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Tante Dimity und der unbekannte Moerder

Tante Dimity und der unbekannte Moerder

Titel: Tante Dimity und der unbekannte Moerder
Autoren: Nancy Atherton
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weißt schon, Beherrschung von Geist und Körper?«
    »Ich unterrichte Zen und die Kunst des Zuhö rens«, sagte er ernst. »Ich kann übrigens auch Schlangen beschwören und Dinge zum Schweben bringen.«
    »Ja, ja, klar!« Ich rümpfte die Nase. »Zu schade nur, dass du nicht vor Ort warst, um unsere hier zu beschwören. Und um deine Frage zu beantworten: Nein, ich hätte sie wahrscheinlich nicht erdrosselt, aber ich hätte ihr garantiert die Meinung gegeigt.«
    »Daran habe ich keinen Zweifel.« Nicholas stützte die Unterarme auf die Sessellehnen und bog seine Finger einen nach dem anderen durch.
    »Ich frage mich nur, ob Mrs Hooper dieselbe Art von Gerüchten auch über jemand anderen verbreitet hat – jemanden, der weniger liebenswert als Mr Anscombe-Smith ist.«
    »Du meinst, jemand, der mit Gewalt reagiert haben könnte?« Ich seufzte. »Denkbar ist das wohl. Keine schöne Vorstellung, aber sie drängt sich geradezu auf.«
    »Allerdings.« Nicholas legte die Kuppen seiner Zeigefinger aneinander.
    »Mich wundert, dass die Polizei noch im Dunkeln tappt. Es ist schon zehn Tage her – mit heute elf –, und der Mörder ist immer noch auf freiem Fuß.«
    Nicholas erhob sich und stellte sich vors Erkerfenster. Der Ausblick schien ihm zu gefallen.
    Zumindest zeigte er sich voll des Lobes, um dann in beiläufigem Ton hinzuzufügen: »Wusstest du übrigens, dass Tante Lilians Patentochter im zuständigen Polizeirevier in der Registratur arbeitet?«
    »Wirklich?« Meine Augenbrauen wanderten nach oben. »Wie praktisch.«
    »Wenn man Imogen glauben kann, hat die Polizei es nicht gerade leicht.« Nicholas drehte sich wieder zu mir um. »Sie haben im ganzen Crabtree Cottage keinerlei Indizien gefunden, und die Dorfbewohner waren bei den Vernehmungen ausgesprochen zugeknöpft. Schlimmer noch, niemand hat irgendwelche Beobachtungen gemeldet.«
    »Es gibt keine Zeugen?«, fragte ich erstaunt.
    »Null.« Nicholas begann, langsam durch das Zimmer zu schlendern. Vor einem gerahmten Aquarell, das Bill mir zu Weihnachten geschenkt hatte, blieb er stehen. »Lesley Holmes?«
    »Ja. Sie hat letzten Sommer eine ganze Serie hier in Finch gemalt. Ich liebe ihre Arbeiten.«
    »Ich auch.« Nicholas trat einen Schritt zurück, um das Werk besser auf sich wirken zu lassen.
    »Ist das nicht das Crabtree Cottage?«
    »Es ist noch vor Mrs Hoopers Einzug entstanden«, sagte ich hastig.
    »Das hab ich mir schon gedacht.« Er betrachtete das Werk noch einen Moment, dann kehrte er zu seinem Sessel zurück. »Keine Geranien.«
    »Nicholas«, sagte ich ungeduldig, »was du da vorhin erwähnt hast, dass es keine Zeugen geben soll – das ist einfach absurd! Irgendjemand muss doch was gesehen haben. In diesem Dorf bleibt nichts unbemerkt.«
    »Morde anscheinend schon.« Nicholas ließ den Kopf gegen die Lehne sinken. »Deswegen regt sich Onkel Teddy ja auch so fürchterlich auf. Hier ist das schlimmste aller Verbrechen verübt worden, gegen Gott wie gegen die Menschen, und niemand scheint sich daran zu stö ren.«
    Theodore Bunting war ein friedliebender Mensch, doch er konnte auch schon mal in die Luft gehen. Einmal hatte ich seinen gerechten Zorn erlebt, als seine Herde einem in Not geratenen Heimatlosen – Kit – mit Misstrauen und Ablehnung begegnet war. Noch Tage danach hatten den Dorfbewohnern von der Predigt des Pfarrers die Ohren geklungen. Seine Reaktion auf diese Gleichgültigkeit gegenüber einem gewaltsamen Tod konnte ich mir lebhaft vorstellen.
    »Ist dein Onkel wieder mal am Schäumen?«, fragte ich.
    »Mal schäumt er, mal brütet er«, antwortete Nicholas. »Tante Lilian macht sich Sorgen, dass er am Ende noch krank wird, wenn diese Sache nicht bald aufgeklärt wird.«
    Plötzlicher Lärm im Flur verriet mir, dass meine Söhne von ihrer Expedition ins Freie zurückkamen. Da sie bestimmt jede einzelne Pfütze im hinteren Garten erforscht hatten, entschuldigte ich mich und ging hinaus, um Annelise dabei zu helfen, sie umzuziehen und bettfertig zu machen. Als ich ins Wohnzimmer zurückkehrte, sprach Nicholas gerade am Handy. Ich wollte mich schon taktvoll zurückziehen, doch er forderte mich auf zu bleiben und beendete das Gespräch zügig.
    »Tante Lilian«, erklärte er. »Sie und Onkel Teddy sind von der Vernehmung zurück. Zeit, mich zu verabschieden.«
    Ich begleitete ihn zur Tür. »Es hat mich sehr gefreut, dich kennen zu lernen«, sagte ich. »Und die Jungs sind richtig verzückt. Für sie steht fest, dass du ein Verwandter
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