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Tausche Brautschuh gegen Flossen

Tausche Brautschuh gegen Flossen

Titel: Tausche Brautschuh gegen Flossen
Autoren: Juliane Kobjolke
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Pappmännchen. Mit ausgebreiteten Armen lehnen Nina und ich in einem
Winkel dagegen, der uns normalerweise zu Fall brächte. Nicht so bei diesem Wind.
Die Haare wedeln wie Luftschlangen um unsere Köpfe, unsere Kleider werden am Körper
platt gedrückt.
    Mit einem Mal ist Christoph hinter
mir. Er umarmt mich und schiebt mich behutsam vorwärts, sodass wir uns der Felskante
nähern und in die Tiefe schauen können, was abermals an meinen Nerven zehrt. Das
Meer liegt etwa 100 Meter unter uns, grollt und peitscht die Wellen gegen die Klippen
wie ein wütendes Raubtier. Der westlichste Zipfel der Insel, auf dem der Leuchtturm
steht, ist von hier aus bereits zu sehen. Ein Windpark wurde darauf errichtet, was
in bizarrem Kontrast zu der Wildnis um uns steht. Christophs Umarmung wird fester,
und er legt sein Kinn auf meine Schulter. Ich spüre sein Herz schlagen, seine Atmung
in meinem Rücken und lehne die Wange gegen seine.
     
    Nach einem Besuch des berühmten Drachenbaums in Icod de los Vinos,
gelangen wir nach Garachico, wo wir Proviant für ein Picknick einkaufen. Ein paar
Kilometer außerhalb der Stadt halten wir am Strand.
    Christoph und Markus sind die ersten,
die Jeans und T-Shirt ausgezogen haben und ins Meer stürmen. Nina folgt ihnen wenig
später. Ich kann mich noch nicht überwinden, schaue den dreien erst einmal zu und
esse Brot mit Käse.
    Christoph kommt aus dem Wasser.
Da die scheinheilige Miene seine Absicht verrät, springe ich auf, nicht ohne vorher
einen weiteren Bissen Käse genommen zu haben.
    »Ich will erst aufessen!«, rufe
ich mit vollem Mund.
    Wie befürchtet, schreckt es ihn
nicht ab, sondern bewirkt eher das Gegenteil. Also stopfe ich mir den restlichen
Käse in den Mund und laufe los.
    Er braucht nur wenige Schritte,
um mich einzuholen.
    »Gegessen wird später!«, beschließt
er, wirft mich über seine Schulter und läuft los. Den Mund voller Käse trommele
ich zum Protest mit den Fäusten auf seinen Rücken. Auch das bringt ihn nur zum Lachen.
    Wasser spritzt auf, als er ins Meer
sprintet. Er watet tiefer, bis es ihm an den Bauch reicht, dann nimmt er mich von
der Schulter und hält mich in beiden Armen, sodass sein Gesicht ganz nah vor meinem
ist. Tropfen hängen in seinen Wimpern und träufeln aus seinen Haarspitzen. Seine
Brust hebt und senkt sich atemlos, was vermutlich auf den Sprint und mein Gewicht
zurückzuführen ist.
    Statt mich loszulassen, taucht er
mit mir unter.
     
    Nachts liege ich schlaflos im Halbdunkel des Hotelzimmers und starre
an die Decke.
    »Es ist seltsam, dich mit Markus
zu sehen«, überlege ich laut, als ich merke, dass auch Nina wach ist.
    Ihr Bettzeug raschelt, als sie sich
zu mir dreht. Sie stößt einen verdrießlich klingenden Laut aus und murmelt: »Ich
kann mich genauso wenig an den Anblick gewöhnen, den du und Christoph abgebt.«
    Als ich still bleibe, fragt sie:
»Habt ihr wirklich nicht miteinander geschlafen, drüben auf der Insel oder beim
Karneval oder wo auch immer?«
    Zur Antwort schüttele ich den Kopf.
    »Ihr habt heute ausgesehen wie ein
Liebespaar. Wie zwei, die herausgefunden haben, dass sie zueinander gehören.«
    Nun bin ich diejenige mit dem verdrießlichen
Schnauben. »Wir haben nicht nur so ausgesehen, es nicht heute erst herausgefunden.
Dass wir zueinander gehören, wissen wir schon lange.«
    Sie stützt den Kopf in die Handfläche
und streckt die andere Hand aus, um über meine Wange zu streichen. »Wie kannst du
dich so vom Verstand leiten lassen? Das musst dir doch ständig wehtun?«
    Ich zucke die Schultern und lächle.
»Nein, nicht ständig. Aber im Moment, tut es sehr weh.«

Antworte nicht
     
    Am Mittag des letzten Tages packe ich meinen Koffer. Unser Rückflug
geht am nächsten Morgen. Der Transferbus zum Flughafen holt uns schon um 7 Uhr ab.
    Nina kommt vom Strand. »Du hast
es aber eilig zu verschwinden«, wundert sie sich.
    »Nicht wirklich. Ich weiß nur nicht,
ob mir später Zeit bleibt.«
    Sie setzt sich aufs Bett und sieht
zu, wie ich meine Schuhe in den Stoffsäcken verstaue. »Habe ich heute Nacht wieder
sturmfrei?«
    »Ich denke nicht, dass ich hier
sein werde.« Ich klappe den Koffer zu und schiebe ihn in eine Ecke, wo er niemanden
stört. Dann gehe ich ins Bad und sammele meine Kosmetika ein.
    Lenny hat Geburtstag und mich eingeladen,
Christoph zu begleiten. Er bewohnt eine Finca im sechs Kilometer von Las Américas
entfernten La Caleta. Als Christoph vor dem Haus parkt, muss ich über das Mosaik
in der
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