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The Green Mile

The Green Mile

Titel: The Green Mile
Autoren: Stephen King
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die diesen putzigen Trick mit der Spule beherrschte und anscheinend nach Del gesucht hatte, lange bevor Del aufgetaucht war … lange bevor John Coffey eingetroffen war.
    John rettete auch mich, und Jahre später, als ich im Regen in Alabama stand, umgeben von Leichen und verstreutem Gepäck, und in den Schatten unter der Autobahnbrücke nach einem Mann suchte, der nicht da war, lernte ich eine schreckliche Sache: Manchmal gibt es überhaupt keinen Unterschied zwischen Errettung und Verdammnis.
    Ich fühlte mich von dem einen oder dem anderen durchströmt, als wir zusammen auf seiner Pritsche saßen – am achtzehnten November neunzehnhundertzweiunddreißig. Was auch immer die sonderbare Kraft in ihm war, sie strömte durch die Berührung unserer Hände aus ihm heraus und in mich hinein, in einer Weise, wie es unsere Liebe und Hoffnung und unsere guten Absichten irgendwie niemals können. Ein Gefühl, das als Kribbeln begann und zu einer gewaltigen Woge wurde, eine Kraft, die über alles hinausging, was ich je zuvor erlebt hatte und seither erlebt habe. Seit diesem Tag hatte ich nie eine Lungenentzündung oder eine Grippe, nicht mal eine Halsentzündung. Ich hatte nie wieder einen Harnwegsinfekt oder auch nur eine infizierte Schnittwunde. Ich hatte Erkältungen, aber sie waren selten – alle sechs oder sieben Jahre, und obwohl Leute, die nur selten Erkältungen haben, oftmals dann um so stärkere bekommen, wenn es sie erwischt, war das bei mir nie der Fall. Einmal, früher in diesem schrecklichen Jahr 1956, wurde bei mir ein Gallenstein entfernt. Ich glaube, das habe ich Ihnen erzählt. Vermutlich wird es komisch für einige Leser klingen, aber trotz allem, was ich gesagt habe, freute sich ein Teil von mir über den Schmerz, der einsetzte, als der Gallenstein fort war. Es war der einzige ernsthafte Schmerz, den ich seit diesem Problem mit meinem Wasserwerk gehabt hatte, vierundzwanzig Jahre zuvor. Die Krankheiten, die meine Freunde und gleichaltrige Bekannte befallen hatten, bis keiner von ihnen mehr übrig war – Schlaganfall, Krebs, Herzinfarkt, Leberkrankheiten, Blutkrankheiten -, all diese Krankheiten hatten mich verschont, hatten einen Bogen um mich gemacht, wie man einen Schlenker mit dem Wagen macht, um einem Hirsch oder Waschbär auf der Straße auszuweichen. Bei dem einzigen schweren Unfall, den ich hatte, war ich bis auf den Schnitt an der Hand unversehrt geblieben. 1932 impfte mich John Coffey mit Leben. Setzte mich unter Strom wie jemand auf dem heißen Stuhl, könnte man sagen. Ich werde irgendwann gehen – natürlich werde ich das, jede Illusion von Unsterblichkeit, die ich vielleicht gehabt hatte, war mit Mr. Jingles gestorben -, aber ich werde mich lange vorher nach dem Tod sehnen. Um ehrlich zu sein, ich sehne mich bereits danach und habe mich danach gesehnt, seit Elaine Connelly gestorben ist. Muss ich Ihnen das erst noch sagen?
    Ich schaue mir diese Seiten wieder an, blättere sie mit meinen zitternden, fleckigen Händen durch, und ich frage mich, ob eine Botschaft darin ist wie in diesen Büchern, die aufmuntern und dem Leser weiterhelfen sollen. Ich denke zurück an die Predigten meiner Kindheit, die dröhnenden Versicherungen in der Kirche »Gelobt sei Jesus, allmächtig ist der Herr«, und ich rufe mir in Erinnerung, wie die Prediger zu sagen pflegten, dass Gott auch einen Spatz sieht, dass Er jedes, auch das letzte Seiner Geschöpfe sieht und beobachtet. Wenn ich an Mr. Jingles und die winzigen Holzsplitter denke, die wir in dem Loch im Dachbalken fanden, meine ich, dass es so ist. Doch dieser selbe Gott opferte John Coffey, der auf seine schlichte Art nur versuchte, Gutes zu tun, so grausam, wie ein Prophet des Alten Testaments es mit einem wehrlosen Lamm macht … wie Abraham seinen eigenen Sohn geopfert hätte, wenn es tatsächlich von ihm verlangt worden wäre. Ich denke an Johns Worte, dass Wharton die Detterick-Zwillinge mit ihrer Liebe füreinander tötete und dass es jeden Tag geschah, auf der ganzen Welt. Wenn es geschieht, dann lässt Gott es geschehen, und wenn wir sagen: »Ich verstehe das nicht«, erwidert Gott: »Das ist mir egal.«
    Ich denke daran, dass Mr. Jingles starb, während ich ihm den Rücken zuwandte und meine Aufmerksamkeit einem widerwärtigen, unfreundlichen Mann galt, dessen stärkstes Gefühl anscheinend eine besondere Art von rachsüchtiger Neugier ist. Ich denke an Janice, die in ihren letzten Sekunden zitterte, während ich bei ihr im Regen kniete. Hör auf,
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