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Tessy und die Hörigkeit der Malerin - 1

Tessy und die Hörigkeit der Malerin - 1

Titel: Tessy und die Hörigkeit der Malerin - 1
Autoren: Lara Wolf
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heißt Philipps Freundin – wirkt … hm, eingeschüchtert, unsicher.“ Sie hielt inne und atmete tief aus.
    Tessy runzelte die Stirn. „Um mal auf den Punkt zu kommen, Paula. Wo genau siehst du hier eigentlich Handlungsbedarf?“
    Paula wandte den Kopf und sah sie an. „Ich sage dir beziehungsweise euch – da läuft irgendwas.“
    „Mag sein, aber …“
    Paula hob die Hände. „Ich weiß, ich weiß … Irgendwelche mulmigen Gefühle und verletzter Stolz bieten kaum die Basis für einen Auftrag, den man einer Privatdetektivin erteilt – mal ganz davon abgesehen, dass ich mir so was ohnehin nicht leisten könnte.“
    Tessy nickte zustimmend. Ein wichtiger Aspekt.
    „Aber der Antiquitätenhändler Thomas Gärtner und zwei weitere Kollegen aus Dahlem und Zehlendorf sind ziemlich interessiert daran, dass mal ein Profi die Wege und Geschäfte von Philipp Sommer und Co. ein bisschen näher beleuchtet.“
    „Du hast bereits mit denen gesprochen?“
    Paula zeigte den Ansatz eines Lächelns. „Nun, Gertrud erzählte mir von dir, als wir uns trafen, und ich hab dann noch mal unverbindlich nachgefragt, wie ernst es den Herrschaften damit ist, dem Kollegen Sommer auf den Zahn zu fühlen. Sie haben sich besprochen und mir heute mitgeteilt, dass sie dich kennen lernen möchten.“
    Tessy lehnte sich zurück und sah Gertrud an. Die zog die Schultern hoch. Paula bekam die Geste mit und hob die Hände. „Überleg es dir. Unter Umständen sitzt du viele Tage stundenlang untätig im Auto vor dem Geschäft herum, ohne dass sich irgendwas tut, oder du kurvst quer durch die Stadt, um zu entdecken, dass Simon ein Möbelstück abholt. Nicht gerade eine brenzlige oder aufschlussreiche Situation, aber du kriegst die Zeit bezahlt. Und vielleicht entdeckst du ja doch ein paar Merkwürdigkeiten, die den Auftraggebern zu denken geben.“
    Tessy überlegte. Das Motiv der Antiquitätenhändler schien ihr völlig klar – die wollten die Gelegenheit beim Schopf ergreifen und einen erfolgreichen und vielleicht ein wenig unkonventionell arbeitenden Konkurrenten ausspionieren lassen, um sich mit ihren Läden besser positionieren zu können. Das war üblich – in so gut wie jeder Branche. Sie seufzte innerlich. Das Ganze klang nach einem knochentrockenen Job, aber was hatte sie schließlich erwartet? Dass sie nur noch Jagd auf böse Buben und Mädels machen würde und dabei aufregende Zeiten erlebte? Wohl kaum.
    Tessy nickte. „Okay. Würdest du einen Termin vereinbaren?“
    „Na klar …“ Paulas Handy klingelte. „Entschuldigt bitte … Ja?“ Sekunden später wurde sie kalkweiß. „Ja … oh, mein Gott … Ja, natürlich. Ich beeile mich.“ Sie ließ das Handy sinken und starrte einen Moment ins Leere. „Robin, mein Neffe, ist tot aufgefunden worden.“
    Gertrud beugte sich vor. „Haben sich eure Befürchtungen bestätigt?“
    Paula wandte ihr das Gesicht zu. „Ja. Er hat sich eine Überdosis gespritzt. Die Polizei ermittelt aber noch …“ Sie schluckte schwer. „Entschuldigt, aber ich muss los. Meine Schwester braucht mich jetzt …“
    Tessy beugte sich vor und griff nach ihrer Hand. „Ein guter Freund von mir arbeitet bei der Kripo. Soll ich mal nachhaken?“
    Paula schluckte. „Gerne, gute Idee …“ Sie stand auf und sah Gertrud an, die sich ebenfalls erhob. „Ich melde mich.“
     
    Tessy war davon überzeugt, dass sie nichts mehr von Paula hören würde, zumindest nicht in geschäftlicher Hinsicht, doch sie hatte sich getäuscht. Nicht nur in diesem Punkt. Drei Tage später hatte sie ihren zweiten Auftrag als Privatdetektivin.

4
     
    Charlotte hatte Philipp im vergangenen Herbst bei einem Hoffest in Prenzlauer Berg kennen gelernt, auf dem sie sich als Porträtzeichnerin betätigt hatte. Damals jobbte sie noch als Serviererin, lebte in einer kleinen billigen Wohnung in Kreuzberg und träumte von einer Karriere als Künstlerin.
    Er hatte plötzlich hinter ihr gestanden und die Skizze betrachtet, die sie heimlich von einer dicklichen Frau mit auffallend roter Nase angefertigt hatte. Er war sehr schlank, hatte kurzes dunkles Haar, sein Gesicht war hager und großporig und zu kantig, um schön genannt werden zu können; nachdenklicher Blick, um die Vierzig. Neben ihm stand ein zweiter Mann, der das genaue Gegenstück zu ihm bildete – blond, muskulös, eindringliche, hellblaue Augen, einige Jahre jünger.
    „Wunderbar“, sagte der Hagere schließlich leise. „Sie haben die kleine fette Wichtigtuerin besser
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