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Terra Madre

Terra Madre

Titel: Terra Madre
Autoren: Carlo Petrini
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die gleiche Ebene zu stellen. Fast 9.000 Personen kamen nach Turin, dieses Mal ins Oval und wieder zeitgleich mit dem Salone del Gusto. Die Plenarversammlung zur Eröffnung fand in Anwesenheit des italienischen Präsidenten Giorgio Napolitano statt. Das Netzwerk weitete sich aus, wurde von den Medien mehr beachtet und daher in seiner Bedeutung von der Öffentlichkeit auch besser wahrgenommen.
    Zu den Bauern, Köchen und Wissenschaftlern stießen beim Treffen im Jahr 2008 weitere Vertreter aus der Welt der Lebensmittel: die ländlichen Musikanten, die Träger jener mündlich und musikalisch überlieferten Traditionen, die seit jeher die Arbeit, die Jahreszeiten, die Übergangsriten und die Geselligkeit begleiten. Auch die Musik gehört zur Welt der Lebensmittel, ist Teil der bäuerlichen Kultur und Ausdruck der unterschiedlichen Identitäten, die bewahrt werden müssen. Wir luden die Bündnisse ein, ihre jungen Leute mitzubringen, um die Hoffnung in die Zukunft des Planeten zu stärken. Denn diese jungen Menschen übernehmen eine riesige Verantwortung: Sie halten das überlieferte Wissen ihrer Vorfahren lebendig und müssen in Zukunft Sorge für den Boden ihrer Ahnen tragen. Wir öffneten die Veranstaltung auch für die Erzeuger von Naturfasern, die auf dem Land Seite an Seite mit den Lebensmittelproduzenten arbeiten und die sehr ähnliche Probleme haben. Auch sie kämpfen gegen die Bodenerosion, gegen die Konkurrenz der Industrieprodukte und synthetischen Fasern, gegen die Bedrohung der Biodiversität und gegen ungerechte Marktgesetze.
    Heute, nach dem dritten Treffen, besteht das Netzwerk von Terra Madre aus etwa 1.600 Gemeinschaften aus 153 Ländern der Erde. Tausende junger Bauern haben sich dem Youth Food Movement angeschlossen, einer in den amerikanischen Universitäten entstandenen, aus Slow Food hervorgegangenen Bewegung, die sich international ausgebreitet hat. Sie streben eine bessere Qualität des Essens in den Mensen an, kämpfen für mehr Bildung im Nahrungsmittelbereich und wollen junge Menschen für eine Tätigkeit auf dem Land motivieren und sie dabei unterstützen. Zur Bewegung gehören auch die Akademiker, die die Verpflichtung zur Einbeziehung des traditionellen Wissens unterschrieben haben, sowie die Köche, deren Zahl ebenso im Steigen begriffen ist wie jene der beteiligten Länder. Hinzu kommt die Welt von Slow Food mit ihren Mitgliedern, die täglich auf der Suche nach noch besseren Nahrungsmitteln sind. Sie setzen sich ein für neue Vertriebskanäle wie die Mercati della Terra [2] , für die Förderung von Schulgärten und anderen Projekten im Erziehungssektor sowie für den Schutz der Biodiversität.
    Das ist aber noch nicht alles. Wir wollen Austausch und Bildung fördern und nationale Terra-Madre-Veranstaltungen, die in den letzten Jahren bereits in verschiedenen Ländern abgehalten wurden, weiter voranbringen. Dadurch wird das Netzwerk gestärkt, der Austausch von Ideen erleichtert und für eine ständige Präsenz in den Medien gesorgt. Von zentraler Bedeutung ist dabei der »Terra Madre Tag« am 10. Dezember, dem Jahrestag der Gründung von Slow Food, den alle Lebensmittelbündnisse bei sich zu Hause begehen. Sie organisieren vor Ort kleine und größere Initiativen zum Thema Ernährungssouveränität und lokale Wirtschaft.
    Wir möchten die italienischen Gruppi di acquisto solidale (GAS), die AMAP in Frankreich sowie die Community Supported Agriculture in Nordamerika noch besser strukturieren und in die Bewegung integrieren. Mit einer Abteilung Lingua Madre (Muttersprache) soll zudem spezielles Gewicht auf überlieferte alte Sprachen gelegt werden. Die Beziehungen zwischen den Generationen und das Wissen der Vorfahren, das vom Verschwinden bedroht ist, sollen aufgewertet werden.
    Wir haben uns eindeutig einer ganzheitlichen Sicht der Welt der Lebensmittel verschrieben. Das Leben der ländlichen Gemeinschaften und der Lebensmittelbündnisse ist eng verbunden mit der Art und Weise der Verteilung, der Kommunikation, der Weitergabe von Werten, der Kleidung, des Wohnens und Bauens. Wer sich für eine neue Wertschätzung der agro-gastronomischen Güter einsetzt, darf die Beziehung zwischen all diesen Elementen nicht vernachlässigen. So sind beispielsweise 5.900 Sprachen, die drei Prozent der Weltbevölkerung sprechen, vom Aussterben bedroht. Es handelt sich um indigene Sprachen und Dialekte, die vor allem in unseren Lebensmittelbündnissen gesprochen werden. Eine Sprache spiegelt unsere Sicht
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