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Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Titel: Thunderhead - Schlucht des Verderbens
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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Beiyoodzin zu Nora. »Bill kommt nach mir, und den Schluss machen Sie.«
    Er sah sie einen Augenblick lang fragend an, dann drehte er sich um und begann den Pfad hinaufzusteigen. Dabei achtete er darauf, sein Gewicht auf die Seite der Canon-Wand zu verlagern, und legte für einen Mann seines Alters eine erstaunliche Behändigkeit an den Tag. Als Smithback ihm folgte, musste er sich mit einer Hand an der Wand abstützen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Nora, die noch immer nicht fassen konnte, dass er noch am Leben war, ging als Letzte.
    Es war eine mühselige und schmerzhafte Kletterei den ausgesetzten Pfad hinauf, bei der sie ständig darauf achten mussten, nicht auf Moos oder Flechten auszugleiten, die überall auf dem feuchten Felsband wuchsen. Das Brüllen des Wasserfalls drang aus der Tiefe herauf und wurde von den Canon-Wänden so stark zurückgeworfen, dass die Luft von dem Geräusch zu vibrieren schien. Nora sah, dass Smithback sich kaum auf den Beinen halten konnte. Nur mit äußerster Kraftanstrengung gelang es ihm, einen Fuß vor den anderen zu setzen.
    Es dauerte viele qualvolle Minuten, bis sie die Dunstschleier des Wasserfalls hinter sich gelassen hatten. Nun aber verengte sich der Canon, was zur Folge hatte, dass immer weniger Mondlicht einfallen konnte. Ohne zu sehen, wo man hintrat, wurde das Vorwärtskommen jedoch noch schwieriger. In einiger Entfernung konnte Nora undeutlich erkennen, wie der Pfad eine scharfe Kurve machte und hinter einem kleinen, hoch über dem Wasserfall aus der Wand ragenden Felsvorsprung verschwand.
    »Wie geht es dir?«, fragte Nora nach vom zu Smithback, der vor Anstrengung laut keuchte.
    Der Journalist hustete und streckte wortlos den rechten Daumen in die Höhe, um ihr zu signalisieren, dass alles in Ordnung mit ihm sei.
    Auf einmal blieb Beiyoodzin abrupt stehen und hob warnend die Hand.
    »Was ist los?«, fragte Nora, als sie hinter Smithback zum Stehen kam. Das Herz schlug ihr vor Angst bis zum Hals.
    Und dann roch auch sie den süßlichen Duft von Purpurwinden, den ihr die auffrischende Brise an die Nase wehte.
    »Was ist los?«, fragte Smithback.
    »Der Skinwalker. Er folgt uns wohl den Pfad herauf«, sagte Beiyoodzin. Auf einmal konnte Nora in seinem abgezehrten, von unzähligen Falten durchfurchten Gesicht sehen, wie alt er wirklich war. Ohne ein weiteres Wort setzte sich Beiyoodzin wieder in Marsch.
    Nora und Smithback folgten ihm, so rasch sie konnten, den steilen Pfad hinauf. Nora biss sich auf die Lippen, wenn die Schmerzen in ihrem verletzten Bein zu stark wurden. »Schneller«, drängte Beiyoodzin.
    »Er kann nicht...«, begann Nora, doch die Worte blieben ihr im Munde stecken.
    Vor ihnen, direkt an der Kehre des Pfades, war plötzlich eine Gestalt aufgetaucht, die sich dunkel von der violett schimmernden Felswand abhob. Aus dem dichten Pelz, der unten von gestocktem Blut verklebt war, stieg Dampf in die kühle Nachtluft. Die Kreatur schlurfte ein paar Schritte auf sie zu, blieb dann aber stehen. Nora, der vor Angst übel wurde, hörte, wie der Skinwalker unter der blutdurchtränkten Ledermaske keuchend atmete. Trotz der Entfernung meinte sie seine Augen wie kleine rote Stecknadelköpfe funkeln zu sehen. Sie glühten vor Wut, Schmerz und Gemeinheit.
    Plötzlich ging Beiyoodzin auf den Skinwalker zu. Als er kurz vor der Kehre angelangt war, trat er vorsichtig hinaus auf den vorspringenden Felsen. Dort griff er in die Jackentasche und holte seinen Medizinbeutel hervor. Er öffnete ihn und streute, ohne die Blicke von dem Skinwalker zu nehmen, eine dünne, kaum sichtbare Linie aus Blütenpollen und Maismehl auf den schmalen Sims zwischen ihnen. Dabei stimmte er einen leisen Gesang an.
    Mit stummer Furcht beobachtete Nora, wie der Skinwalker einen Schritt auf die Linie zu machte. Beiyoodzin hörte mit seinem Gesang auf und sprach nur ein Wort: »Kishlincbi.«
    Der Skinwalker schien ihm zuzuhören. »Bitte, hör auf«, sagte Beiyoodzin. »Lass es gut sein hier.«
    Der Skinwalker sah ihn an. Beiyoodzin nahm nun eine Adlerfeder aus dem Beutel und hielt sie ihm mit ausgestrecktem Arm entgegen. »Du glaubst, dass das Böse dich stark macht, aber in Wirklichkeit macht es dich schwach. Schwach und hässlich. Wer böse ist, dem fehlt es an Stärke. Ich aber bitte dich jetzt, stark zu sein und mit dem Bösen aufzuhören. Es ist die einzige Möglichkeit, dein Leben zu retten, denn das Böse verzehrt sich am Ende immer selbst.«
    Mit einem wütenden Knurren zog der
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