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Terry - Geschichten aus dem Leichenhaus

Terry - Geschichten aus dem Leichenhaus

Titel: Terry - Geschichten aus dem Leichenhaus
Autoren: Stephan Peters
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Rabe Nimmermehr auch mein Gefährte sein! Ich kann mir mit dem Kind Luftschlösser bauen. Aber wenn ich anfange, darin zu wohnen, ist die Psychiatrie nicht mehr weit.
    „O, ich sehe, du bist informiert! Tod aber nur im besten Fall, mein Lieber. Im schlechtesten – Wahnsinn.“ Terry verstärkte den Druck auf die Schnalle und stöhnte leise. Ein dicker Schweißfilm lief über ihren Körper.
    Sie lehnte den Kopf an Lars’ Schulter, und er spürte ihren heißen Atem durch den Stoff seines Hemdes hindurch. Der Mond hing über dem Schornstein, als sei er an einem riesigen Holzpfahl angeschlagen.. Ein paar Schweißtropfen fielen von ihrem Haar auf seinen Nacken und bildeten mit seinem ein moosiges Rinnsal. Sie ließ die Schnalle über dem untersten Teil der Jeans kreisen.
    „Komm“, sagte Terry leise. Sie nahm ihn an die Hand und ging mit ihm auf die große Lagerhalle zu. Sie hielt den Cityblaster, den sie vom Bett geholt hatte, immer noch fest umklammert. Es schien, als habe sich damit gleichzeitig das Klima verändert. Der Tag war schwül gewesen, und nun explodierte die Natur im Regen, der sofort auf ihrer Haut verdampfte. Das große Tor der Lagerhalle öffnete sich quietschend, im Innern war es dunkel. Ein paar alte, verrostete Rangierraupen, Sauerstoffflaschen und Paletten wurden vom Mondlicht, das durch das eingefallene Dach schien, notdürftig beleuchtet. Warme Regenfluten schwappten auf den Boden der Halle, an deren Ende sich die dunkle Silhouette des Schornsteins abzeichnete. Es war noch schwüler als draußen. Terrys Wolken aus Schweiß wirkten wie phosphoriziertes Licht, das ihren Körper umgab wie ein Kokon. Wieder lagen Vogelfedern in dicken Knäueln  auf dem Boden. Terry stand vor einer alten Sauerstoffflasche, fast so groß wie sie selbst. Mit der Zunge glitt sie über das Metall und hinterließ eine klebrige Bahn, so  wie die Spur einer Schnecke. Dann stülpte sie ihre Lippen über den Überlaufstutzen und sog daran. Stocksteif stand sie davor. Die kleinen Hände hielten waagerecht die Flasche umspannt, als sei Terry selbst aus Metall. Bewegungslos verharrte sie in dieser Stellung, wie Statuen aus Fleisch und Anorganischem. Ein biomechanoides Mädchen, wie man sie aus Magazinen von H.R. Giger, dem Schöpfer des Alien, her kennt. Terry nuckelte an der Flasche, als würde sie Milch trinken. Lars war fasziniert und abgestoßen zugleich. Speichel tropfte vom Überlaufstutzen auf den Boden.
    „Leg dich neben den Kamin!“, befahl sie. Gehorsam legte er sich auf den Boden in eine Pfütze aus altem Öl, Federn und Regenwasser. Über ihm troffen die Regenfluten durch das löchrige Dach, hinab auf seinen Körper. Terry setzte sich auf ihn und nestelte an seiner Hose herum, sie senkte sich über sein Gesicht und streichelte seine nassen Wangen. Lars’ Hände zuckten erschrocken zurück, als er ihre flache Brust berühren wollte und stattdessen die Formen einer reifen Frau ertastete. Das matte Mondlicht zeigte ihm nur die unscharfen Umrisse eines wesentlich älteren Gesichts, das ihn triumphierend anlächelte. Das Porträt einer schönen Frau. Wie Palmwedel fegten Terrys Haare über seinen Körper. Einmal schienen sie blond zu sein, danach schwarz- oder rothaarig. Terrys Pupillen hatten nicht mehr diesen Silberblick, sondern ähnelte der unpersönlichen Schwärze eines Pumas. Ihr Gesicht war wunderschön, jeder Zentimeter Haut von explodierender Lust. Im Hintergrund der völlig düsteren Halle hing ein überdimensionales schwarzes Spinnennetz. Die glitschigen Fäden schienen in Terrys Rücken zu enden. Und dann schrie er so laut auf, dass sich Terry, oder wer auch immer da über ihm lauerte, die Ohren zuhalten musste. In diesem Netz hingen Leichen in verschiedenen Stadien der Verwesung. Hier ein Skelett, dort ein abgerissener Arm oder ein amputiertes Bein. In den Augenhöhlen der Toten hatten sich Maden Nester gebaut, und ein Sperling flog aus dem weit geöffneten Mund eines Toten. Der Vogel verletzte sich an den noch übrig gebliebenen gelben Zähnen. Terry lachte laut auf und leckte mit ihrer Zunge über Lars’ Gesicht. Die Zunge war unnatürlich lang und porös, so wie ein Schwamm, aus dem klebriger Speichel floss. Sie tippte auf on an ihrem Recorder, über den zwei Ratten huschten, und Tom Jones sang: Sexbomb, sexbomb, you are my sexbomb. Lars schmeckte den bitteren Saft, der zwischen Terrys Lippen herausträufelte. Nun trank er gierig aus ihrem Mund, wobei ihre Hüften kreisten und Lars mit den Fäusten
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