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Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)

Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)

Titel: Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)
Autoren: Urs Bigler
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recht Katzbuckler, herumkriegte, das hatte er im Blut und war ihm wohl schon in seine Fürstenwiege gelegt worden.
    Unterdessen war es dunkel geworden, und nur vom Athanor, aus den Spalten des kleinen, eisernen Türchens, drang ein schwaches, rötlich flackerndes Licht in den Raum.
    Dem Gähnreiz, der ihn plötzlich anfiel, widerstand er nicht und sperrte genüsslich den Mund auf. Jeder Gedanke an längst geschehene Kränkungen schien sich nun zäher und träger durch die Windungen seines Kopfes zu zwängen. Mühsam stemmte er sich nochmals hoch, rutschte dicht an die Rückenlehne, und kurz darauf nickte er ein.
     
    **
     
    Knabenhände fingerten in seinem Gesicht. Er schrak auf.
    Heiliges Strohfeuer, es war dunkel, stockdunkel.
    Er hatte wohl geschlafen.
    Hastig tastete er nach der Funzel.
    Es rumpelte, polterte, als wütete ein Berserker am Türschloss.
    Plötzlich hörte er ein helles Lachen, das bekannte Lachen einer Frau.
    Lena.
    Die Türe flog auf und eine männliche, schlanke und großgewachsene Gestalt trat ein.
    Unmittelbar musste der Abt an Hermes denken, den Boten mit dem Flügelhelm, den Flügelschuhen und dem Heroldsstab. Der hätte wohl denselben Krach verursacht, mit demselben Schwung die Laterne hochgerissen und wäre mit demselben kräftigen Schritt eingetreten.
    «Seid gegrüßt!»
    Ferdinand rief kämpferisch, als begegnete er einem verbündeten Kriegsherrn auf dem Feld, wartete, bis Lena neben ihm stand, und schleuderte übermütig seine Schaube auf die Bettstelle.
    Fahrig drückte der Abt das Kind an sich, kniff wegen des hellen Laternenlichts die Augen zusammen und war für kurze Zeit beinahe blind.
    «Ist er das?», hörte er Lena fragen.
    «Ja», brummte er und blinzelte, um sich an die Helligkeit zu gewöhnen.
    Vorsichtig kam sie näher und legte die rechte Hand auf die Schulter des Buben.
    «Wie heißt du?»
    Der Knabe schien nicht einmal daran zu denken, die Lippen zu bewegen. Stattdessen kullerten Tränen an der kleinen Nase vorbei, und mit einem Ruck wandte er sich von ihr ab.
    «Johannes Arnold Kestner», murmelte der Abt, «geboren anno 1573, vor fünf Jahren, sein Vater war Zimmermann, er war mit der Familie auf der Durchreise, als es geschah.»
    «Johannes Arnold – das klingt steif. Warum nennen wir ihn nicht Arno, das gefällt mir viel besser!»
    Lena sagte es mit warmer Stimme, ging in die Knie und versuchte, ihm in die verdüsterten, verhangenen Augen zu blicken.
    «Was ist denn, hast du uns nichts zu erzählen?»
    Seine übergroßen Augen wurden noch grösser. Und bevor Lena etwas beifügen konnte, verwandelte sich das bleiche breite Gesicht in die Fratze eines hässlichen Kobolds, und ein markdurchdringendes Geschrei hob an.
    Ein wenig hilflos stand der Abt mit ihm auf und trug ihn zur Bettstatt. Schnell und schwach klopfte er ihm auf den Rücken und nahm sich vor, ihn mit einem Lied zu besänftigen. In der Hektik kam ihm keine Melodie in den Sinn, so dass er willkürlich drauflos summte, eine Tonfolge einfach, ähnlich einem gregorianischen Gesang. Dennoch schien sein Summen zu wirken. Bald kamen die Schluchzer nur noch stoßweise, der Knabe wurde ruhig und schlief ein.
    Still war es nun im Waldhaus, als hätte ein Gewittersturm gewütet.
    Der Abt wandte sich um, trat zum Eichentisch und nickte Lena zu.
    «Lasst uns etwas essen!», flüsterte sie, «es ist schon spät!»
    Fast wortlos stellten sie Becher, Brot, Wein und Käse bereit, setzten sich an den Tisch und begannen mit dem Abendmahl.
    Leise zog es sich dahin, mehr als ein gedämpftes «Danke» oder «Könnt-Ihr-mir-den-Wein-Reichen» wollte sich nicht ergeben, Kaugeräusche waren es, die die Ohren füllten, und von Zeit zu Zeit klackte ein Becher oder knackte das Holz im Athanor.
    Der Abt aß bedächtig, doch das Brot, der Käse und der Wein schmeckten nicht und enttäuschten Gaumen und Kehle wie ein fades Einerlei.
    Als er seinen Becher zum dritten Mal vollgeschenkt hatte, sagte er zu Lena:
    «Es ist lieb von Euch, dass Ihr Euch um den Knaben kümmert. Ich werde bestrebt sein, eine dauerhafte Lösung zu finden, denn es ist gewiss nicht Eure Absicht…»
    Er räusperte sich und wandte sich Ferdinand zu. «Es ist gewiss nicht Eure Absicht, Wurzeln zu schlagen hier, in diesem Waldhaus!»
    Er hatte kaum fertig gesprochen, da verwünschte er sein vorschnelles Plappermaul.
    Schon seit Wochen hatte er dieses heikle Gespräch beginnen wollen, aber nicht so direkt und nicht während einer Mahlzeit. Die letzte Bemerkung hatte
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