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Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers

Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers

Titel: Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers
Autoren: Bernd Perplies , Bernd
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bannen wünscht, direkt gegenübersteht. Ihr müsst nur die Zeilen, die hier geschrieben stehen, klar und in aller Deutlichkeit rezitieren, und die Kraft des Wortes wird den Dämon zwingen, die Gestalt aufzugeben, die er in dieser Welt angenommen hat.«
    Anreons Augen flogen über die fremdartig geschwungenen Schriftzeichen auf dem dunkelbraunen Pergament. Und auch wenn er nicht verstand, was dort niedergelegt war, so bildeten sich doch auf einmal Worte in seinem Kopf, Worte der Macht und Magie, die ausgesprochen werden wollten. Für einen kurzen, verwirrenden Moment schienen die Schriftzeichen im dämmrigen Licht der Kohlepfannen auf den Seiten lebendig zu werden, sich zu winden und neue Formen anzunehmen, doch einen Lidschlag später war der Spuk schon wieder vorüber.
    Er schlug das Buch zu und nahm es an sich. Das Gewicht des Folianten, so vertraut es ihm war, überraschte ihn jedes Mal aufs Neue, wenn er das Buch in den Armen hielt. Die Magie, die innerhalb dieser Buchdeckel ruhte, musste wahrlich schwer wiegen.
    Ulrik von Agialon nickte. »Gehen wir. Ein Dämon wartet darauf, ins Dunkelreich zurückgejagt zu werden, und ein Hexer, seine schlimmste Niederlage zu erleiden.«
    Hoch aufgerichtet stand Anreon auf dem verzierten Streitwagen an der Spitze des Bündnisheeres und blickte gen Osten. An seiner Seite war Wilfert, die Zügel des Zweispänners in der Hand, und tat es ihm gleich.
    Der Himmel über dem Drakenskal hatte sich mittlerweile völlig zugezogen, und heftige Böen ließen ihre Umhänge flattern. Grelle Blitze zuckten zwischen den Wolkenbergen auf und tauchten die Szenerie in ein gespenstisches Licht, und Donner rollte über die öde Landschaft hinweg – Vorboten des bevorstehenden Sturms.
    Der Streitwagen stand am Fuße der Anhöhe, die den Passeingang bildete. Deren felsige Buckel waren nicht länger leer, wie noch am Abend, als Anreon hier oben die einsame Wacht gehalten hatte. Zehntausend Soldaten waren im Schein von Feenfeuern in der letzten Stunde aufmarschiert. Grimmige Gesichter, mal von elegant geschwungenen Spitzhelmen umrahmt, mal von schweren Eisenhüten gekrönt, schauten an Anreon vorbei auf die weite, leere Fläche des Drakenskal. Kettenhemden rasselten, Lederrüstungen knarzten, und Plattenteile verschoben sich mit metallischem Knirschen, während die Männer und Frauen mit der Ruhelosigkeit, die einen befällt, wenn man bereits viel zu lange auf das Eintreten eines bestimmten Ereignisses gewartet hat, der Schrecken harrten, die ihnen Calvas schon bald entgegenwerfen würde. Über den Köpfen der Krieger erhob sich ein Wald von Lanzen, und an vielen waren farbige Wimpel und Banner angebracht, die im Wind flatterten und davon kündeten, dass jede Stadt und jedes Reich der verbliebenen freien Welt des Westens ihre Abgesandten geschickt hatten, um unter dem Drachenbanner der Ordensritter von Agialon und dem Sturmfalken des Hochkönigs der Alben in die Schlacht zu ziehen.
    Der Anblick erfüllte Anreons Herz mit Hoffung, als sie den Streitwagen wendeten und den geschlossenen Linien aus Kriegern entgegenfuhren.
    Doch als hätte Calvas, der Hexenmeister, diese kleine Flamme des Glücks inmitten einer Welt aus Dunkelheit gespürt, erhob sich hinter dem östlichen Horizont erneut ein Heulen, näher, lauter und vielstimmiger als noch wenige Stunden zuvor. Tausende und Abertausende Kehlen schienen, zu grenzenlosem Hass getrieben, ihrer animalischen Wut Luft zu machen. Vor dem inneren Auge des Ritters nahm ein endloses Meer zum Himmel gereckter Hundeschnauzen Gestalt an, die albtraumhafte Vision eines Zorns, der mit dem Toben der Elemente hoch über ihren Köpfen wetteiferte. Die Steppen und Wälder des Ostens waren weit und wild und boten viel Raum für die kriegerischen Stämme der wolfsähnlichen Grawls. Und wie es schien, hatte Calvas sie alle zu sich gerufen.
    »Sie kommen«, sagte Wilfert, und er konnte ein leichtes Beben in seiner Stimme nicht verhindern.
    Anreon nickte. »Ja. Also los, Wilfert.«
    Mit einem Zügelschlag trieb der Knappe die Pferde an, und in Windeseile preschten sie vor den Linien des Heeres entlang. Die Gesichter der Soldaten in den ersten Reihen huschten an ihnen vorüber, und Anreon sah den Zweifel in ihren Augen, den das wahnsinnige Gejaule des noch unsichtbaren Wolfsheeres in ihnen geweckt hatte. Da legte er das Buch der Verbannung, das er seit der Zusammenkunft im Zelt des Hochkönigs nicht mehr aus der Hand gegeben hatte, vor sich nieder, riss sein Schwert Esdurial
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