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Thomas' Entscheidung (Scanguards Vampire - Buch 8)

Thomas' Entscheidung (Scanguards Vampire - Buch 8)

Titel: Thomas' Entscheidung (Scanguards Vampire - Buch 8)
Autoren: Tina Folsom
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den Wohnraum erreichte, der mit einer offenen Küche kombiniert war, fand er ihn leer vor. Er lauschte, hörte jedoch keine Geräusche im Haus. Eddie war noch nicht von der Arbeit zurückgekehrt.
    Enttäuscht blickte er auf die Uhr auf dem Kaminsims. In weniger als einer Stunde würde die Sonne aufgehen und die vom Boden bis zur Decke reichenden Fenster, die eine ganze Wand des großen Raumes dominierten, würden die erwachende Stadt zu seinen Füßen zeigen. Im Augenblick blitzte die Skyline von San Francisco in der Dunkelheit. Allerdings waren die Fenster nicht echt: Sie waren Monitore, die Live-Videos von den Kameras, die außen an seinem Haus montiert waren, abspielten. Eine schöne und realistische Illusion, und die einzige Möglichkeit, wie er tagsüber nach draußen sehen konnte, ohne dass UV-Licht in sein Haus eindrang und ihn verbrannte.
    Trotzdem war es eine Illusion, eine, die ihm half vorzugeben, ein normales Leben zu leben, wenn doch nichts in seinem Leben normal war. Er war ein Vampir. Er war homosexuell. Und er liebte einen Mann, den er kein Recht hatte zu begehren. Und unter all dem schlummerte seine dunkle Macht, die jeden Moment zu erwachen drohte, wenn er das Tier nicht in Schach hielt. Es war eine Aufgabe, die mit jedem Jahr schwieriger wurde, fast so, als wäre er ein schlafender Vulkan und die Macht in ihm das Magma, das sich bildete, bis der Druck zu stark wurde und es an die Oberfläche schießen musste.
    Thomas öffnete den Kühlschrank und holte eine Flasche Blut heraus. Langsam drehte er den Deckel herunter und setzte die Flasche an seine Lippen. Er trank die kalte Flüssigkeit und ließ sie seine trockene Kehle ummanteln. Mit geschlossenen Augen erlaubte er, seinem Herzen Bilder hervorzuzaubern, die seinen Puls zum Rasen brachten und seinen Schwanz anschwellen ließen. Seine Reißzähne verlängerten sich unwillkürlich, als die Bilder intensiver wurden und sich in einer einzigen Fantasie vereinten: Eddie lag unter ihm, sein Kopf zur Seite geneigt, und bot ihm seine Ader für einen Biss an. Und weiter unten pochten im gleichen Rhythmus zwei Schwänze, die sich in begieriger Erwartung darauf, was als Nächstes passieren würde, aneinander rieben.
    Er schüttelte den Gedanken ab – es würde nie passieren, und er wäre besser dran, wenn er aufhörte, darüber zu fantasieren. Es machte das Verlangen nur noch schlimmer. Frustration heulte durch ihn hindurch.
    Thomas schluckte den Rest des Blutes hinunter und warf die Flasche in den Abfalleimer, wo sie gegen die anderen leeren Flaschen klirrte und ihn daran erinnerte, dass er das Leergut bald entsorgen musste. Dann ging er zu der großen Ledercouch, ließ sich darauf fallen und schnappte sich die Fernbedienung vom Wohnzimmertisch. Er richtete sie auf den Flachbild-Fernseher und schaltete ihn an, als er plötzlich aus seinem Augenwinkel etwas wahrnahm. Sein Kopf wirbelte in Richtung der Eingangstür, die er nur selten verwendete, da er sein Haus fast immer durch die Garage betrat.
    Seine Vampirsehkraft fokussierte sich auf ein Objekt, das unter der Tür durchgeschoben worden war: Ein weißer Umschlag lag auf dem dunklen Holzfußboden.
    Er erhob sich in einer fließenden Bewegung, näherte sich der Tür und schnupperte daran, aber wer auch immer den Umschlag durch den Spalt geschoben hatte, war schon lange weg. Kein Geruch war mehr wahrzunehmen. Thomas bückte sich und hob den Umschlag auf, prüfte ihn auf allen Seiten. Er war nicht adressiert.
    Neugierig riss er ihn auf und entnahm ein einziges Blatt Papier. Nur ein paar Worte waren in einer gepflegten, aber altmodischen Handschrift darauf geschrieben: Du kannst dich nicht ewig verstecken. Eines Tages wirst du zugeben müssen, wer du bist.
    Der Brief war nicht unterschrieben.
    Das Papier entglitt seinen bebenden Händen. Sie hatten ihn schließlich gefunden. Wie, das wusste er nicht. Er hatte seinen Nachnamen sowie seine Identität geändert, und war sogar in ein anderes Land umgezogen, immer darauf bedacht, keine Spuren zu hinterlassen. Doch selbst er konnte sich nicht ewig verstecken. Er hatte immer gewusst, dass dies eines Tages passieren würde. Aber es war zu früh. Er war noch nicht bereit, sich der Wahrheit zu stellen, der Wahrheit über das, was er war, was er immer sein würde, egal wie lange und wie hart er es bekämpfte.
    Er sank auf die Knie und ließ seinen Kopf in seine Handflächen sinken. Wie lange hatte er noch, bis sie ihn holten? Und wenn sie ihn erst einmal hatten, würde er
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