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The Lost

Titel: The Lost
Autoren: Jack Ketchum
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war, um einiges besser als er. Sie hatte nur Einsen und Zweien gehabt, keine einzige Drei. Nach dem Lesen warf er die Zeugnisse fort. Im selben Karton entdeckte er ihre Geburtsurkunde und ihren Trauschein. Diese beiden Sachen behielt er. Er fand ihr Lieblingslesezeichen, einen fünf Zentimeter breiten, scharlachroten Stoffstreifen mit goldenem Rand. Er nahm sich vor, ihn ab jetzt selbst zu benutzen. Jedes Mal, wenn er ein Buch aufschlug, würde er einen kurzen Blick auf Evelyn erhaschen.
    Am Tag vor seiner Abfahrt, am ersten Dienstag im Mai, war er hinten im Garten und pflanzte zum letzten Mal etwas ein. Er dachte, die neuen Besitzer würden sich über die Blumen freuen. Zinnien, Petunien, Stiefmütterchen, Rittersporn und Bartnelken. Mit den Stiefmütterchen war er ein bisschen spät dran, aber das war ihm schon mal passiert, und sie hatten sich trotzdem prächtig entwickelt. Er krabbelte auf allen vieren durch die fruchtbar riechende Erde neben der Garage, als er hörte, wie ein Auto vorfuhr, und sah, dass es Charlie Schilling war.
    »Hier hinten«, rief er, und Schilling kam zu ihm herüber und schüttelte lachend den Kopf.
    »Du gibst wohl nie Ruhe, was?«, sagte Schilling.
    »Ja. Aber du hast gut reden.«
    Daran, dass er bei dieser Bemerkung nicht zusammenzuckte, konnte man ablesen, was für Fortschritte Schillings innerer Heilungsprozess in den letzten Monaten gemacht hatte.
    »Ich wünschte, du würdest es nicht tun, Ed.«
    »Was? Im Garten arbeiten?«
    »Wegziehen, du Arsch. Was soll ich denn während der Happy Hour im Panik’s machen, ohne dein dummes Gesicht neben mir?«
    »Dasselbe wie immer. Cola mit einer Zitronenscheibe.«
    Er bückte sich und klopfte behutsam die Erde fest, so wie Evelyn es ihm beigebracht hatte.
    Die Katze, die jetzt Gimp hieß, kam hinter der Garage hervorgetrottet; ihr Körper war leicht nach rechts geneigt, was sich laut Tierarzt wohl auch nicht mehr ändern würde. Sie näherte sich dem Rittersporn, um daran zu knabbern.
    »Denk nicht mal dran«, sagte Ed und bespritzte sie aus der Gießkanne mit etwas Wasser.
    Gimp sprang in die Mitte des Rasens, wo sie in Sicherheit war, setzte sich auf die Hinterbeine und beobachtete ihn.
    »Ganz ehrlich. Es ist wegen Bill und June Richmond, nicht wahr?«
    »Klar, das ist mit ein Grund. In einer Stadt von dieser Größe laufen mir die beiden ständig über den Weg. Vor allem Bill. Ich bin nicht gerade erfreut, wenn das geschieht. Ich muss nicht an die Vergangenheit erinnert werden. Und er auch nicht. Aber weißt du was, Charlie?«
    »Was?«
    Er setzte sich auf und rieb seine Hände an der Khakihose ab.
    »Eigentlich ziehe ich nicht wegen Sallys Eltern fort. Mensch, nicht einmal, weil die ganze Stadt weiß, was passiert ist. Ich glaube, Sally hat mir wirklich beigebracht, mir keine Gedanken wegen so was zu machen. Tatsache ist, ich bin ein verdammter Dinosaurier. Die Stadt wächst mir einfach zu schnell. Zu viele Touristen jeden Sommer, und ständig werden neue Unterkünfte gebaut. Tom’s River ist ein ruhiger kleiner Ort. Ein bisschen Tiefseefischen, viel mehr gibt’s dort nicht. Und da, wo das neue Haus steht, braucht Gimp sich wegen der Autos keine Sorgen zu machen. Hörst du, Gimp? Eine Sorge weniger.«
    Als sie ihren Namen hörte, kam die Katze herüber und lief behutsam über die umgegrabene Erde. Anderson packte sie, hob sie hoch und streichelte ihr den Rücken, tätschelte ihren Kopf und kraulte sie im Nacken, und selbst dort, wo er stand, konnte Schilling ihr wohliges Schnurren hören. Die Katze hatte ein kräftiges Organ.
    »Gimp und ich, wir sind Überlebende. Wir brauchen unsere Ruhe. Mein Cousin ist glücklich da unten an der Küste. Mir wird’s, glaub ich, auch gefallen. Was ist mit dir, alter Kumpel? Betrachtest du dich auch als Überlebenden?«
    Schilling sah ihn an, dann nickte er.
    »Ja, ich glaub schon, Ed. Ich denke, das bin ich.«
    »Gut«, sagte er. »Dann komm uns besuchen. Dort kann man prima angeln.«
    Die Katze blinzelte und kniff die Augen zu.
    Und während die beiden sich weiter unterhielten, streichelte Ed ihr die ganze Zeit das Fell.

DANKSAGUNG
    Mein Dank gilt Neal McPheeters, Charlie Grant, Neil Linden, Robert Murphy und Theo Levine für die Informationen und ganz besonders Marie Jones von der Öffentlichen Bibliothek in Cape May County; der armen Frau habe ich wohl ziemlich zugesetzt. Des Weiteren danke ich den Leuten bei Manhattan Vet für die Katzen-Infos, Paula White für das Lesen und Christopher Golden
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