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The Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Rache ist nicht genug: Band 3 (German Edition)

The Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Rache ist nicht genug: Band 3 (German Edition)

Titel: The Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Rache ist nicht genug: Band 3 (German Edition)
Autoren: Lisa J. Smith
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rachsüchtigen Bruder.
    In der Ulme hoch über meinem Kopf schrie eine Eule. An meinen Füßen huschte ein Streifenhörnchen vorbei. Mit schlaffen Schultern legte ich das arme Eichhörnchen auf den Boden. In seinem Körper war kaum noch Blut, sodass nichts aus der Wunde austrat und
in seinen Beinen bereits die Totenstarre einsetzte. Ich wischte mir die Reste von Blut und Fell aus dem Gesicht und stapfte tiefer in den Park hinein, allein mit meinen Gedanken, während um mich herum eine Stadt von fast einer Million Leuten summte.
    Seit ich mich zwei Wochen zuvor aus dem Zug gestohlen hatte, schlief ich in einer Art Höhle mitten im Park. Ich markierte jeden einzelnen Tag, der verstrich, auf einer Betonplatte. Davon abgesehen ging jeder Augenblick bedeutungslos und leer in den nächsten über. Neben der Höhle befand sich ein umzäuntes Gelände, auf dem Bauarbeiter die »nützlichen« Überreste eines Dorfs deponiert hatten, das beim Bau des Central Parks niedergerissen worden war, außerdem allerlei architektonischen Krimskrams, der auf seinen Aufbau wartete – gemeißelte Springbrunnen, sockellose Statuen, Oberbalken und sogar Grabsteine.
    Ich schob mich an einem kahlen Ast vorbei – die Novemberkälte hatte fast jeden Baum seiner Blätter beraubt – und schnupperte. Es würde bald regnen. Das sagte mir sowohl meine Erfahrung, die ich während meines Lebens auf unserem Gut gesammelt hatte, als auch die Sinne des Ungeheuers in mir, die mir beständig Tausende von Informationen über die Welt um mich herum vermittelten.
    Dann drehte der Wind und wehte den aufreizend klebrigen Geruch von Rost herüber. Da war er wieder. Dieser schmerzhafte metallische Duft.
    Der Duft von Blut. Menschlichem Blut.
    Ich trat auf die Lichtung, mein Atem ging stoßweise. Der kräftige Geruch von Eisen war allgegenwärtig und erfüllte die Senke mit einem beinahe greifbaren Nebel. Ich suchte das Gebiet mit den Augen ab.
    Dort lag die Höhle, in der ich meine quälenden Nächte verbrachte und mich in Erwartung der Morgendämmerung von einer Seite auf die andere wälzte. Direkt davor befand sich ein Gewirr aus Balken und Türen, die aus abgerissenen Häusern und geschändeten Gräbern stammten. Ein Stück weiter entfernt sah ich die leuchtenden weißen Statuen und Springbrunnen, die überall im Park aufgestellt worden waren.
    Und dann entdeckte ich die Quelle des berauschenden Dufts. Am Fuße der Statue eines Prinzen lag eine junge Frau, deren weißes Ballkleid sich allmählich blutrot färbte.

KAPITEL ZWEI

    Ich spürte die Macht, die knisternd durch die Adern meines Gesichts strömte. Meine Reißzähne traten schnell und gewaltsam hervor und durchstießen schmerzhaft meine Kiefer. Sofort wurde ich wieder zum Jäger: Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und bog die Finger zu Krallen, bereit, damit jemanden zu packen. Während ich mich der jungen Frau näherte, erregten sich all meine Sinne noch mehr – meine Augen waren geweitet, bereit, jeden Schatten wahrzunehmen, die Nasenflügel bebten, bereit, alle Gerüche aufzusaugen. Selbst meine Haut kribbelte, bereit, die geringste Veränderung des Luftstroms einzufangen, der Wärme, der winzigen Pulsschläge, die Leben bedeuteten. Trotz meines Schwurs war mein Körper mehr als bereit, über das weiche, sterbende Fleisch herzufallen und die Essenz des Mädchens aufzulecken.
    Sie war schmal, aber nicht kränklich oder zierlich. Ich schätzte sie auf etwa sechzehn. Ihre Brust zuckte, während sie nach Luft rang. Ihr Haar war dunkel, doch ihre Locken schimmerten golden im Licht des aufgehenden Mondes. Sie hatte seidene Blumen und Bänder im Haar getragen, aber diese hatten sich ebenso wie
ihre Zöpfe gelöst und umgaben ihren Hinterkopf wie Meeresgischt.
    Wo der von weißem Baumwolltüll gebauschte Rock ihres Kleides zerrissen war, schimmerte die scharlachrote Seide ihres Unterrocks hindurch, farblich passend zu dem Blut, das ihr aus der Brust übers Mieder sickerte. Einer ihrer Rehlederhandschuhe war hell, der andere fast schwarz von Blut, als hätte sie versucht, die Blutung zu stillen, bevor sie ohnmächtig geworden war.
    Ihre Augen bewegten sich unter den Lidern und ihre dichten, gebogenen Wimpern zuckten. Diese junge Frau klammerte sich ans Leben, kämpfte mit aller Kraft darum, wach zu bleiben und der Gewalt zu trotzen, die ihr angetan worden war.
    Meine Ohren konnten mühelos ihren Herzschlag ausmachen. Er wurde langsamer, gegen die Stärke und den Willen des Mädchens; zwischen den
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