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Tante Dimity und der unerhoerte Skandal

Tante Dimity und der unerhoerte Skandal

Titel: Tante Dimity und der unerhoerte Skandal
Autoren: Nancy Atherton
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der Kirche in Chipping Campden – seine gewohnten Bluejeans und das Arbeitshemd waren ziemlich schmutzig, genau wie sein Gesicht und die Hände.
    »Papa!«, rief Nell begeistert. Nell liebte Emma, aber ihren Vater betete sie förmlich an, und sie begrüßte ihn immer mit besonderer Wärme.
    »Hallo«, sagte er fröhlich und völlig nichts ahnend, dass ein Schmutzstreifen sich über sein Kinn zog. »Ich sah dein Auto in der Einfahrt, Emma, deshalb wusste ich, dass du hier bist. Was gibt’s?«
    »Ach, nichts Besonderes«, sagte ich und setzte mich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch. »Nur, dass ich noch keine Woche in England bin und es schon geschafft habe, dass mir Bills Vater abhanden gekommen ist.«

5
    DEREKS LÄCHELN VERSCHWAND nicht von
    seinem Gesicht. Wenn überhaupt, dann schien er noch amüsierter. »Ja, dann wirst du ihn wohl wiederfinden müssen, ehe es Bill zu Ohren kommt«, sagte er schmunzelnd. »Das sollte man sich nicht zur Gewohnheit machen, dass einem der Schwiegervater verloren geht, weißt du. So was macht einen Mann unruhig. Allerdings, wenn es mein Vater wäre, sähe die Sache etwas anders …« Derek unterbrach sich, als er unsere betroffenen Gesichter sah. »Wollt ihr etwa sagen, dass William tatsächlich verschwunden ist?«, fragte er erschrocken.
    »Er war nicht da, als Bertie und ich zu unserer Schachpartie kamen«, sagte Nell.
    »Und er hat eine Nachricht hinterlassen, aus der aber nicht hervorgeht, wohin er gefahren ist«, fügte Emma hinzu.
    »Und das blaue Tagebuch ist weg, und Reginald auch«, fuhr Nell fort.
    »Ach ja, und dann haben wir noch eine Nachricht«, schloss ich. »Du wirst nie erraten, wer die geschrieben hat.«
    Derek hob abwehrend die Hände hoch. »Langsam, langsam. Ich glaube, ich werd mich besser erst mal hinsetzen, ehe ich den Rest dieser Geschichte höre. Bitte, Nell, wie wär’s mit einer Tasse Tee für deinen armen alten Vater?«
    Während Nell eine neue Tasse holte, machte Derek es sich in dem Ledersessel bequem, den ich verlassen hatte, und streckte die Beine von sich.
    »Wie geht’s in Chipping Campden?«, fragte Emma.
    »Sieht nicht gut aus«, erwiderte Derek. »Das Kirchendach ist im Eimer.«
    »Ganz und gar?« Emma beugte sich vor, um mit einer Papierserviette den Schmutz von Dereks Kinn zu wischen.
    »Nein«, sagte Derek. »Nur das komplizierte Stück, wo das Dach an den Turm anschließt. Aber es würde mich überraschen, wenn wir damit in zehn Tagen fertig wären. Der Bischof wird einfach seinen Regenschirm mitbringen müssen.«
    »Du schaffst es nicht?« Emma lehnte sich überrascht zurück.
    »Also, ich würde es schon schaffen – gib mir zehn Fünfundzwanzigstundentage und die Sache ist
    …« Er legte die Hand auf Emmas Knie. »Tut mir Leid, Schatz, aber ich werde dir nicht viel im Garten helfen können.«
    »Macht nichts«, sagte Emma und legte ihre Hand auf die seine. »Ich komme schon klar.«

    Wehmütig betrachtete ich die beiden. Ich wünschte, ich könnte jetzt auch Bills Hand halten.
    Aber dann wandte ich den Blick ab und sah tapfer ins Feuer.
    Als Nell aus der Küche kam und die Tasse ihres Vaters gefüllt war, setzte sie sich wieder zu Bertie auf die Ottomane. Derek trank seinen Tee ohne abzusetzen aus, dann sah er bedauernd die leere Tasse an und stellte sie hin. »Okay«, sagte er, »ich bin bereit. Schießt los.«
    Er hörte zu, ohne zu unterbrechen, als wir drei erzählten, was passiert war. Als wir fertig waren, sah er von mir zu Emma, dann zu Nell und zurück zu mir. »Habe ich das richtig verstanden«, sagte er.
    »Dein Schwiegervater hat sich aus irgendeinem unerklärlichen Grund aufgemacht, um einen lang verlorenen und anscheinend ruchlosen Vetter zu besuchen, mit Tante Dimity und – äh – Reginald auf den Fersen.« Er schnalzte mit der Zunge.
    »Man kann euch aber auch keine Minute aus den Augen lassen, was? Und was wollt ihr jetzt machen?«
    »Lori will mit dem Auto nach Haslemere fahren«, sagte Emma und sah ihren Mann vielsagend an.
    »Wirklich?«, sagte Derek.
    »Jawohl, wirklich«, erwiderte ich. »Sobald ich mich davon überzeugt habe, dass Gerald da ist.«
    Ohne weitere Diskussion wählte ich Geralds Nummer und hörte enttäuscht zu, wie eine Bandansage mich informierte, dass auf Grund einer Stö rung die Verbindung nicht zustande kommen könne. Seufzend ließ ich den Hörer an seinen Platz fallen und fuhr kurz darauf zusammen, genau wie die anderen, als das Telefon klingelte.
    Ich riss den Hörer wieder hoch.
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