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Tempelhyänen

Tempelhyänen

Titel: Tempelhyänen
Autoren: Glen Cook
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Hafenkneipe ab.«
    Jedenfalls bis jetzt. Es würde bald übel werden, wenn Priester Legat Wächter Agire und seine Terrell-Reliquien nicht bald wieder auftauchten.
    Agire war einer der Top-Ten-Priester unter den geschwätzigen Sekten, die wir alle in den Sack mit der Aufschrift ›Orthodox‹ stecken konnten. Der Titel ›Priester‹ signalisierte seine Stellung in der Hierarchie. Sie entsprach ungefähr dem eines Herzogs. ›Legat‹ war ein kaiserlicher Titel, angeblich im Range eines Generalbevollmächtigten, doch in Wirklichkeit war er vollkommen bedeutungslos. Den Kaiser gibt es immer noch. Er hält Hof in Costain, aber seit über zweihundert Jahren hat er keinerlei Macht mehr. Er hat nur überlebt, weil er eine nützliche politische Fiktion ist. Wächter ist der Titel, der wirklich zählt. Der bedeutet, daß er der einzige Mann auf der Welt ist, dem man die Obhut über die Terrell-Reliquien anvertraut hat.
    Leider haben sich Agire und seine Reliquien in Luft aufgelöst.
    Ich weiß nicht, um was für Reliquien es sich handelt. Vielleicht weiß das außer dem Wächter auch niemand mehr. Er ist der einzige, der sie jemals gesehehen hat. Wie dem auch sei, jedenfalls sind sie heilig und kostbar, und zwar nicht nur für die orthodoxen Splittergruppen, sondern auch für die Kirche, die Eremiten, die Scottiten, die Kanoniker, die Zyniker, die Asketen, die Entsagenden und verschiedene Haniten, für die Terrell nur ein unbedeutender Prophet oder sogar ein Gesandter des Erzfeindes war. Jedenfalls läuft es darauf hinaus, daß diese Reliquien für fast alle diese Sekten in TunFaire von irgendeiner Bedeutung sind.
    Und nun waren Agire und seine Reliquien wie vom Erdboden verschluckt. Alle befürchteten das Schlimmste. Aber irgend etwas stimmte nicht. Niemand veröffentlichte ein Bekennerschreiben. Niemand prahlte damit, daß er die Knochen in seine Gewalt bekommen hätte. Das verwunderte alle. Denn der Besitz dieser Reliquien zeigt, daß der Besitzer eindeutig von den Göttern begünstigt ist.
    Inzwischen war die unterschwellige Fehde zwischen den Glaubensrichtungen zu einem kalten Krieg geworden. Priester verschiedener Sekten hatten begonnen, die Stellung ihrer Rivalen zu schwächen, indem sie ihre Käuflichkeit, ihre Korruption und ihre Sünden öffentlich breittraten. Es hatte als unbeachtete Randerscheinung begonnen. Unwichtigere Priester outeten sich gegenseitig als Trunkenbolde, beschuldigten sich, Sex zu kaufen oder im Beichtstuhl die Hände nicht bei sich halten zu können.
    Der Spaß hatte sich wie ein Großbrand in einer Mietskaserne ausgebreitet. Jetzt verging kein Tag mehr ohne eine Enthüllung über einen Bischof oder einen Priester oder wen auch immer, der irgend jemandes Schwester geschwängert, seinen Amtsvorgänger vergiftet oder ein Vermögen dafür verschwendet habe, seinem männlichen Gespielen eine Achtundvierzig-Zimmer-Datscha auf dem Land zu kaufen.
    Die meisten dieser Geschichten stimmten auch. Sie hatten alle soviel Dreck am Stecken, daß man nichts erfinden mußte – was für meinen Zynismus ein wahres Freudenfest war. Jede Menge Reputationen gingen flöten, und es hätte niemand Besseren treffen können.
    Pokey langweilte das Thema ziemlich. Wenn er eine Schwäche hatte, dann seinen beschränkten Horizont. Seine Arbeit war sein Leben. Er konnte endlos über Techniken und alte Fälle reden. Ansonsten interessierte er sich nur noch für Essen.
    Ich fragte mich, was er wohl mit seinem Geld machte. Er lebte in einer heruntergekommenen Einzimmerwohnung in einem schäbigen Mietshaus, obwohl er nur arbeitete. Manchmal sogar an mehreren Aufträgen gleichzeitig. Wenn keine Klienten zu ihm kamen, machte er sich auf die Suche nach welchen. Er nahm sogar Aufträge von Dingen an, von wirklich gefährlichen Dingen, nur um seine Neugier zu befriedigen.
    Sei’s drum, jedenfalls schien er nicht dazu aufgelegt zu sein, aufgewärmte Neuigkeiten durchzuhecheln. Er hatte sich den Bauch vollgeschlagen, und ich hatte ihn auf eine frische Fährte gesetzt. Er hatte den Duft aufgenommen und wollte jagen gehen.
    Nachdem wir gemeinsam Deans Ego aufgemöbelt hatten, brachte ich ihn zur Tür. Ich hockte mich auf die Schwelle und sah ihm nach, wie er im Dunkeln verschwand.
     
     

 
4. Kapitel
     
    Die untergehende Sonne ließ die gewaltigen Wolkenmassive am Horizont erglühen wie bei einer Feuersbrunst. Es wehte ein leichter Wind, und die Temperatur war perfekt. Genau richtig, um sich zufrieden zurückzulehnen. Solche
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