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Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)

Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)

Titel: Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)
Autoren: Dani Aquitaine
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sollte.“
    „Logo. Und wenn du mal ein bisschen Stoff brauchst, lass es mich wissen. Du siehst so aus, als könntest du ihn brauchen.“
    „Was meinst du damit?“
    „Hast du in letzter Zeit mal in den Spiegel gesehen?“
    Nein. Wieso auch. Ich wusste ohnehin, dass ich nie wieder schön sein würde. Selbst, wenn ich beim Zähneputzen einen Spiegel vor mir hatte, sah ich einfach durch mich hindurch. Kurz zog ich es tatsächlich in Erwägung, auf Kalas Vorschlag einzugehen. Nach dem Genuss ihres Haschkuchens hatte ich nicht nur einen maroden Ahornbaum erklettert, sondern auch vergessen, dass, wann, wie und vor allem warum ich das getan hatte. Und vergessen klang im Augenblick unwahrscheinlich attraktiv.
    Aber Polly wäre sauer gewesen – und das wäre das Letzte gewesen, was ich momentan brauchen konnte. Also lehnte ich ab. Behielt die Option jedoch im Hinterkopf.
     
    Die Zeit verging. Sie zog sich nicht, sie raste nicht dahin. Genau wie ich hielt sie sich strikt an die Regeln. Keine Minute war länger als die andere.
    Ich arbeitete bis zum Umfallen und trug dazu bei, die Lagerhallen langsam, aber sicher wieder zu füllen, deren Bestände dem Brand vor der großen Schlacht zum Opfer gefallen waren. Ich trainierte hart, besiegte Andromache im Schwertkampf, schlug Magena im Bogenschießen und schickte Tianyu auf die Matte, die um einiges umgänglicher geworden war, seit ich ihrer Meinung nach per Levitation aus dem Tempel entschwebt war. Ich siegte, weil ich vollkommen fokussiert auf das Gegenwärtige war, nichts lenkte mich ab, nicht die Vergangenheit und nicht die Zukunft.
    All das tat ich, weil ich es als meine Pflicht ansah. Doch es wäre nicht leichter gewesen, wenn ich mich ins Zimmer eingesperrt und in meinem Bett verkrochen hätte, denn dort wäre ich meinen Gedanken schutzlos ausgeliefert gewesen. Auch meine Streifzüge durch die Natur nahm ich aus diesem Grunde nicht wieder auf. Ich wusste sowieso, dass ich die Verbindung verloren hatte – und hatte Angst davor, was ich vorfinden würde, wenn ich sie doch hätte aufspüren können. Stattdessen ließ ich mich allein von meinem Pflichtbewusstsein vorantreiben, begründet auf dem Wunsch, dass es Polly gut gehen sollte. Ich wollte ihr keine weiteren Dramen zumuten.
    Aber Polly ging es nicht gut. Sie sah, was ich nicht sehen wollte, und machte sich Sorgen um mich. Als wir zu zweit meinen neunzehnten Geburtstag bei Rotwein und Salzgebäck begingen, brach es irgendwann aus ihr heraus: „Ich will die alte Ell wieder! Cast off thy mourning! Clasp life and glory! “
    „Welche alte Ell?“, fragte ich unwillig. „Hier bin ich. In Lebensgröße.“
    „Nein. Bist du nicht. Mach mir nichts vor.“
    „Mehr ist nicht zu holen “, erwiderte ich knapp. Es tat mir leid, dass ich sie so abfertigte, aber ich konnte nichts sein, was ich einfach nicht mehr war, auch wenn Polly das bedauern mochte. Ihr zuliebe versuchte ich, mich so fröhlich wie möglich zu geben, aber ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen waren meine Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt.
     
    Du hast dein Herz noch, hatte Louis einmal gesagt.
    Anfangs war ich davon überzeugt gewesen, dass Louis es mit sich genommen hatte und die dumpfe Qual in meinem Inneren nur eine Art Phantomschmerz sei, der mit der Zeit nachlassen würde. Aber der Schmerz blieb, wurde ein Teil von mir, wie ein Symbiont oder ein Parasit, an den man sich mit der Zeit gewöhnt.
    Nein, hatte mein Verstand versetzt, dein Herz schlägt, also ist es noch da.
    Wieso konnte ich dann nicht mit den anderen lachen oder in der Stille weinen? Vielleicht war mein Herz einfach in dem Stadium festgefroren, in dem es sich befunden hatte, als ich mich für Themiskyra und gegen Louis entschieden hatte. Vielleicht war es in einer Hülle aus Eis gefangen, die ihm gerade genug Platz gab, eine angemessene Anzahl von Schlägen pro Minute auszuführen. Nichts kam durch diese Schicht hindurch, nichts heraus, aber auch nichts hinein. Sie schützte mich wie ein Schild. Und das war im Grunde nicht das Schlechteste.
    Dennoch verging kein Tag, an dem ich nicht an Louis dachte. Ich wollte es nicht, doch ihm galt mein erster Gedanke am Morgen und der letzte, bevor ich in den Schlaf fiel.
    „Du hast das Richtige getan“, sagte die Göttin ein ums andere Mal zu mir, in den Zwiegesprächen, die ich dann mit ihr führte. Aber ich wusste, es war nicht die Göttin. Es war nur mein Verstand, der alles daran setzte, mich vor dem Wahnsinn zu bewahren.
     
    Am Tag des
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