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talon018

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Titel: talon018
Autoren: Gesprengte Ketten
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daran, wer euer gemeinsamer Feind ist und regelt eure Streitigkeiten später. Okay?“
    Nur mühsam hielten sich die beiden Männer zurück und sahen sich feindselig an. Doch schließlich nickten sie stumm und halfen den anderen, die mit ihren bloßen Händen an den Tauen zerrten, um die übrigen Käfige zu öffnen. Talon überließ einem der Männer, der etwas besonnener wirkte, das Gewehr der toten Wache und schwang sich auf die Außenmauer, die den gesamten Besitz Ibn Saids umgab.
    Er wusste nicht, wie groß die Chancen der Männer tatsächlich waren, sich zu befreien. Doch sie hatten es wenigstens verdient, es zu versuchen. Talon war nur nicht bereit, an ihrer Seite zu kämpfen. Ihm ging es darum, Nisheki zu finden. Mehr interessierte ihn nicht.
    Die Neumondnacht hüllte den gesamten Besitz in ein kaum zu durchdringendes Dämmerlicht. Nur am dreistöckigen Haupthaus brannte noch Licht in ein paar Fenstern, ebenso in einem niedrigen Bau aus Stein, der etwas abseits stand. Dort erhellten mehrere große Scheinwerfer die Einfahrt in den Innenhof, in dessen Licht sich mehrere Wachen versammelt hatten und sich lauthals unterhielten.
    Talon schlich die Mauerbrüstung entlang. Ab und zu presste er sich flach auf den kühlen Stein und wartete ab, wenn unter ihm eine der Wachleute vorbei lief, um wieder im Dunkel der Nacht zu verschwinden.
    Plötzlich bellte ein Schuss durch die Nacht. Der Ausbruch der Gefangenen war früher entdeckt worden, als es Talon recht war, doch damit hatte er rechnen müssen. Binnen weniger Augenblicke versammelte sich mehr als ein Dutzend bewaffneter Männer im Innenhof. Hektische Rufe hallten über den Platz. Weitere Scheinwerfer flammten auf und hüllten das Anwesen in ein gleißendes Licht. Bei den Pferchen ertönten tumultartige Geräusche. Der Klang von Schüssen mischte sich mit dem von Schreien.
    Talon sprang auf und hastete die Mauer entlang. Die Wachleute konzentrierten sich auf das andere Ende des Geländes. Diesen Vorteil musste er ausnutzen, solange ihm Zeit dafür blieb. Auch am Haupthaus waren inzwischen in fast allen Fenstern die Lichter angegangen. Die erschreckten Stimmen von Frauen hallten nach draußen, unterbrochen von herrischen Rufen.
    Über das Flachdach eines Anbaus erreichte Talon die Rückseite des Haupthauses, die im Dunkel der Nacht lag. Mehrere große schwarze Tüten mit faulig riechenden Abfällen standen eine Wand entlang aufgereiht. Offensichtlich befand sich hier der Zugang zur Küche. Talon zog am Griff der einzigen Tür, die auf dieser Seite in die Wand eingelassen worden war. Sie öffnete sich einen Spalt, blieb dann aber an einem Widerstand hängen.
    Mit einem kräftigen Ruck riss der Mann aus dem Dschungel die Tür auf. Leise krachend brach der einfache Riegel aus seiner Verankerung und hing lose an einer Schraube von der Türkante.
    In dem Raum befand sich tatsächlich die einfach eingerichtete Küche, in deren Mitte mehrere große Feuerstellen aufgebaut waren. An der Wand stand ein Herd, der mit einer großen Flasche Gas betrieben wurde. Hinter der Tür, die weiter in das Innere des Hauses führte, konnte Talon schwach die gedämpften Laute von Stimmen wahrnehmen. Die meisten von ihnen entfernten sich, doch eine von ihnen wurde rasch lauter.
    Noch bevor er reagieren konnte, wurde die Tür aufgerissen. Talon blickte in die weit aufgerissenen Augen eines dunkelhäutigen älteren Mannes mit schlohweißen, krausen Haaren. Mit einem Satz war er bei ihm und legte ihm die Hand auf den Mund.
    „Ein Laut, und du bist tot. Verstanden?“ Der ältere Mann nickte und wagte nicht, sich zu bewegen.
    „Ich suche eine Frau, Nisheki. Weißt du, wo ich sie finde?“ Wieder nickte der alte Mann. „Gut“, fuhr Talon fort, „dann bring mich zu ihr.“ Er drehte den Farbigen zu sich um und löste die Hand von dessen Lippen. „Ich will nur die Frau, dann lasse ich dich in Ruhe“, erklärte er dem Mann, dessen Unruhe und Angst deutlich zu sehen waren. „Hat Ibn Said Wachen im Haus?“, fragte er den Alten.
    „Nur seine beiden Leibwächter“, brachte dieser zögernd hervor und musterte den halbnackten Weißen ungläubig, der nicht in sein Weltbild passen wollte. „Anderen Menschen vertraut der Sayyid nicht.“ Der Alte zuckte zusammen, als Schüsse im Hof erklangen. Talon fluchte innerlich. Ihm würde nicht mehr viel Zeit bleiben.
    „Los!“, trieb er den Sudanesen an.
    Dieser blickte auf das lange Bajonett in Talons rechter Hand und bedeutete dem Weißen, ihm zu
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