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Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)

Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)

Titel: Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)
Autoren: Dani Aquitaine
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Lichterfestes war es so kalt, dass Eisblumen die Fenster verzierten. Es herrschte schon seit zwei Wochen strenger Frost und der Strom, den das Solarfeld in der dunklen Jahreszeit generierte, reichte gerade so, die Kardia einigermaßen warm zu halten, was bedeutete, dass wir aus unseren Fellwesten praktisch nie herauskamen und uns nachts zusätzliche Wolldecken über unsere Federbetten legen mussten. Als sich nach dem Festmahl alle um den großen Kamin im Atrium scharten, setzten Polly und ich uns an den Rand, ganz nah an die Flammen.
    Myrto lief gerade herum und füllte mit einer großen Schöpfkelle die Punschbecher wieder auf, da vernahm ich verwundert, dass Atalante ein weiteres Mal das Wort ergriff und um Ruhe bat. Der offizielle Teil war an sich zu Ende.
    „Ihr Lieben, schenkt mir noch einmal eure Aufmerksamkeit.“
    Ich sah mich nicht um, aber dem veränderten Klang ihrer Stimme entnahm ich, dass sie sich erhoben hatte. Der Lärmpegel senkte sich.
    „Es gibt noch eine Sache, der wir uns heute widmen müssen. Es wäre schon zur letzten Yazaya an der Zeit gewesen, doch die Umstände ließen es nicht zu. Deshalb bin ich nun, ein Jahr später, sehr glücklich darüber, Aella endlich ihr Epor verleihen zu dürfen.“
    Begeisterte Ausrufe wurden laut, doch ich starrte weiter in die Flammen. Ich wollte es nicht. Was sollte ich mit einer Auszeichnung, die ich mir verdient hatte, indem ich einen Menschen umgebracht hatte? Ich brauchte nichts, was mich daran erinnerte. Und meine Tat war sinnlos gewesen; bis ich den Andrakor erwischt hatte, hatte er Mato schon mit Kugeln vollgepumpt gehabt. In diesem Moment konnte ich nicht nachvollziehen, wie es so weit hatte kommen können, welcher Teufel mich geritten hatte, dass ich–
    Polly stieß mir heftig mit dem Ellenbogen in die Rippen und mir fiel auf, dass inzwischen gespannte Stille den Innenhof erfüllte.
    Keine Dramen, erinnerte ich mich. Also stand ich auf und drehte mich langsam zu den erwartungsvollen Gesichtern der Amazonen um.
    „Meine liebe Tochter, viele deiner Schwestern kamen in den letzten Monden mit zahlreichen Vorschlägen für dein Epor auf mich zu.“
    Unsinn, wollte ich sagen. Ich habe es nicht verdient. Behalt es. Aber ein Seitenblick auf meine strahlende Schwester hielt mich davon ab.
    „Es war schwer, aus dieser wahrhaft einfallsreichen Fülle einen geeigneten Beinamen herauszusuchen.“ Aus ihrem Tonfall hörte ich heraus, dass der Ideenreichtum ihre Geduld offenbar auf eine harte Probe gestellt hatte. „Und so hoffe ich, du nimmst es an und trägst es fortan mit Stolz, dein Epor: Mondflüglige.“
    In der ersten Sekunde dachte ich, ich hätte mich verhört. Die zweite erfüllte mich mit einer gewissen Dankbarkeit darüber, dass der Beiname ohne kriegerische Komponente auskam, im Gegensatz zu beispielsweise Stahlgerüstete oder Schlagkräftige . In der dritten sah ich meiner Mutter das erste Mal seit langem ins Gesicht und erkannte in der vierten, dass sie dasselbe dachte wie ich. Wervogel. Schwachsinn. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte ich wahrscheinlich den Namen Weichherzige erhalten – mittlerweile ein Paradoxon sondersgleichen. Ich holte tief Luft und öffnete den Mund, um den Vorschlag schlichtweg abzuschmettern, doch nach der fünften Sekunde des erwartungsvollen Schweigens erhob sich solch frenetischer Jubel, dass ich nicht zu Wort kam. Polly sprang auf die Füße und fiel mir um den Hals, dann Corazon, Victoria, die kleine Grace, Padmini, Paz, Clonie …
    „Akzeptierst du deinen Beinamen?“ Atalante war vor mich getreten und am spöttischen Glitzern in ihren Augen sah ich, dass sie mich durchschaute und genau wusste, wie mir zumute war. Doch ich bemerkte auch den Stolz in ihrem Blick. Früher hätte ich ihn aufgesaugt, jetzt perlte er ab. Dennoch – es war mir unmöglich abzulehnen, wenn ich die begeisterten Amazonen um mich herum nicht vor den Kopf stoßen wollte.
    „Ja. Ich nehme ihn an“, sagte ich knapp.
    Atalante nickte beifällig und setzte sich wieder, während die anderen fortfuhren, ihre Zuneigung mit Umarmungen und Handschlägen zu bekunden, Siiri, Andromache, Jacintha, Phoebe, Irina, die dicke Myrto, Frida, Magena, Tianyu, sogar die Sieggewärtige Areto, meine strenge Tante, der ich immer ein Dorn im Auge gewesen war.
    „Jetzt bist du eine richtige Amazone!“, sagte sie. „Du hast dich wirklich gemacht.“
    Ich habe mich gemacht? „ Ihr habt mich gemacht“, murmelte ich, aber das ging im Trubel unter. Es dauerte
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