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Tanz der Sinne

Tanz der Sinne

Titel: Tanz der Sinne
Autoren: Mary Jo Putney
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würde sie nicht aufgeben, bis sie ganz sicher war, daß Lucien sie nicht wollte.
    Das Nerzcape schwang um ihre Beine, als sie neben ihn auf den Balkon trat. Das Haus war L-förmig, mit einem französischen Park zwischen den beiden Flügeln. Da sie nicht wagte, ihn anzusehen, betrachtete sie den gefrorenen Springbrunnen, den das Mondlicht in eine schimmernde Eisstatue verwandelt hatte. »Ich habe gesagt, ich würde dir mit Freuden alles geben, was du dir wünschst, wenn alles vorbei ist.
    Hast du dich schon entschieden?«
    Das Schweigen war so tief, daß sie den klirrenden Laut der eisverkrusteten Zweige hören konnte, die im Wind aneinanderschlugen. Endlich sagte er: »Was ich mir wünsche, kann niemand mir geben. Du bist mir zu nichts verpflichtet, Kit. Ich bin froh, daß ich helfen konnte, Kira zu finden.
    Gleichzeitig habe ich die Spione gefunden, die ich gesucht habe, wir sind also quitt. Geh, wohin du willst, und sei glücklich.«
    Eine klare Abfuhr. Sie hielt den Atem an. »Dann hast du deine Meinung geändert? Du willst mich nicht mehr heiraten?«
    »Seit Linnie gestorben ist, habe ich vergebens nach meiner zweiten Hälfte gesucht«, sagte er niedergeschlagen. »Wann immer ich sie bei einer Frau gesucht habe, fand ich statt dessen Einsamkeit. Ich hatte gehofft, daß ich mit dir eine Chance haben würde. Du bist selber ein Zwilling, du kannst geben, dich öffnen, ohne Rückhalt lieben. Das alles habe ich mir gewünscht.«
    Er stemmte die Hände auf das Geländer und sah zum Himmel hinauf. Das Mondlicht versilberte sein Gesicht und machte es atemberaubend schön. Heller Stern des Morgens, schönster von Gottes Engeln, allen Sterblichen entrückt.
    »Aber ich war ein Narr zu glauben, daß diese Art Nähe mit einem anderen Menschen existieren kann«, fuhr er fort. »Elinor und ich wurden in derselben Stunde geboren. Wir haben gemeinsam gelernt zu spielen, zu reden, zu lachen – all unsere Gedanken und Empfindungen zu teilen.
    Und selbst mit Linnie wäre es anders geworden, sobald wir erwachsen gewesen wären. Vielleicht ist es ebenso ein Fluch wie ein Segen, einen Zwilling zu haben. Man gewinnt Geschmack an etwas, das man nie wieder erreichen kann.«
    Nach einer langen Pause sagte er kaum hörbar:
    »Wahrscheinlich wollte ich die goldenen Tage meiner Kindheit wieder heraufbeschwören, die Zeit, bevor ich entdeckt habe, wieviel Kummer es in der Welt gibt. Du kannst mir diese Zeit nicht wiedergeben. Niemand kann das, ebensowenig wie ich Kira in deinem Herzen ersetzen könnte, wenn ihr etwas zugestoßen wäre. Sie steht für dich an erster Stelle. Das wird immer so sein.
    Heute nacht habe ich begriffen, daß ich mich nicht mit den Resten zufriedengeben kann und es besser ist, es erst gar nicht zu versuchen.«
    Dann sah er sie an, seine Augen ein blasses, mondsüchtiges Grün. »Es war mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen, Lady Kathryn. Ich habe viel über mich gelernt.«
    Sie erschauerte von der Kälte, die nicht vom bitteren Wind, sondern von seiner Distanziertheit ausging.
    Er bemerkte es und sagte: »Du solltest hineingehen. Es wäre dumm, sich nach all den Strapazen eine Lungenentzündung zu holen.«
    Bevor sie antworten konnte, ging das Licht in einem Schlafzimmer im gegenüberliegenden Flügel an. Kiras Schatten wurde sichtbar. Sie ging auf das Fenster zu, um die Vorhänge zu schließen.
    Bevor sie es tat, trat Jason hinter sie und schlang seine Arme um ihre Taille. Sie lehnte sich an ihn und legte in vollkommenem Vertrauen ihren Kopf an seine Brust.
    Lucien hatte es auch gesehen, und seine Hände umklammerten das Geländer. Als Kira sich in Jasons Armen umdrehte und sie sich mit einer Innigkeit küßten, die die Kälte der Nacht besiegte, wandte Lucien sich abrupt ab und schob Kit ins Zimmer. Sie war ganz seiner Meinung, dieses Bild der Zärtlichkeit war nicht für fremde Augen bestimmt, nicht einmal für die eines Zwillings.
    »Tut mir leid, daß du das sehen mußtest, Kit. Es tut bestimmt weh, ausgeschlossen zu sein.« Er sah sie an, und das Grün in seinen Augen wurde dunkler. »Bist du zu mir gekommen, weil du dich zurückgewiesen fühlst und Gesellschaft brauchst, während Kit bei ihrem Geliebten ist?«
    »Um Himmels willen, nein!« Sie holte tief Atem.
    Sie wußte, daß sie, um seine Barriere zu durchbrechen, genauso hellsichtig sein mußte wie er, als er sie errichtet hatte. »Du hast recht, daß ein Zwilling sehr hohe Ansprüche an Nähe hat, aber ich glaube, du irrst dich, wenn du glaubst, daß
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