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Tanz im Mondlicht

Tanz im Mondlicht

Titel: Tanz im Mondlicht
Autoren: Luanne Rice
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Bereicherung. Sie ist der gute Geist der Plantage, schweißt uns alle zusammen. Und weißt du was, Jane?«
    »Was, Dylan?«
    »Ich glaube, ich war eifersüchtig. Bin ich auch jetzt noch, gewissermaßen.«
    »Auf was denn?«
    »Dass du deine Tochter kennenlernen darfst. Und ich meine nicht.«
    Janes Herz öffnete sich weit. Sie hörte die Fiedel spielen, die Dylan Tränen in die Augen trieb, und Jane küsste sie weg. Sie schmeckte das salzige Nass und dachte an die Gezeiten in der Narragansett Bay, an die meterhohen Wellen des mächtigen Atlantiks auf den Klippen vor dem Maison du Soleil.
    »Aber du kannst sie kennenlernen«, flüsterte Jane. »Du kennst sie bereits …«
    Dylan schwieg.
    »Ich kannte Chloe, schon bevor ich ihr im Frühjahr begegnete. Sie ist mir durch und durch vertraut; sie ist mein Fleisch und Blut, Dylan. Genau wie Isabel dein Fleisch und Blut ist … Und bei dir ist. Ich weiß, dass sie bei dir ist. Immerzu.«
    Er schloss sie in seine Arme und presste sie an sich. Sie spürte seine starke Brust und seine muskulösen Schultern, die sie umfingen, als wünschte er sich, er möge ein Teil von ihr und sie ein Teil von ihm werden. Ihre Lippen fanden sich zu einem Kuss, so langsam, zärtlich und anhaltend, dass Jane mit geschlossenen Augen nicht mehr gewusst hätte, was ihre Körper voneinander trennte, wo der eine begann und der andere endete.
    »Das Wort gefällt mir.«
    »Welches?«
    »Immerzu. Es gefällt mir sehr.«
    »Ein gutes Wort«, pflichtete sie ihm bei.
    Die Musik wurde schneller, ein schottischer Volkstanz. Dylan öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch dann lächelte er nur und küsste Jane abermals. Sie lagen im Heu, Herz an Herz, während der Tanz auf dem Heuboden seinen Fortgang nahm und der Mond hoch am Himmel stand. Plötzlich hörten sie einen dumpfen Aufprall. Und danach einen weiteren.
    »Jemand wirft mit Äpfeln nach uns«, sagte Dylan.
    »Lass mich raten, wer.« Jane spähte nach oben ins Gebälk und schmunzelte, als sie Chloe entdeckte, die sich gemeinsam mit Mona aus der Kuppel zu ihnen hinunterbeugte.
     
    Margaret war angekleidet und startbereit. Sie trug ihren besten Herbstmantel – einen wunderbaren braunen Kaschmirmantel, den sie bei Gladdings gekauft hatte, unmittelbar vor ihrer Pensionierung. Da sie nicht wusste, wie gut es sich mit den Ruhestandsbezügen einer Schulleiterin leben ließ, hatte sie beschlossen, sich noch etwas zu gönnen. Und wie sich herausstellte, hatte sie klug investiert: Zehn Jahre später war der Mantel noch genauso schön wie an dem Tag, als sie ihn gekauft hatte.
    Der Van fuhr langsam in Dunkelheit gehüllt über die unbeleuchteten Landstraßen. Margaret hatte den Fahrer gebeten, das Fenster einen Spaltbreit zu öffnen, und der Geruch nach verrottendem Laub, typisch für den Herbst, drang in den Wagen. Margaret war festgeschnallt, angebunden, gewissermaßen, doch als sie die Blätter und die Herbstluft ihres geliebten Rhode Island roch, fühlte sie sich jung und frei.
    »Ich bin zu einer Tanzveranstaltung eingeladen«, sagte sie laut.
    »Ich weiß, Margaret«, rief der Fahrer zurück.
    »Meine Töchter werden dort sein.«
    »Ich weiß. Wie schön für Sie.«
    »Ich werde meine Enkelin kennenlernen.«
    »Sie sind bestimmt aufgeregt.«
    »Und ob. Sie heißt Clove.«
    »Clove ist ein ungewöhnlicher Name.«
    »Was rede ich denn da: nicht Clove. Rosie.«
    »Hübsch.«
    »Nein, warten Sie. Auch nicht Rosie … Sie heißt … anders …«
    Margaret schloss die Augen. Der Wagen holperte die Straße entlang. Die beiden anderen schliefen. Sie schliefen die ganze Zeit. Die Insassen im Heim waren dauernd müde. Vielleicht lag es an der Anstrengung, ein ganzes Leben hinter sich zu bringen. Mit so vielen Erinnerungen, jede randvoll mit Freud und Leid. Das war eine der Lektionen, die Margaret gelernt hatte …
    Die Lektionen des Herzens, die vielleicht noch wichtiger als Mathematik, Geschichte, Naturwissenschaft oder sogar Englisch, ihr Lieblingsfach, waren. Margaret, die Rektorin, fand es unfassbar, dass ihr derart ketzerische Gedanken kamen. Aber eines hatte das Leben auf dieser Erde sie gelehrt: dass am Ende nur eines zählt, nämlich die Liebe. Gleich, ob Freunde, Verwandte, Verehrer, Ehemänner: Sie alle waren Balsam für die Seele.
    Hätte sie doch ihren Töchtern dieses Wissen von Anfang an mit auf den Weg gegeben. Sie fürchtete, dass sie zu streng mit ihnen gewesen war. Viel zu besonnen, was die Liebe betraf, viel zu distanziert. Verletzt vom
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