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Thanatos

Thanatos

Titel: Thanatos
Autoren: Larissa Ione
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ehe du eine Wächterin in ihrem eigenen Haus beleidigst.«
    Ein schauerliches Lachen erschallte, während Finger schnipsten. Mit einem Schlag erstrahlten sämtliche Lichter des Auditoriums. Ein Vampir stand zusammen mit ihr auf dem Podium – zwei Meter groß, hoch über ihr aufragend, mit blitzenden Fängen versehen und schrecklich untot. Sein Blick wanderte ostentativ zu ihrem Bauch.
    »Es ist keine Beleidigung, wenn man die Wahrheit sagt.«
    Sie ignorierte die Spitze, die sie leider nicht guten Gewissens leugnen konnte. »Wer bist du? Und wie bist du hier reingekommen?«
    Irgendwann musste Regan ihre Hand über das Baby gelegt haben, als könnte sie es so beschützen.
Du Dummkopf.
Das
S’teng
in ihrer anderen Hand würde in dieser Hinsicht weitaus mehr leisten – aber nur, wenn sie es schaffte, dem verdammten Blutsauger den Kopf abzuschlagen.
    Der Vampir bewegte sich so schnell, dass Regan erst merkte, was er getan hatte, als seine Faust seitlich auf ihr Gesicht traf. Schmerz schoss von ihrem Kiefer über den Wangenknochen bis in ihren Schädel hinauf, als sie gegen die Wand geschleudert wurde, wobei ihre linke Schulter die größte Wucht abbekam.
    »Wer ich bin, spielt keine Rolle, wenn ihr erst einmal tot seid, du und der Bastard des Reiters.« Er zischte, und von seinen gewaltigen Fängen troff Speichel wie bei einem tollwütigen Hund.
    Irgendetwas an diesem Vampir war schon sehr … merkwürdig. Sicher, das traf auf die meisten Vampire zu, aber ihr war ein feiner Unterschied zwischen Thanatos’ Tagwandler-Vampiren und den ganz normalen Nachtwandlern aufgefallen. Thans Vampire schienen größer zu sein, vor allem ihre Fänge.
    »Du bist einer von Thanatos’ Dienern, habe ich recht?«
    Er knurrte. »Ich gehöre niemandem. Ich bin keines der zahmen Haustiere des
Bludrexe
.« Wieder stürzte er sich auf sie, aber als sie mit dem
S’teng
zuschlug, verlor sie das Gleichgewicht, sodass sie nur seinen Bizeps streifte.
    Die Hand des Vampirs schoss hervor und packte ihre Kehle. Mit eiskaltem Lächeln drückte er zu und schnürte ihr die Luft ab.
    Panik ergriff sie und drohte sie ebenso zu zerquetschen wie die Finger des Vampirs. Möglicherweise hätte sie eine Chance gehabt, wenn sie nicht im neunten Monat schwanger gewesen wäre, doch auch wenn sie darauf geachtet hatte, in Form zu bleiben, ermüdete sie rasch, und ihr ungleichmäßig verteiltes Gewicht machte sie unbeholfen und schwerfällig.
    So durfte sie nicht sterben. Sie konnte nicht zulassen, dass dieses Baby starb. Aber als ihre Lungen vor Sauerstoffmangel brannten, wusste sie, dass jetzt möglicherweise der Moment gekommen war.
    Sie bemühte sich mit aller Kraft einzuatmen, vielleicht doch noch ein Sauerstoffmolekül zu entdecken, und versenkte sich tief in sich selbst, um die Fähigkeit zu finden, die sie für den größten Teil ihres Lebens fest unter Verschluss gehalten hatte. Die Fähigkeit, die ihr in jener Nacht, in der sie schwanger geworden war, entglitten war.
    Jetzt ist nicht die Zeit, darüber nachzudenken.
    Das Prickeln begann tief in ihrem Bauch. Sie lockte es, als ob es ein verirrtes Kätzchen wäre, rief es herbei, aber es schien zurückzuweichen; aus einem stecknadelkopfgroßen Licht wurde ein mattes Schimmern. Und dann erlosch es mit einem Schlag völlig.
Was zum Teufel –
    »Stirb, Miststück«, zischte ihr der Vampir ins Gesicht.
    Scheiße! Ihre Macht … sie fand keinen Zugang zu ihr. Plötzlich lockerte der Vampir unerklärlicherweise seinen Griff, sodass sie ihre Lungen mit einem Atemzug süßer Luft füllen konnte. Als er lächelte, wusste sie, warum er das getan hatte.
    Um ihren Tod hinauszuzögern.
    »Scheißkerl«, krächzte sie. Sie bearbeitete seine Schultern mit ihren Fingernägeln und trat ihm vors Schienbein, was ihn allerdings nicht im Mindesten beeindruckte. Wieder tastete sie nach ihrer Fähigkeit, die, die ihm die Seele aussaugen würde, aber es war, als ob sie überhaupt nicht existierte.
    Ihr Verstand arbeitete nur noch im Schneckentempo, und ihre Gegenwehr wurde immer schwächer, als der Sauerstoffmangel seinen Tribut forderte. Bilder blitzten vor ihrem geistigen Auge auf, allerdings nicht die, die sie an der Schwelle des Todes erwartet hätte.
    Es war eine Lüge, wenn die Leute behaupteten, man sähe sein ganzes Leben vor sich ablaufen, denn sie sah ausschließlich Thanatos. Sie erinnerte sich daran, wie er aussah, wenn er kam, wie sich sein Körper anspannte und seine Muskeln zuckten. Sie erinnerte sich an den
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