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talon018

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Titel: talon018
Autoren: Gesprengte Ketten
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fuhr Vanderbuildt fort. „Je länger ich diesen Splitter besitze, desto mehr Fragen wirft er auf. Und ich komme zu keiner Antwort!“
    Er streckte Janet den schwarzen Kristall entgegen, während seine Augen sie kühl betrachteten.
    „Hier finde ich offenbar keine Antwort, meine Liebe. Deshalb werden wir dorthin fahren, wo die Quelle des Objekts ist. Sie und ich.“
    „Zurück zum Tempel?“, entfuhr es der jungen Frau. „Das ist nicht Ihr Ernst! Ich bin froh, dass ich damals lebend entkommen bin!“ Sie rutschte unruhig in ihrem Stuhl hin und her und wäre am liebsten aufgesprungen, um das Büro zu verlassen. Doch die massige Gestalt ihres Chefs versperrte ihr den Weg.
    „Janet“, kamen die Worte schneidend über seine Lippen, „Sie sind mir eine wichtige und fähige Mitarbeiterin. Ich möchte Sie ungern verlieren. Doch glauben Sie mir – jeder, der von diesem Objekt weiß, wird mir entweder helfen oder keine Gelegenheit haben, dieses Wissen jemals weiter zu geben. Ich hoffe, wir haben uns verstanden.“
    Janets Gedanken überschlugen sich. Sie hätte nicht gedacht, dass ihr Chef ihr so offen drohen würde. „Ja, Sir“, brachte sie nur zögernd hervor, während sie nicht wusste, wohin sie blicken sollte.
    „Janet, dieser Kristall birgt eine unfassbare Macht in sich! Mehr als es sich Menschen in ihren kühnsten Träumen vorstellen können. Ich will diese Macht für mich!“
    Vanderbuildt streckte ihr die geballte Faust entgegen, die den Splitter fest umschlossen hielt. Seine Augen funkelten hell auf, während er eindringlich auf seine Untergebene einredete. Er nahm kaum wahr, wie der Kristall in seiner Hand zunehmend wärmer wurde. Erst als die Hitze wie eine kleine Nadel in seine Haut stach, hielt er inner und blickte auf die geöffnete Handfläche.
    Ungläubig weiteten sich seine Augen. Janet Verhooven entfuhr ein Laut der Überraschung. Die Konturen des Objekts waren weicher geworden, zerflossen wie schmelzendes Eis auf der Haut des Mannes. Doch gleichzeitig dehnte sich die Schwärze immer weiter aus. Als seien sie von Leben erfüllt, glitten die einzelnen Enden über die breite Hand und krochen unter den Ärmel des Anzugs.
    Amos Vanderbuildt schnappte nach Luft, als schnürte ihm die Schwärze den Hals zu. Mit der Linken zog er den Ärmel des Sakkos und des Hemdes gleichzeitig hoch. Die Nähte des teuren Stoffes rissen unter der Belastung, doch darauf nahm der Mann keine Rücksicht. Wie flüssiges Öl umhüllte die Dunkelheit inzwischen seinen gesamten Unterarm. Es schien, als ließe sie in ihren Bewegungen nach.
    Fasziniert hob er den Arm an und führte ihn nahe vor sein Gesicht. Vanderbuildt betrachtete seine Handfläche, die konturenlos und dunkel schimmerte. Tief in der Schwärze schien ein geheimnisvolles Feuer zu brennen, das ein lichtloses Leuchten erzeugte. Er fühlte sich von einem Leben erfüllt, das er nicht beschreiben konnte. Ungeahnte Energien drangen von der Dunkelheit in seinen Körper ein und durchflossen jede einzelne Faser.
    Janet Verhooven hatte die Finger in die Armlehnen ihres Stuhls gekrallt und betrachtete fassungslos das Bild, das sich ihr bot. Die Augen ihres Arbeitgebers schienen in eine Wirklichkeit entrückt, die sich außerhalb ihrer Wahrnehmung befand.
    Die junge Frau sprang auf und packte den Mann am linken Oberarm, um ihn aus seiner Trance zu lösen.
    „Mr. Vanderbuildt, bitte …“ setzte sie an. Doch im gleichen Augenblick, in dem sie ihn berührte, verlor die Schwärze jenes ungreifbare Leuchten, das aus ihr selbst heraus drang. Zuerst lösten sich nur die äußersten Enden von der Haut des Mannes. Sie verfestigten sich und zerfielen gleichzeitig zu einem dünnen Staub, der wie in Zeitlupe zu Boden fiel. Es dauerte nur wenige Momente, dann hatte die Dunkelheit den Mann verlassen, als sei sie nicht mehr als ein flüchtiger Schatten gewesen.
    In Vanderbuildts Augen tobte ein Feuer, genährt durch eine Flut von Emotionen, die seinen Geist durchströmten. Unsicher wich Janet zurück, bis sie mit den Knien gegen ihren Stuhl stieß.
    „Sie werden mich zum Tempel bringen, Janet“, grollte seine Stimme dunkel durch den Raum. „Ich will jeden Tropfen Blutes, das der schwarze Löwe vergießen wird!“

    Adembe Kano zündete sich eine Zigarette an und lehnte sich gegen die Wand aus grobem Sandstein. Er sah zum Haupthaus herüber, das sich wie ein Schatten in etwa achtzig Metern Entfernung vom lichtlosen Himmel abhob, und seufzte.
    Er war noch nicht lange bei Ibn Saids
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