschlossen sie das Kiva wieder sorgfältig auf die ursprüngliche Art und Weise.« Beiyoodzin schüttelte den Kopf. »Sie wollten das Geheimnis des Kivas - und das der verbotenen Stadt - um jeden Preis bewahren. Durch ihre grässlichen Rituale waren sie immer mehr zu Hexern geworden, die in der Sprache meines Volkes Eskizzi heißen. Die Ermordung ihres Bruders vervollständigte diesen Prozess, denn in unserem Glauben wird man erst dann zu einem richtigen Skinwalker,
    wenn man einen Menschen getötet hat, den man liebt.«
    »Glauben Sie denn, dass die beiden wirklich übernatürliche Kräfte hatten?«, wollte Skip wissen.
    Beiyoodzin lächelte ihn an. »Ich höre den Zweifel in Ihrer Stimme. Es stimmt, dass die verbotenen Wurzeln, die sie gekaut haben, ihnen enorme Kraft und Schnelligkeit verliehen und sie unempfindlich gegen Schmerz machten - selbst wenn dieser von einer Schusswunde stammte. Aber es ist mir schon klar, dass für euch Weiße Hexer ins Reich des Aberglaubens gehören.« Er sah Skip durchdringend an. »Dabei bin ich auch in Ihrer Welt schon Hexern begegnet. Sie tragen dort zwar keine Wolfspelze, sondern Nadelstreifenanzüge, und anstatt mit Leichenpulver töten sie mit dem Inhalt ihrer Aktentaschen. Als ich noch ein Junge war, kamen sie und brachten mich fort auf ein Internat, wo man Schläge bekam, wenn man seine eigene Sprache sprach. Später kamen solche Hexer dann zu
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