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Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall

Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall

Titel: Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Er konnte nur hoffen, dass Sutter ihn wiedererkannte und bereit war, überhaupt mit ihm zu reden. Er klopfte und trat ein.
    Gleich hinter der Tür gab es eine Garderobe, kleine abschließbare Spinde und eine weitere Tür zu Waschbecken und Toilette. In dem Raum, der durch ein großes Fenster an der Stirnseite um diese Tageszeit hell und freundlich wirkte, standen drei Betten. Im Fensterbett saß ein junger Mann aufrecht und bemühte sich, mit einem von der Hand bis zur Schulter eingegipsten Arm eine Zeitung zu halten. Im Bett an der Türseite war die Decke zurückgeschlagen, sein Besitzer war unterwegs. Der Mann im dritten Bett schien zu schlafen. Kaltenbach grüßte den Zeitungsleser, der nur kurz von seiner Lektüre aufblickte und sich in seinem einarmigen Kampf mit den großen Blättern nicht weiter ablenken ließ.
    Trotzdem fragte Kaltenbach, indem er auf das zweite Bett deutete: »Schläft er?«
    Der junge Mann zuckte mit den Schultern. Kaltenbach trat an das Bett heran und betrachtete Sutter, der mit geschlossenen Augen auf dem Rücken lag. Der Mullverband ließ nur das Gesicht frei. Zwei frische Nähte über den geschwollenen Lippen und ein voluminöses Pflaster über der linken Wange zeigten Spuren der Gewalt. Der Hals steckte in einer cremefarbigen Krause.
    »Herr Sutter?« Kaltenbach musste es versuchen. Auf die nächsten Minuten würde viel ankommen.
    »Herr Sutter, verstehen Sie mich? Lothar Kaltenbach, ich war am Samstag bei Ihnen im Baumseminar. Wissen Sie noch, der mit dem verstauchten Fuß?«
    Der Liegende öffnete langsam die Augen. Kaltenbach sah, dass ihm die Orientierung schwerfiel.
    »Herr Sutter?«
    Sutter drehte jetzt den Kopf und sah ihn an. Nach einem bangen Moment kam eine überraschende Antwort.
    »Sie sind der Mann, der mich aufs Bett gelegt hat. Sie haben mir geholfen.«
    Kaltenbach war erleichtert. »Wie geht es Ihnen?«
    »Alles tut weh. Am meisten der Kopf.« Sutter sprach langsam. Durch die Binde um den Unterkiefer klangen seine Worte ziemlich verschwommen. »Trotz Tabletten.« Er versuchte die Andeutung eines Lächelns, zuckte aber vor Schmerzen zusammen.
    »Es gibt einen wichtigen Grund, warum ich hier bin. Sie können mir helfen, ein Unglück zu verhindern, vielleicht sogar einen Mord.«
    »Mord?«
    »Erinnern Sie sich, wer Sie niedergeschlagen hat? Gab es einen Kampf?«
    Sutter antwortete nicht sofort. Er drehte den Kopf und sah zur Zimmerdecke.
    »Es ist schade.« Seine Stimme klang leise, aber deutlich vernehmbar. »Sehr schade. Er hätte es weit bringen können. Ich habe ihm vertraut, ich habe ihn gefördert, wo es ging, Stück für Stück habe ich ihn eingeweiht.«
    »Wen? Wer war es?«
    »Gerstner. Mein begabtester Schüler.«
    »Balor?«
    »Er hat seinen Namen verloren. Wer den weißen Pfad verlässt, wird ein Namenloser unter den Geschöpfen Bels.«
    »Und Balor, ich meine Gerstner – hat er sie überfallen? Warum?«
    »Er hat mich betrogen und bestohlen. Doch er wird seiner Strafe nicht entgehen.« Sutter schloss die Augen und atmete heftig. Das Sprechen und die Erinnerung machten ihm sichtlich zu schaffen. Kaltenbach hatte Sorge, dass er in seine eigene Gedankenwelt abglitt. Er musste mehr wissen.
    »Was ist mit der Frau?«
    »Welche Frau?«
    Kaltenbach erschrak. »Luise. Luise Bührer.« Seine Stimme wurde lauter. »Da war eine Frau! Sie müssen sie gesehen haben!«
    Sutter wandte ihm wieder den Kopf zu. »Ich habe keine Frau gesehen. Da war nur Gerstner. Er hat seinen Meister missachtet. Er hat den Weg verlassen.«
    Kaltenbach war wie vor den Kopf gestoßen. Er sah seine Hoffnungen davonstieben wie Blätter im Frühlingssturm.
    »Aber Sie haben sie doch in Emmendingen angerufen. Sie haben sie zu sich bestellt, um ihr etwas Wichtiges zu sagen!«
    »Er hat mich dazu gezwungen. Er hat gedroht, das Haus der Sonne anzuzünden. Mein Lebenswerk!«
    Sutter starrte ausdruckslos in die Luft. Der Zeitungsleser vom Nachbarbett pfiff leise. Als Kaltenbach sich umdrehte, machte er mir seinem gesunden Arm eine Scheibenwischerbewegung vor seinem Gesicht und grinste komplizenhaft.
    Kaltenbach verbarg sein Gesicht in den Händen. Wo war der Ausweg? Vielleicht saß Luise gerade im Keller, als die beiden Männer gestritten hatten. Doch wo war sie jetzt? Wo war Frank Blaschke, den Sutter als Gerstner kannte? Was hatte er vor?
    »Er hat mich gezwungen … « Sutter begann erneut zu sprechen. Seine Stimme klang so dünn, dass Kaltenbach sich weit vorbeugen musste, um ihn zu verstehen.
    »Die
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