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Tao Te Puh

Tao Te Puh

Titel: Tao Te Puh
Autoren: Benjamin Hoff
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eines Tempels. Was meint Ihr nun, daß dieser Schildkröte lieber wäre: daß sie tot ist und ihre hinterlas senen Knochen also geehrt werden, oder daß sie noch lebte und ihren Schwanz im Schlamme nach sich zöge?“
    Die beiden Beamten sprachen: „Sie würde es wohl vorziehen, zu leben und ihren Schwanz im Schlamme nach sich zu ziehen.“ Chuang-tse sprach: „Geht hin! Auch ich will lieber meinen Schwanz im Schlamme nach mir ziehen.“
     
    »Ich mag Schlamm auch“, sagte Puh.
    „Ja?. . . Na ja, wie dem auch sei —“
    ,,An einem heißen Sommertag? Da gibt es doch nichts Besseres“, bekräftigte er.
    „Aber die Sache ist die —“
    „Er hält einen kühl“, erklärte er.
    „Daraufkommt es hierbei nicht an, Puh“, sagte ich.
    „Nicht?“ fragte er ziemlich entrüstet.
    „Ich meine, es gibt anderes —“
    „Woher weißt du das?“ wollte Puh wissen, „hast du es je ausprobiert?“
    „Nein, aber —“
    „Genau das richtige für einen heißen Sommertag“, fuhr Puh fort, wobei er sich zurücklehnte und die Augen schloß. „Unten am Fluß, mit Schlamm bedeckt.“
    „Hör mal, Puh -“
    „Schlamm ist etwas Feines“, fiel nun Ferkel ein, kam zum Schreibtisch herüber und sah zu uns hoch. „Er bringt ein wenig Farbe auf die Haut.“
    „Kann nicht behaupten, daß ich je Wert darauf gelegt hätte“, sagte Eule, die jetzt herbeigeflogen kam und sich auf der Lampe niederließ. „Er bleibt einem in den Federn kleben. Ziemlich unangenehm.“
    „Seht ihr?“ sagte ich, „jeder ist anders. Darüber haben wir geredet.“
    „Ich dachte, wir hätten über Schlamm geredet“, meinte Ferkel.
    „Ich auch“, pflichtete Puh bei.
    „Ich muß wieder zurück zu meinem Lexikon“, sagte Eule.
     
    Und jetzt sollten wir nach Möglichkeit zum zweiten Teil übergehen: „Weder ich noch die Fische blasen Fagott.“ Käme diese Feststellung aus dem Munde eines Weisen, würde das heißen: „Ich habe gewisse Grenzen und bin mir ihrer bewußt.“ Der Weise würde entsprechend handeln. Es schadet nichts, wenn man nicht Fagott spielen kann, insbesondere nicht, wenn man ein Fisch ist. Aber eine Menge kann dadurch schiefgehen, daß man sich blindlings an Dinge gibt, für die man nicht geschaffen ist. Fische leben nicht auf Bäumen und Vögel nicht allzulange unter Wasser, wenn es sich vermeiden läßt. Leider sind manche Menschen — sie meinen immer, sie seien viel klüger als Fische und Vögel — nicht so weise und bereiten schließlich sich selbst und anderen die größten Schwierigkeiten.
    Das bedeutet nun nicht, daß wir aufhören müßten, uns zu verändern und zu verbessern. Es heißt lediglich, daß wir erkennen müssen, wer wir sind. Wenn du dir der Tatsache bewußt bist, daß du schwache Muskeln hast, brauchst du eigentlich nur das Richtige zu tun, und dann wirst du allmählich stark. Wenn du jedoch die Realität außer acht läßt und versuchst, jemandes Auto aus einem Graben herauszuziehen, in was für einem Zustand wirst du nach einiger Zeit wohl sein? Und wenn du auch Muskeln wie kein anderes Lebewesen sonst hättest, könntest du noch längst keinen Güterzug umwerfen. Die Weisen kennen ihre Grenzen, die Dummen nicht. Wie das gemeint ist, zeigen wir am besten am Beispiel von Tiger, der seine Grenzen nicht kennt.
     
    Oh, Verzeihung. Er sagt, jetzt wohl.
    Nun, rufen wir uns einmal ins Gedächtnis zurück, wie er sich wenigstens einer Grenze bewußt wurde. Ruh und Tiger spazierten eines morgens durch den Wald, und Tiger erzählte, was Tiger alles können. . .
     
    „Können sie fliegen?“ frage Ruh.
    „Klar“, sagte Tiger, „ sie sind sehr gute Flieger, die Tiger, Spitzenklasse-Flieger.“
    „Oh!“ meinte Ruh, „können sie so gut fliegen wie Eule?“
    „Klar“, behauptete Tiger. „Sie wollen nur nicht.“
     
    Nachdem sie sich in dieser Art ein Weilchen unterhalten hatten, kamen sie bei den Sechs Kiefern an:
     
    „Ich kann schwimmen“, erklärte Ruh. „Ich bin in den Fluß gefallen, und dann bin ich geschwimmt. Können Tiger schwimmen?“
    „Natürlich können sie. Tiger können alles.“
    „Können sie besser auf Bäume klettern als Puh?“ wollte Ruh wissen. Sie machte gerade unter der höchsten Kiefer halt und blickte hinauf.
    „Auf Bäume klettern können sie am allerbesten“, sagte Tiger, „viel besser als Puhs.“
     
    Und wenig später wußten sie nur eins, nämlich daß sie auf der höchsten Kiefer festsaßen. Nicht gerade angenehm.
     

     
    Aber dann kamen Puh und Ferkel
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