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Tee macht tot

Tee macht tot

Titel: Tee macht tot
Autoren: Monika Clayton
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ist verschwunden“, wiederholte sie atemlos.
    „Ja, ja“, sagte der Rohrasch wegwischend. „Aber was heißt tot, und was heißt verschwunden?“
    „Herrje!“, schimpfte Schwester Margot und verdrehte ihre Augen. „Tot heißt gestorben, und verschwunden heißt weg.“
    „Das weiß ich auch!“, blaffte der Rohrasch ebenfalls Augen rollend zurück.
    Schwester Ludowika, die die ganze Zeit einfach nur dabeigestanden hatte, trat einen Schritt auf Rohraschs Schreibtisch zu. „Als ich bemerkte, dass Paulsen gegen sieben Uhr noch immer nicht aufgestanden war, bin ich in sein Zimmer gegangen, um nach dem Rechten zu sehen. Und da lag er … im Schlafanzug … in seinem Bett.“ Ihre Stimme klang kraftlos. „Ich hab Margot gerufen, die gerade bei Agatha Beinhard im Zimmer war, weil die ebenfalls noch nicht im Gang saß.“
    „Ihr Bett war unberührt. Also war sie die ganze Nacht schon nicht da“, schlussfolgerte Schwester Margot.
    Balthasar Sebastian Rohrasch faltete seine Stirn. „Haben Sie schon nach ihr gesucht?“
    Beide Schwestern nickten.
    „Überall? Auch im Garten?“
    Wieder bekam er als Antwort ein Nicken.
    „Auf dem Friedhof?“
    Abermals ein Nicken.
    „Also wirklich überall?“
    „Keine Spur von ihr. Auch kein offenes Grab, in das sie gefallen sein könnte. Sie sollten die Polizei einschalten.“
    „Die Polizei?“, flüsterte Balthasar Sebastian Rohrasch. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Noch nie war die Polizei in seinem Hause gewesen. Noch nie hatte er jemanden verloren, also nicht in dieser Art. Er konnte den dämlichen Knopf schon vor sich sehen, wie er vor seinem Schreibtisch saß, um erneut sein Bedauern auszudrücken. Dass er ihm gestern so viel erzählt hatte, war unerfreulich. Jetzt musste er sich noch mehr anstrengen, damit er auch dieses Jahr gewinnen konnte. 
    „Wart ihr auch im Keller?“, wagte er einen letzten Versuch.
    „Niemand unten. Weder im Heizungsraum noch im Weinkeller, auch nicht im Wäschekorb. Und auch nicht im Kunstraum. Dort fehlen nur ein kleiner Tisch und zwei Stühle. Die haben wohl aber die Leute von der Spedition gebraucht.“
    „Was für eine Spedition?“, wollte der Rohrasch irritiert wissen. Sein Kopf dröhnte zum einen von dem Korn, zum anderen wegen zu vieler neuer Informationen.
    „Na die, die scheinbar schon in aller Früh, die Skulpturen für den Eingang gebracht haben.“
    „Welche Skulpturen?“ Er wusste nichts von irgendwelchen Skulpturen. Oder doch? Ach, das war nun auch wirklich zu viel verlangt. Tote, Verschwundene, Spediteure, Statuen, wer sollte da noch den Durchblick behalten?
    „Die im Eingang!“, wiederholte Schwester Margot, leicht genervt. Dass er bei all seinen gewissenhaften Planungen vergessen hatte, was er bestellt hatte, verstand sie nicht. Und bei der Größe der Bestellung, erst recht nicht.
    „Die sind hübsch“, lobte Schwester Ludowika Rohraschs Dekorationsversuch, wenngleich der Tag der Lieferung etwas unpassend gewählt worden war. Aber das konnte man vorher auch nicht wissen. „Die passen gut hierher und stellen das Haus wunderbar dar.“
    Rohrasch stand auf. Seine Bestellung, die er scheinbar vergessen hatte, wollte er wenigsten einmal ansehen. Im Gefolge von Schwester Margot und Schwester Ludowika machte er sich Richtung Eingang auf.
    Der alte Hausmeister und sein Putzwagen waren gerade dabei, den Boden zu wienern, als sie dort ankamen. Gekonnt fuhr er einen Bogen um das Stillleben.              
    Mit gekräuseltem Mund blieb Balthasar Sebastian Rohrasch stehen und gaffte durch seine Brille die Skulpturen an. War das tatsächlich seine Idee gewesen? In der Eingangshalle, seitlich vor der automatischen Glastür, saßen ein Mann und eine Frau. Sie spielten Karten. Das Ass hatte gerade der Mann in Händen. Das hatte er wohl so entschieden, überlegte sich der Rohrasch. Kurz stupste er die Frau an, die sich jedoch nicht vom Fleck bewegte. Dann gab er dem Mann ein paar Kopfnüsse und horchte auf das Geräusch. Hohl klang es nicht. Der Künstler, der sich dieses Werk ausgedacht hatte, hatte auf jeden Fall gute Qualität abgeliefert. Er selbst, hätte der Frau vielleicht noch ein freundlicheres Gesicht gegeben, aber vielleicht wusste sie ja, dass das As nicht in ihre Hände gelangen würde. Kritisch beäugte Balthasar Sebastian Rohrasch die Kleidung, deren Falten kunstvoll herausgearbeitet worden waren. Fast schon lebensecht wirkten die beiden, wäre da nicht das Haar der Frau etwas aus dem Rahmen gefallen.
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