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Tatort Oktoberfest (German Edition)

Tatort Oktoberfest (German Edition)

Titel: Tatort Oktoberfest (German Edition)
Autoren: Barbara Ludwig
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bereits eingetroffen. Kommen Sie. Warum haben Sie sich versteckt? Ich habe Sie fast nicht gefunden.“
    „Passt scho“, grummelt er und folgt Sonia brav zur Bühne. Er lächelt, als er Claudia in einer etwas mitgenommenen, zwei Nummern zu großen Jeans und einem polangen, schwarzen Pullover, blass und ungeschminkt, die Haare verwuschelt, auf der Bühne stehen sieht. Zwei Geschlagene und zwei Sieger, verrückt, denkt er. Beifall tost durch das Zelt, und bevor die Ansagerin das Mikro übernehmen kann, hat sich Claudia das Teil geschnappt.
    „Danke.“ Ihre Stimme bricht fast vor Rührung. „Danke. Ich habe es erst gar nicht mitbekommen … Ihr seid wundervoll, ich umarme euch alle. Eines möchte ich euch sagen, das habe ich in den letzten Stunden erkannt: Wichtig ist es nicht, einen Posten zu gewinnen, wichtig sind andere Dinge: Freundschaft, Liebe, Solidarität, Friede. Ich bin Italienerin, ich bin Deutsche, ich bin Münchnerin. Und ich bin Europäerin, und darauf bin ich stolz. Außerdem bin ich fair und eine Sportsfrau. Ich gratuliere Herrn Ochshammer zum Gewinn des Wettbewerbs. Er wird sicher ein guter Wiesn-Wirt werden.“
    Stille tritt ein, und bevor aus der Stille irgendwas entstehen kann, nimmt Ochshammer Claudia das Mikrofon ab: „Ich werde mich nicht um eine Kandidatur als Wiesn-Wirt beim Stadtrat bewerben. Ich stelle Ihnen frei, es zu tun, Claudia. Ich bin mit Ihnen einer Meinung. Wir brauchen Ehrlichkeit, ein ehrliches Miteinander. Ich bin dem Wettbewerb dankbar, dass er mir dies so klar vor Augen führte.“
    Er geht zu Claudia und umarmt sie. Die Menge jubelt und klatscht. Sie heben lachend die Arme hoch. Die Musik spielt einmal mehr „We are the champions“. Die Bedienungen rennen weiter bepackt mit Maßkrügen von Tisch zu Tisch, Bier schwappt hier und da über, wenn sie zu schnell aufgesetzt werden. Kellner balancieren die schweren Tabletts mit Brathendln und Ochsenbraten auf den erhobenen Händen durch die Tischreihen. Der Hendlgeruch breitet sich aus.
    Die Fernsehansagerin wischt sich eine Träne aus dem Auge und verkündet, wieder Herrin der Lage und des Mikrofons: „Ich gratuliere Ihnen beiden, Sie waren großartige Kandidaten.“ Blitzlichter flammen auf, und Fotos werden geschossen.
    Nach alldem hilft Ochshammer Claudia vom Podium herunter. „Ich bin eigentlich saumüde, aber irgendeinen Absacker brauche ich noch. Kommen Sie mit?“
    Claudia hält sich den Arm. „Wenn sie mir vorher ein Pflaster besorgen …“, sagt sie lachend.
    „Warten Sie, ich hole einen Sanitäter.“ Kurze Zeit später erscheint er mit einem der eifrigen Helfer. Er schaut sich die Wunde an. „Der Schnitt ist nur oberflächlich.“ Nachdem er ihr ein Pflaster aufgeklebt hat, schiebt Claudia den Pulloverärmel runter und steht auf. „Bene, wir können.“ Sie drängeln sich zur Tür durch, nicht ohne unterwegs noch unzählige Autogramme geben zu müssen.
    Als sie endlich am Ausgang stehen und in die frische Luft hinaustreten, winkt Claudia aufgeregt einem jungen Burschen in Rapperklamotten zu. Erst als der Junge bei ihnen steht, erkennt ihn Ochshammer. „Ah, der Ludwig, Ihr Retter.“ Claudia hakt beide unter. „Allora, kommen Sie, komm Ludwig, wir fahren noch eine Runde Krinoline, Riesenrad oder Kettenkarussell.“
    „Für mich keinen Alkohol, sondern einen doppelten Espresso und ein Wasser bitte, und für Ludwig hier eine Cola, außerdem Apfelkücherl, drei Portionen“, bestellt Claudia kurze Zeit später mit geröteten Wangen, noch den Spaß vom Kettenkarussell fahren im Gesicht, im Café Mohrenkopf. „Warum wollen Sie eigentlich auf die Kandidatur verzichten? Jetzt, wo wir hier zusammensitzen, müssen Sie mir das erklären.“
    „Ach, wissen Sie, manchmal muss man seine Entscheidungen überdenken und muss erst reinfallen, um das zu kapieren. Seit meine Frau gestorben ist, bin ich unsicher, habe mir fremde Berater genommen und bin reingerasselt. Das ganze Ausmaß werde ich morgen sehen, aber egal. Ich habe mich entschlossen, die Fabrik zu verkaufen und noch mal neu anzufangen. Klein, mit einem bescheidenen Hof, Fleischherstellung auf Biobasis. Aber es ist alles erst eine Idee.“
    „Hört sich super an, sagen Sie mir Bescheid. Ich werde auch neu anfangen, auf dem Land, mit einem kleinen Lokal, in dem ich Sachen koche mit wirklicher Substanz. Wir liegen also voll im Trend. Ich sehe schon, Sie werden dann mein Haus- und Hoflieferant. Und Ludwig?“ Sie schaut ihn liebevoll von der Seite an. Er hat
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